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Das Geheimnis von Orcas Island

Das Geheimnis von Orcas Island

Titel: Das Geheimnis von Orcas Island
Autoren: Nora Roberts
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essen?«
    Sie erhob sich und ging zum Kühlschrank. Es war alles eine Lüge, dachte sie. Alles, was Ronald gesagt hatte, alles, was er getan hatte …
    Der Schmerz ging tief und zwang sie, einen weiteren Tränenausbruch zu bekämpfen. Er hatte sie zum Narren gehalten, so gewiss und vollkommen, wie Roger Block es getan hatte. Beide hatten sie sie benutzt, sie und ihr Gasthaus benutzt. Sie würde es nie verzeihen. Sie rieb mit den Händen über ihre Augen, um sie zu klären. Und sie würde nie vergessen.
    »Wie wäre es mit dem Zitronenkuchen?« Block klopfte mit dem Pistolenlauf auf den Tisch. »Mae hat sich gestern mit diesem Kuchen selbst übertroffen.«
    »Ja.« Langsam nahm Charity den Kuchen heraus. »Es ist noch etwas übrig.«
    Block hatte die sonnig gelben Gardinen zugezogen, aber in der Mitte war ein Spalt von zwei Zentimetern. Lautlos schlich Ronald darauf zu. Er konnte Charity in einen Schrank greifen und einen Teller herausnehmen sehen.
    Tränen trockneten auf ihren Wangen. Es versetzte ihm einen Stich, es zu sehen. Ihre Hände waren ruhig. Das war etwas, eine kleine Hoffnung, an die er sich klammern konnte. Er konnte Block nicht sehen, obgleich er sich so weit vorbeugte, wie er es nur wagte.
    Dann plötzlich, so als hätte Charity ihn gespürt, begegneten sich ihre Blicke durch das Glas. Sie wappnete sich, und in diesem Moment sah er unzählige Gefühlsregungen über ihr Gesicht huschen. Dann war es wieder verschlossen. Sie blickte ihn an, wie sie einen Fremden angeblickt hätte, und wartete auf Instruktionen.
    Er hielt eine Hand hoch, die Innenfläche nach außen, um ihr so klar wie möglich zu signalisieren, durchzuhalten und ruhig zu bleiben. Dann klingelte das Telefon, und er sah sie zusammenzucken.
    »Das wurde auch Zeit«, sagte Block. Er schwankte beinahe, als er zum Telefon ging. »Ja? Wer, zum Teufel, spricht da?« Er lauschte eine Weile und lachte dann erfreut. »Es gefällt mir, mit einem Titel zu verhandeln. Wo ist mein Flugzeug, Inspektor Conby?«
    Hastig und verstohlen zog Charity die Gardinen noch einen Zentimeter weiter auf.
    »Hierher!« befahl Block.
    Sie ließ die Hand sinken, und der Teller klapperte auf den Küchenschrank. »Was?«
    Er gestikulierte mit der Pistole. »Ich sagte, hierher.«
    Ronald fluchte, als sie zwischen ihn und Block trat.
    »Die sollen wissen, dass ich mich an meinen Teil halte.« Block nahm sie am Arm, weniger grob diesmal. »Sagen Sie dem Mann, dass ich Sie gut behandle.«
    »Er hat mir nichts getan«, sagte sie tonlos. Sie zwang sich, nicht zum Fenster zu blicken. Ronald war dort draußen. Er würde sein Bestes tun, um sie sicher herauszuholen. Das war sein Job.
    »Das Flugzeug wird in einer Stunde bereit sein«, sagte Block, nachdem er aufgelegt hatte. »Gerade genug Zeit für den Zitronenkuchen und noch eine Tasse Kaffee.«
    »In Ordnung.« Sie ging erneut zum Schrank. Panik durchzuckte sie, als sie zum Fenster blickte und niemanden sah. Ronald war fort. Weil ihre Finger zitterten, war sie sehr ungeschickt mit dem Aufschneiden. »Mr. Block, werden Sie mich laufen lassen?«
    Er zögerte nur einen Moment, aber das reichte, um ihr zu verraten, dass seine Worte nur eine weitere Lüge waren. »Gewiss. Sobald ich frei bin.«
    So stand es also. Ihr Herz, ihr Gasthaus und nun ihr Leben. Sie stellte den Kuchen vor ihn hin und musterte sein Gesicht. Er ist zufrieden mit sich selbst, dachte sie, und sie hasste ihn dafür. Aber er schwitzte noch immer.
    »Ich hole Ihnen den Kaffee.« Sie ging zum Herd, setzte mechanisch einen Fuß vor den anderen. Es rauschte in ihren Ohren. Jetzt war es mehr als Angst, wie sie erkannte. Es war Zorn und Verzweiflung und ein starker, unwiderstehlicher Überlebensdrang. Sie nahm die Kaffeekanne vom Herd.
    Er hielt noch immer die Pistole, und er schaufelte sich mit der linken Hand den Zitronenkuchen in den Mund. Er hält mich für einen Dummkopf, dachte Charity, für jemanden, den er benutzen und überlisten und manipulieren kann. Sie holte tief Luft. »Mr. Block?«
    Er blickte auf.
    Sie sah ihm direkt in die Augen. »Hier ist Ihr Kaffee«, sagte sie ruhig, und dann goss sie ihm die dampfende Flüssigkeit ins Gesicht.
    Er schrie. Sie glaubte nicht, dass sie jemals zuvor einen Mann derart hatte schreien hören. Er stand halb vom Stuhl auf, tastete blindlings nach der Pistole. Dann geschah alles sehr schnell.
    Charity griff ebenfalls nach der Waffe. Blocks fuchtelnde Hand traf ihre Wange. Noch während sie zurücktaumelte, ertönte das
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