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Das Geschenk: Roman

Das Geschenk: Roman

Titel: Das Geschenk: Roman
Autoren: David Baldacci
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winzigen Ausmaße seiner Duschtoilette, und sie klärte ihn darüber auf, dass die größeren Abteile mit Umkleideraum sich in der unteren Etage befänden und nach dem Prinzip »Wer zuerst kommt, mahlt zuerst« verteilt wurden. »Die meisten der körperlich ein wenig stärker entwickelten Fahrgäste bemühen sich darum«, fügte sie diplomatisch hinzu.
    Als sie aufstand, um das Abteil zu verlassen, sagte Tom: »Ich bin Journalist und will einen Bericht über meine Eisenbahnfahrt quer durchs Land schreiben.«
    Das schien sie zu interessieren. »Wie fahren Sie denn weiter? Mit dem Empire Builder nach Seattle, dem California Zephyr nach San Francisco oder mit dem Southwest Chief nach LA?«
    »Mit dem Southwest Chief nach LA.«
    »Großartig! Der Chief ist ein wundervoller Zug mit bewegter Geschichte. Sie werden dort interessante Leute treffen. Das wird eine tolle Fahrt. Die meisten Angestellten, die auf dem Chief eingesetzt werden, wollen gar nicht mehr dort weg.«
    Tom holte seinen Schreibblock hervor und machte sich ein paar Notizen. »Wie Sie es beschreiben, hört es sich beinahe so an, als wäre der Zug ein lebendes Wesen.«
    »Nun, auf gewisse Art und Weise sind Züge das auch. Man verbringt so viel Zeit darin, dass man ihre Eigenarten, Stärken und Schwächen rasch kennen lernt. Einige Züge sind wild und temperamentvoll, andere sind versöhnlicher, nachgiebiger. Es ist beinahe so, als hätte man eine Beziehung mit ihnen. Ich weiß, das klingt seltsam, aber so ist es nun mal.«
    »Hmm, wenn ich an einige meiner früheren Beziehungen denke, wäre ein Rendezvous mit einer hundert Tonnen schweren Diesellok sicher eine angenehme Abwechslung gewesen.«
    Regina lachte. »Meine Mutter, Roxanne, arbeitet auf dem Southwest Chief als Chefin des Bordservice. Sie ist dort sozusagen der Big Boss. Ich treffe sie, sobald wir in Chicago sind, und sag ihr Bescheid, dass Sie mit ihr fahren. Wenn Ihnen jemand Geschichten erzählen kann, dann meine Mom.«
    »Ist das üblich? Ich meine, arbeiten viele Familien bei Amtrak?«
    »Nun, bei mir sind’s meine Mutter und eine ganze Schar von Onkeln und Tanten, Cousinen und Vettern. Sie sind überall verstreut. So bin ich erst darauf gekommen, selbst bei der Eisenbahn anzufangen. Übrigens ist auch mein Sohn bei Amtrak angestellt. Er ist beim Wagenreinigungsdienst.«
    Tom schaute sie verblüfft an. »Ihr Sohn? Sie sehen aus, als hätten Sie gerade die Highschool hinter sich.«
    »Agnes Joe hat Recht. Man muss sich wirklich vor Ihnen in Acht nehmen.« Sie lächelte. »Trotzdem, danke für das Kompliment. Manchmal hat man sehr berühmte Leute als Fahrgäste. Sänger, Sportler, Filmstars … die sind alle sehr nett, die meisten jedenfalls.« Ihre Miene wurde ernst. »Wo ich herkomme, ist es etwas ganz Besonderes, bei der Eisenbahn zu arbeiten. Die Leute schauen zu einem auf. Es ist eine Auszeichnung, wissen Sie?«
    Tom nickte. Ein interessanter Aspekt! Er würde ihn in seine Geschichte einfließen lassen.
    »Ob auch anderes Zugpersonal bereit ist, mit mir zu reden? Was meinen Sie?«, erkundigte er sich.
    »Na klar, ich sag den anderen Bescheid. Jeder, der auf einem Zug arbeitet, hat eine Menge zu erzählen.«
    »Das glaube ich gern.«
    Als sie ging, spürte Tom, wie der Zug anrollte. Dieselelektrische Lokomotiven haben kein Getriebe; daher brauchen keine Gänge geschaltet zu werden, und die Beschleunigung erfolgt völlig ruckfrei und viel sanfter und glatter als beim technisch ausgereiftesten Automobil. Tom blickte auf die Uhr. Es war Punkt 16:05. Der legendäre Capitol Limited, mit Tom Langdon und seiner Mission, hatte sich auf die Reise gemacht.

KAPITEL 5
    Von der Fahrdienstleitstelle freigegeben, glitt der Capitol Limited die mit Stahl- und Holzschwellen befestigte Rollbahn hinunter und hob sauber ab. Er kippte seine mit rostfreiem Stahl ummantelten Schwingen leicht nach links, dann nach rechts, grüßte einen vorbeifliegenden Vogelschwarm, scheuchte ein Nest von Lobbyisten hoch, die in der Nähe des Kapitols beisammenhockten und finstere Pläne schmiedeten, und zog los Richtung Westen wie Mark Twain während seiner Pubertät. Der junge Sam Clemens hatte die Reise von Missouri ins Nevada-Territorium in einer schaukelnden Überlandpostkutsche unternommen. Dabei hatte er nachts auf Postsäcken geschlafen und tagsüber, nur mit seiner Unterwäsche bekleidet, neben dem Kutscher hoch oben auf dem Bock gesessen. Er sah viel Schönes und Einzigartiges, schlug sich aber auch mit Salzwüsten,
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