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Das Geheimnis von Compton Lodge

Das Geheimnis von Compton Lodge

Titel: Das Geheimnis von Compton Lodge
Autoren: Peter Jackob
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paar Wochen zu leben hatte, bat er seine wenigen Verwandten an einem Wochenende zu sich. Es waren die Kinder seiner verstorbenen Töchter: Walter, Sohn von Anne Cunning, sowie John und Henry Watson, die Söhne seiner jüngeren Tochter Mary.«
    Ich sah unseren Besucher ungläubig an, der jedoch nickte und sich seiner Worte sicher zu sein schien.
    Â»Sir Edward hatte, wie ich bereits erwähnt habe, einen schwierigen Charakter. Das Treffen sollte dazu dienen, über sein Erbe zu sprechen. Wie sich sehr bald herausstellte, war eine Vielzahl von Bedingungen zu erfüllen, um es anzutreten, wozu sich offenkundig nur Dr. Watsons Bruder Henry und sein Cousin Walter bereiterklärten. Später am Abend kam es zu einem wüsten Streit zwischen den beiden Anwärtern auf das Erbe. Dann geschah etwas Unvorhergesehenes: Sir Edward kündigte an, es Ihnen, Doktor, ohne jegliche Bedingung zusprechen zu wollen. Dann wurde die Runde aufgelöst und man ging zu Bett. Der alte Herr schien, zu meinem Erstaunen, mit dem Verlauf des Abends sehr zufrieden. Bevor er sich zurückzog, machte er es sich am Kamin bequem, trank einen Portwein und rauchte eine seiner besten Zigarren. Ich hatte durch meine Tätigkeit natürlich einen gewissen Einblick in die Abläufe im Hause und war ob seines Verhaltens beinahe ein wenig schockiert. Was ihn zu einem solchen Vorgehen getrieben hatte, vermochte ich nicht nachzuvollziehen, doch schien er Gefallen an der Situation zu finden. Fast musste ich den Eindruck gewinnen, er warte auf eine Katastrophe.«
    Holmes starrte zu mir herüber, stand von seinem Lehnstuhl auf und ging zum Kamin.
    Â»Hatte Sir Edward jemals angedeutet, dass er wegen irgendetwas verbittert war, Mr. Jeffries?«
    Â»Nein, keineswegs. Aber ein so seltsames Gebaren legt eine solche Deutung natürlich nahe. Möglicherweise ist zu einem viel früheren Zeitpunkt etwas vorgefallen. Warum sonst hätte er so gehandelt?«
    Â»Er ging also spät zu Bett, nehme ich an?«
    Â»Ja, Mr. Holmes.«
    Â»Und hat er sich vielleicht noch Kaffee bringen lassen?«
    Mr. Jeffries schien zu versuchen, sich den fraglichen Abend noch einmal im Einzelnen ins Gedächtnis zu rufen.
    Â»Jetzt, wo Sie es sagen! Er hat tatsächlich nach einem Kaffee verlangt.«
    Holmes schien sichtlich zufrieden, stopfte seine Meerschaumpfeife und lief ein paar Minuten im Zimmer auf und ab. Jeffries sah mich an. Ich gab ihm zu verstehen, dass er einfach nur abwarten solle.
    Â»So weit, so gut. Und was geschah am nächsten Morgen kurz vor dem Frühstück?«
    Unser Besucher schaute meinen Gefährten beinahe fassungslos an.
    Â»Mr. Jeffries, alles war doch darauf ausgerichtet, dass etwas passieren würde, und zwar vor der erneuten Zusammenkunft der Familie.«
    Â»Sie haben Recht. Auf Viertel vor neun war das Frühstück anberaumt worden. Es stellte sich heraus, dass John, also Dr. Watson, fehlte. Zuerst vermutete man nichts Ernstes, aber als er nach einer Stunde noch nicht aufgetaucht war, begann eine fieberhafte Suche nach ihm.«
    Â»Wie lange hat es gedauert, bis es ein Lebenszeichen gegeben hat?«
    Â»Zehn Tage, Mr. Holmes. Es dauerte zehn Tage. Dann kam ein Brief, in dem man versicherte, dass John zwar wohlauf sei, aber schwere körperliche Blessuren bei einem Sturz davongetragen habe. Nach seiner Genesung könne er wieder in den Kreis seiner Familie zurückkehren, aber es wäre ihm kaum mehr möglich, ein normales Leben zu führen. Das war – sinngemäß – die Aussage des Schreibens.«
    Sowohl Jeffries als auch Holmes sahen mich an. Ich hatte den Bericht wie eine Bühnenvorstellung erlebt, in der über eine mir völlig fremd scheinende Person gesprochen worden war. Das sollte mir zugestoßen sein? Ich begann zu lachen, konnte gar nicht mehr aufhören und bekam kaum noch Luft. Dann spürte ich Holmes’ Arm, der fest meinen Brustkorb umfasste und mir kurz darauf Brandy einflößte. Als ich mich beruhigt hatte, fand ich mich in eine Decke eingewickelt auf dem Sofa. Mein Mitbewohner rauchte eine Zigarette und starrte in das Feuer des Kamins.
    Â»Was gedenken Sie zu tun, mein Bester?«, wollte er von mir wissen.
    Ich streckte mich und schlang die Decke enger um den Körper, denn mir war erbärmlich kalt.
    Â»Was würden Sie vorschlagen? Ich vermute, Sie haben sich schon einen Plan zurechtgelegt, oder? Ach, wo ist denn eigentlich Mr.
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