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Das Geheimnis des Scriptors

Das Geheimnis des Scriptors

Titel: Das Geheimnis des Scriptors
Autoren: Lindsey Davis
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seiner Tante gab, nicht wahr?« Ich schüttelte ihn.
    Damagoras senkte die Stimme. »Leise! Er lungert dauernd hier herum. Er ist hinter dem Auftrag her, die Kaserne zu renovieren.« Er fuhr sich mit dem Finger über den Schädel, um strähniges Haar anzudeuten. »Privatus.«
    Ich ließ den alten Mann zurücktaumeln und auf den Sessel sinken. Ich glaubte ihm die Geschichte. Die Arbeitstunika des Scriptors war mit Mörtelspritzern bedeckt gewesen. Privatus führte die Korporation. Darüber hatte er sich lautstark geäußert. Wenn sich die Stiefeljungs der Bauhandwerkerkorporation als verhängnisvoll unfähig erwiesen, würde Privatus die Verantwortung übernehmen müssen.
    Diocles hatte die Korporation vielleicht nur bloßstellen wollen, aber wenn er über seine Pläne geredet hatte, war das weitergereicht worden. Falls er sich bei Lemnus beschwert hatte, könnte der gepetzt haben. Für Privatus stellte Diocles ein lästiges Problem dar. Erfüllt von seinem privaten Kummer, mochte Diocles nicht erkannt haben, wie viel Privatus zu verlieren hatte. Von dem Verlust seiner gesellschaftlichen Stellung in Ostia bedroht, hatte der Bauunternehmer möglicherweise brutaler reagiert als irgendein Senator, dem Diocles vorgeworfen hatte, in der Gegend herumzuvögeln. Der Scriptor hatte die Gefahr falsch eingeschätzt.
    Aber Privatus hatte Baustellen in der gesamten Gegend – sowohl in Ostia als auch in Portus. Wenn ich nicht herausbekam, wo Diocles angestellt war, als er verschwand, gab es wenig Hoffnung, sein Schicksal aufzudecken.

    Ich schlenderte auf den Exerzierplatz hinaus. Mitglieder der Vierten waren dabei, liegengelassene Gerätschaften wegzuräumen. Ich hinterließ für Petronius eine Nachricht über Lemnus.
    Nachdem ich Nux von ihrem langen Nickerchen im Badehaus eingesammelt hatte, ging ich nach Hause. Das Leben verlief normal – die Nachwirkung von Zornesausbrüchen. Die kleine Julia saß sehr still da und lutschte mit tränenüberströmtem Gesicht am Daumen. Albia hatte hochrote Wangen. Helena wirkte abgespannt. Soviel ich wusste, hatte keine der Frauen jemals gedroht: Warte, bis Vater nach Hause kommt, dann kannst du was erleben … Na ja, zumindest bisher noch nicht.
    Ich fragte, was Julia angestellt hatte. Sie hatte die leeren, von Diocles hinterlassenen Notiztafeln gefunden und sie vollgekritzelt. Wegen des Risikos, wertvolle Fallnotizen könnten vernichtet werden, bestand die Familienregel, dass die Kinder nur mit Schreibutensilien spielen durften, wenn sie beaufsichtigt wurden. Es hatte bereits Vorfälle mit Tintenfässern gegeben.
    Man konnte von einer Dreijährigen nicht erwarten, sich an Familienregeln zu halten und sie zu befolgen. Nun ja, ich würde vermutlich dasselbe sagen, wenn Julia und Favonia fünfundzwanzig und verheiratet waren.
    Helena hatte die Tafeln gerettet. Julia hatte nur die leeren verhunzt. Die Logbücher und die Notizen des Scriptors lagen sicher in einer Truhe verwahrt, zusammen mit seinem Schwert. Die einzige Tafel, die meine Tochter übermalt hatte, war die, auf der Diocles etwas skizziert hatte, das wir für ein Brettspiel gehalten hatten.
    »Natürlich!« Plötzlich, als ich die Antwort brauchte, fiel sie mir zu. Das Diagramm war kein Solo-Damespiel. Es war eine Karte, ein grober Plan als Erinnerungsstütze, mit zwei vermerkten Orientierungshilfen. Die Art Skizze, die ein Mann anfertigen würde, um eine Baustelle finden zu können, auf der er am nächsten Tag arbeiten musste.
    Jetzt erkannte ich es. Da ich direkt aus der Kaserne gekommen war, sah ich genau, was die Skizze darstellte. Es gab ein V für die Vigiles, ein T für die claudischen Thermen, in denen ich mich heute Morgen gesäubert hatte, einen Kringel für die Caupona in der Straße – und ein wichtiges Z. Das war eingekreist.
    Petronius Longus hatte mir mal erzählt, unter der Kaserne befinde sich eine modrige Zisterne.

LXIV
    I ch mag keine mit Wasser gefüllten Zisternen. Sie sind immer dunkel und unheimlich. Man weiß nie, wie tief sie sind oder was sich unter dem schwachen Kräuseln der Oberfläche befindet. Diese enttäuschte mich nicht. Wir hatten die Ratten verjagt, als wir alle auf den Laufgängen hineingetrampelt waren, aber wir spürten Böses.
    Die Zisterne lag getrennt von der Kaserne auf der anderen Seite einer schmalen Gasse, die parallel zum Decumanus verlief. Seit Jahren unbenutzt, schien niemand zu wissen, warum sich das Wasserreservoir hier befand, obwohl alle zustimmten, dass die offensichtliche
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