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Das Geheimnis der Mangrovenbucht

Das Geheimnis der Mangrovenbucht

Titel: Das Geheimnis der Mangrovenbucht
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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nicht, ich bin auch nicht verrückt. Ich
sage Ihnen, daß im Bootshaus ein toter Mann liegt. Schauen Sie nach. Nehmen Sie
eine Taschenlampe mit und schauen Sie nach.«
    Er hörte auf, sie beruhigen zu
wollen, und starrte sie stirnrunzelnd an. Sein Blick war neugierig, hellwach
und durchdringend. Das war kein Mädchen, so entschied er, das wegen einer Spinne
oder einer Ratte einen hysterischen Anfall bekam. Auf jeden Fall mußte er jetzt
auf sie eingehen. Solange die Angelegenheit nicht geklärt sein würde, bestünde
keine Aussicht, daß sie Ruhe gäbe. Er sagte liebenswürdig: »Wenn Sie darauf
bestehen. Ich war immer schon ein sehr gefälliger Mensch. Also dann, hinunter
zum Bootshaus, hinaus in die Kälte — und das alles nur wegen der Laune einer
Frau«; dann ging er schnell zur Tür. Zu seiner Überraschung erfolgte daraufhin
ein verzweifelter Aufschrei. »Bitte, bitte, bleiben Sie nicht lange weg.«
    Als er den steilen Weg ohne
jegliche Gehbeschwerden hinabschritt, brummte Anthony vor sich hin: »So etwas
Blödes. Wahrscheinlich habe ich einen Alptraum — ein hübsches Gesicht, das
einen erst von der Wand herunter begrüßt und sich dann plötzlich in ein Mädchen
verwandelt, das von Toten faselt. Wach auf, mein lieber Anthony, und zwar
schnell. Bist doch wirklich kein nervöser Mensch, und das Ganze ist für
jemanden wie dich ziemlich erstaunlich.« Nach fünf Minuten war er wieder
zurück. Er trug den Koffer und die Taschenlampe, die sie hatte fallen lassen.
Jetzt sah er völlig anders aus — sehr blaß, mit aufgerissenen Augen und einem
ernsten Gesicht. Er trat hastig ein und schloß die Türe hinter sich, wobei er
dem neben dem Feuer kauernden Mädchen einen mitfühlenden Blick zuwarf, bevor er
sagte: »Wirklich scheußlich für Sie. Verzeihen Sie mir bitte meine dummen
Witze. Ein unangenehmer Anblick für einen beherzten Menschen wie ich es bin,
geschweige denn für eine zarte, junge Dame.«
    Diese Worte waren wieder einmal
typisch für ihn, was ihm Pauline jedoch nicht übelnahm. Sie war froh, ihn
wiederzusehen, und wußte, daß er zumindest versuchte, sie zu trösten, ihre
Ängste zu zerstreuen und sie von dem erlittenen Schock zu befreien.
    Sie bemühte sich, ein schwaches
Lächeln hervorzubringen, und sagte: »Ich — ich hatte eben zu hoffen begonnen,
daß es nur ein Traum gewesen ist.«
    »Leider nicht. Es ist die reine
und grausame Wahrheit.«
    »Das muß der Mann sein, von dem
Dibble sagte, daß er vermißt wird.«
    »Dibble? Ein Spitzname?«
    »Der Schiffer, der mich
herbrachte. Er erzählte mir, daß ein Mann vermißt würde und daß jemand — den er als Hexendoktor bezeichnete — behaupte, daß man
seine Leiche irgendwo in der Nähe des Wassers finden würde.«
    Einen Augenblick lang wirkte
Irving sehr erschreckt, und seine grauen Augen waren weit geöffnet. Doch dann
sagte er mit seiner gewöhnlichen Stimme: »Aha. Jetzt komme ich langsam den
Dingen auf die Spur... Der Hexendoktor muß mein >Heiler< sein, dessen
Fähigkeiten Sie so anzweifelten. Ein Mann, der Leichen ausfindig machen kann,
ist sicherlich auch in der Lage, ein verstauchtes Knie zu heilen.«
    Sie erwiderte gereizt: »Sie
versuchen immer, vom Thema abzukommen.«
    »Schließlich handelt es sich um
kein sehr schönes Thema.«
    »Um ein schreckliches — aber
was wollen wir tun?«
    »Etwas Tee kochen und
gebutterten Toast machen. Nein, nicht Sie. Bleiben Sie sitzen. Eine Dame
arbeitet nicht. Das ist meine Aufgabe.«
    Trotz seiner langatmigen
Redensart war er praktisch und schnell; es dauerte nicht lange, bis sie ihren
heißen Tee schlürfte.
    »Zunächst müssen Sie sich
einmal für diese Prüfung Gottes stärken. Bevor Sie nicht Ihren Tee getrunken
und Ihren Toast gegessen haben, sprechen wir kein Wort mehr darüber.«
    Sie behauptete, daß sie unmöglich
etwas essen könnte, doch dann begann sie, an dem gebutterten Toast herumzuknabbern , und plötzlich nahm das Zimmer für sie
einen wohnlichen Zustand an und drehte sich nicht mehr im Kreis. Sie sagte:
»Jetzt habe ich etwas gegessen. Nun — was sollen wir jetzt tun?«
    Er reagierte sehr praktisch und
ruhig. »Im Augenblick gar nichts. Wir können überhaupt nichts tun. Es ist
stockfinster draußen, und wir würden nie im Leben die versumpfte Bucht
durchqueren können. Sie werden daher jetzt ins Bett gehen, während ich es mir
neben dem Feuer in diesem Stuhl bequem mache. Da ich — wie ich schon mehrmals
an diesem Abend erwähnt habe — ein perfekter Gentleman bin, werde
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