Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis von Sittaford

Das Geheimnis von Sittaford

Titel: Das Geheimnis von Sittaford
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
blicken?»
    «Nein. Ich glaube, er hatte sich mit seiner Schwester in Exeter zerstritten.»
    «Ist Ihnen der Name bekannt?»
    «Gardner, wenn ich nicht irre. Aber genau weiß ich es nicht.»
    «Die Adresse?»
    «Bedaure, Sir.»
    «Nun, das wird sich zweifellos den Papieren des Ermordeten entnehmen lassen. Was haben Sie selbst gestern von vier Uhr ab getan, Evans?»
    «Ich war daheim, Sir.»
    «Daheim – wo ist das?»
    «Gleich um die Ecke, Fore Street 85.»
    «Gingen Sie gar nicht aus?»
    «Bei dem Wetter? Wo es stürmte und schneite wie noch nie…?»
    «Richtig, richtig. Kann irgendjemand Ihre Aussage bestätigen?»
    «Verzeihung, Sir?»
    «Ich meine, gibt es jemanden, der weiß, dass Sie die ganze Zeit über zu Hause waren?»
    «Meine Frau, Sir.»
    «Sie beide waren allein im Haus?»
    «Jawohl, Sir.»
    «Gut, Evans. Ich bezweifle durchaus nicht, dass stimmt, was Sie sagen. Vorläufig genügt mir das.»
    Aber der ehemalige Seemann zögerte. Verlegen trat er von einem Fuß auf den anderen.
    «Darf… darf ich hier aufräumen, Sir?»
    «Nein, alles muss, so wie es ist, an Ort und Stelle bleiben.»
    «Ich verstehe.»
    «Vielleicht bleiben Sie noch einen Moment, bis ich alles besichtigt habe, damit ich Ihnen notfalls noch die eine oder andere Frage stellen kann», sagte Narracott.
    «Sehr wohl, Sir.»
    Der Inspektor begann im Esszimmer Umschau zu halten. Auf dem Tisch stand das Abendessen. Kalte Zunge, Mixpickles, ein Stiltonkäse und Kekse und auf einem Gaskocher neben dem Kamin eine Kasserolle mit Fleischbrühe. Ein Siphon und zwei Flaschen Bier hatten auf der Kredenz Platz gefunden. Dort reihten sich auch eine beträchtliche Anzahl silberner Pokale aneinander, und in ihrer Gesellschaft befanden sich – seltsam unpassend – drei sehr neu aussehende Romanbände.
    Inspektor Narracott nahm einen der Pokale in die Hand.
    «Ihr Herr scheint ein hervorragender Sportsmann gewesen zu sein», bemerkte er.
    «Ja, Sir, sein ganzes Leben lang», bekräftigte Evans.
    Jetzt las Narracott die Titel der Bücher. «Der Sieg der Liebe», «Der lustige Mann von Lincoln», «Die Liebe des Gefangenen».
    «Hm… In Bezug auf Literatur hat der Captain offenbar einen etwas merkwürdigen Geschmack gehabt.»
    «Oh, Sir, das sind keine Bücher zum Lesen», lachte Evans. «Das ist ein Preis für die Lösung des Eisenbahn-Rätsels. Zehnmal schickte der Captain die Lösung unter verschiedenen Namen ein – meinen inbegriffen, weil er meinte, dass Fore Street 85 eine Adresse sei, der man gern einen Preis zukommen lassen würde! Je gewöhnlicher der Name und die Adresse, desto größer war nach des Captain Meinung die Aussicht, einen Preis zu erhalten. Und tatsächlich gewann ich – allerdings nicht die 2000 Pfund, sondern nur drei Romane. Romane, für die in einer Buchhandlung niemand auch nur einen Penny geopfert hätte.»
    Narracott lächelte und fuhr mit seiner Besichtigung fort. In einer Ecke des Zimmers befand sich eine große Wandnische – beinahe ein Kämmerchen, und hier standen und lagen, nachlässig verstaut, zwei Paar Ski, ein Paar kurze Ruder, zehn oder zwölf Nilpferdhauer, Angelruten, Leinen und verschiedene Haken, ein Sack mit Golfschlägern, ein Tennisschläger, ein präparierter Elefantenfuß und ein Tigerfell. Klar ging aus dieser Sammlung hervor, dass Captain Trevelyan, als er seinen Landsitz möbliert vermietete, seine kostbaren Schätze nach hier überführt hatte, um sie vor den verpönten weiblichen Blicken zu schützen!
    «Närrischer Einfall, all das nach Exhampton zu schaffen, wo er doch nur wenige Monate hier leben wollte», sagte der Inspektor kopfschüttelnd. «Warum hat er es nicht oben in Sittaford eingeschlossen?»
    Zum zweitenmal grinste Evans.
    «Das wäre natürlich das Vernünftigste gewesen, obwohl nicht allzu viele Wandschränke im Haus dort vorhanden sind. Der Architekt und der Captain haben die Pläne für den Bau zusammen ausgearbeitet, und den praktischen Wert von Wandgelassen kann nur eine Frau richtig ermessen. Aber trotzdem hätte sich oben schon ein Platz gefunden. Aber dem Captain war es unbehaglich bei dem Gedanken, dass irgendjemand in diesen Dingen herumschnüffeln könnte. Eine Frau wird immer Mittel und Wege finden, auch abgeschlossene Türen zu öffnen, pflegte er zu sagen. Die Neugier treibt sie. Besser, gar nicht erst abzuschließen; am allerbesten aber, alles, was sie nicht in die Finger kriegen soll, wegzuschaffen… Na ja, und das hat er dann auch getan.»
    Evans machte eine Pause,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher