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Das Geheimnis des Himmels

Das Geheimnis des Himmels

Titel: Das Geheimnis des Himmels
Autoren: Horst Schoch
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Mensch im Umgang mit Zeitgenossen war, verrichtete er sein Handwerk lieber alleine.
    Eines Abends dann war es so weit. Er hielt die beiden kleinen Gläser in seinen Händen und freute sich, dass ihm wirklich saubere und nicht durch Brüche oder Unreinheiten verdorbene Stücke gelungen waren.
    Was konnte der Fremde nur mit den Gläsern beabsichtigt haben? Der Opticus nahm die konkav gewölbte Linse und hielt sie über die Seite eines gedruckten Buches. Nichts Besonderes.Auch die konvexe Linse ergab nur die bekannte Wirkung. Behutsam legte er die beiden wohlgeratenen Linsen nebeneinander in eine kleine, mit Samt ausgeschlagene Schachtel und verschloss sie.
    Nachts in seinem Bett lag der Opticus noch lange wach und grübelte weiter über den Sinn der Gläser nach. Aber er fand keine Lösung. Schließlich fiel er in einen unruhigen Schlaf. Im Traum erschien ihm der Fremde, höhnisch lachend und spottend. Dabei hielt er ihm zwei golden eingefasste Glaslinsen von ungeheurer Größe vor das Gesicht. Als der Opticus im Traum erschreckt zurückweichen wollte und abwehrend seine Hand nach dem Arm des Fremden ausstreckte, ließ dieser plötzlich die Gläser fallen und verschwand. Im Traum gelang es dem Opticus gerade noch, die beiden Gläser aufzufangen. Er legte sie übereinander in eine mit Edelsteinen verzierte Schatulle. Als er diese verschlossen hatte, zerfiel die Schatulle zu Staub.
    Am nächsten Morgen fühlte sich der Opticus wie gerädert. Der unruhige Schlaf hatte ihm keine Erholung gebracht. Was hatte er noch geträumt? Die Schatulle hatte sich aufgelöst? Erschrocken ging er zu der kleinen Schachtel, in der er die Gläser verstaut hatte. Zu seiner Erleichterung befand sie sich noch genau da, wo er sie hingelegt hatte. Auch die beiden Linsen befanden sich darin.
    Aber halt! Irgendetwas in seinem Traum war anders als in der Wirklichkeit. Natürlich war es keine wertvolle Schatulle, darum kreisten die Gedanken des Opticus auch gar nicht. Aber es fiel ihm ein, dass er im Traum die Gläser übereinander in das Kästchen gelegt hatte, nicht nebeneinander, so wie hier.
    Das brachte ihn auf eine Idee. Er nahm die beiden kleinen Linsen aus der Schachtel und legte sie übereinander. Dann versuchte er, durch die doppelte Linse etwas zu erkennen. Aber das brachte kein brauchbares Ergebnis. Er versuchte es mit verschiedenenDistanzen der Linsen zu seinen Augen, aber noch immer konnte er keinen Nutzen darin sehen. Gerade wollte er die beiden Linsen wieder zurücklegen, indem er in jede Hand eine Linse nahm, da bemerkte er aus dem Augenwinkel etwas Besonderes. Was war das? Einen Moment lang hatte er durch beide Linsen gleichzeitig gesehen, als er sie zufällig genau in einer Linie gehalten hatte – aber diesmal hatten die Gläser nicht aufeinander gelegen, sondern sich in einem gewissen Abstand voneinander befunden. In dem Moment war es ihm, als hätte er die Gegenstände an der Wand – ein Kerzenhalter und ein Becher – viel größer gesehen als mit dem bloßen Auge.
    Sofort wiederholte der Opticus die Anordnung. In der linken ausgestreckten Hand hielt er die konvexe Linse und in seiner Rechten die konkave. Er führte diese Anordnung mit der konkaven Linse an sein Auge und nahm erstaunt wahr, dass tatsächlich die Gegenstände, die er anvisierte, deutlich größer erschienen. Er konnte es nicht fassen, was er da sah. Einzig die Schwierigkeit, beide Linsen in richtigem Abstand freihändig zu halten, beendete sein Experiment.
    Er setzte sich auf den einzigen wackligen Stuhl, der sich in seiner Werkstatt befand. Unzählige Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Wenn man mit so einer Anordnung ferne Dinge näher sehen konnte, dann wäre es auch möglich, Dinge früher zu sehen, als es sonst üblich war. Ferne Schiffe zum Beispiel oder einen anrückenden Feind. Welche Vorteile ergäben sich aus dieser Erkenntnis? Doch dann beruhigte er sich wieder. Noch war es ja nicht so weit. Er musste erst eine Vorrichtung bauen, die beide Linsen in einer exakt ausgerichteten Weise miteinander verband. Am besten schien ihm dazu eine Röhre geeignet, die an ihren Enden durch die besagten Linsen verschlossen wurde.
    Er griff zur Feder, holte ein Stück Papier aus einer Ecke und versuchte, die Apparatur zu skizzieren, wie er sie sich vorstellte.Mit wenigen Strichen zeichnete er die vermutete Länge der Röhre, gemessen nach seinen freihändigen Versuchen. Zufrieden legte er die Feder zur Seite und lehnte sich zurück. In seiner Fantasie sah er sich
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