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Das Geheimnis der Mangrovenbucht

Das Geheimnis der Mangrovenbucht

Titel: Das Geheimnis der Mangrovenbucht
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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Boot fiel, erstarrte Pauline beim Anblick des Schrecklichen, das sich dort ihren Blicken bot.
    Dann schrie sie auf, nicht laut, sondern mit erstickter, von Panik erfaßter Stimme, und raste blindlings auf die Tür zu. In ihrer Hast stolperte sie über etwas; die Taschenlampe fiel ihr aus der Hand und rollte auf das Boot zu. Dort blieb sie liegen und sandte einen schwachen Proteststrahl auf den dort liegenden Körper: Ein toter Mann, dessen starrer Blick auf die Spinnennetze und Spinnen gerichtet war, die über seinem Kopf einen phantastischen Vorhang gewoben hatten. Und dieser Kopf...
    Pauline tastete einmal kurz nach der Taschenlampe, doch dann gab sie auf. Sie konnte einfach nicht näher an das Boot herangehen. Sie mußte so schnell und so gut wie möglich aus diesem Schuppen hinauskommen, hinaus in die graue und kalte Nacht. In der Dunkelheit stolperte sie in Richtung des schwachen Lichtstrahls, der den Ausgang kennzeichnete. Sie ließ ihren Koffer fallen, zerkratzte sich in der Eile an einem rohen Brett ihre Hand; doch schließlich erreichte sie das Freie.
    Nachher konnte sie sich nicht mehr genau daran erinnern, wie sie den Weg blindlings hinaufgerast war. Sie wußte nur, daß sie ständig stolperte und ausrutschte und daß sie schließlich der Länge nach hingefallen wäre, wenn nicht eine kräftige Hand sie gehalten hätte. Eine Stimme, die etwas weniger spöttisch als gewöhnlich klang, sagte beruhigend: »Na, na. Zwar unpassend, aber ich kann mir nur vorstellen, daß es sich um eine Spinne gehandelt hat?«
    Sie versuchte, den Kopf zu schütteln und eine Erklärung abzugeben; doch dann brach sie in einen hysterischen Weinkrampf aus und konnte kein Wort hervorbringen.
    Später dachte sie, daß Anthony sie den Abhang hinaufgetragen haben mußte, denn ihre Füße trugen sie nicht mehr und glitten ständig ab. Sie hatte Angst, ohnmächtig zu werden. Dann sagte sie laut: »Unsinn, nur Idioten werden ohnmächtig«, worauf ihr eine vergewissernde Stimme antwortete: »Richtig, und Sie sind kein Idiot. Vielleicht ängstlich vor Spinnen, aber auf jeden Fall kein Idiot.«
    Spinnen! Wenn er nur wüßte. Kurz darauf versuchte sie, ihm alles zu erzählen, als sie wieder in der Hütte vor dem Feuer saßen, während das Kerzenlicht auf Davids wenige Bücher, Tassen und Teller und auf sein Bett mit den dunklen Decken schien.
    Sie sagte: »Es — es waren nicht die Spinnen. Sicher, es gibt dort welche«, dann machte sie eine Pause und schluckte.
    »Ohne Zweifel gibt es dort Spinnen. Ich eilte hinunter, um Sie davor zu warnen und Ihnen zu sagen, daß ich trotz meiner Vorliebe für Bequemlichkeit nicht möchte, daß Sie sich inmitten von Spinnen aufhalten. Aber ich kam zu spät. Mein Knie hinderte mich.«
    Ungeduldig ging sie über seine Bemerkung hinweg. Dieses lächerliche Knie. Konnte er denn nicht einmal ernst sein? Sie begann: »Es war...«, dann konnte sie nicht weitersprechen. Es klang einfach zu phantastisch. Eine Leiche in Davids Bootshaus? Ob sie sich das nicht eingebildet hatte?
    Anthony stocherte im Feuer herum, ignorierte ihre unzusammenhängenden Worte mit widerlicher Gelassenheit, so als nehme er an, daß es sich bei ihr um eine ausgesprochene typisch weibliche Hysterie handelte. Dann setzte er sich hoch und sagte: »Dann waren es eben Ratten. Ekelhafte, schäbige Dinger. Ist Ihnen eine über Ihre Füße gekrabbelt?«
    Sie nahm sich jetzt etwas zusammen und versuchte aufzustehen, wobei sie mit zitternder Stimme entgegnete: »Hören Sie auf zu lachen. Ziehen Sie nicht alles ins Lächerliche. Ich sage Ihnen — ich sah — einen toten Mann. Einen toten Mann im Boot!«
    Jetzt hatte sie ihn erschreckt. Er blickte sie kurz an, dann sprang er schweigend auf, ging zum Regal hinüber und nahm eine Flasche herunter, goß reichlich davon in ein Glas, fügte klares Wasser hinzu und sagte: »Sie sind übermüdet. Hatten wahrscheinlich einen schweren Tag. Der stickige, alte Bus, und all das andere. Trinken Sie das jetzt.« Als sie ihm ihre zitternde Hand entgegenhielt, hielt er ihr das Glas an die Lippen und bestand darauf, daß sie den Kognak bis zum letzten Tropfen trank.
    »Sehr gut — der Becher der Fröhlichkeit und des Rausches. Kommen Sie näher ans Feuer. Hier ist eine Decke. Wickeln Sie sie um die Schultern. Besser jetzt?« Er hüllte sie ein als ob sie ein Kind wäre und sprach wie das beste aller Kindermädchen beruhigend auf sie ein.
    Doch sie schob seine Hand beiseite und sagte heftig: »Ich träume nicht, ich
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