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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme
Autoren: Sabine Ebert
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sein. Also nehmt sie mit und überlasst alles weitere mir.«
    Der Ritter erhob sich abrupt und ging in die Richtung, in die er seinen Knappen geschickt hatte.
    Schweigen legte sich über die Runde am Feuer. Marthe betrachtete nacheinander die Gesichter.
    Ein jäher Schmerz zuckte durch ihre rechte Schläfe.
    Mit einem Mal war ihr, als ob eine Stimme in ihrem Kopf erklang: »Drei werden sterben, und einer wird uns alle ganz furchtbar verraten.«
    Dann sah sie den Boden auf sich zukommen.

Zur gleichen Zeit auf dem Burgberg in Meißen
     
    »Er hat
was?!
« Wutentbrannt fegte Markgraf Otto, ein breitschultriger Mann um die fünfzig Jahre mit grauen Schläfen und kantigem Kinn, Pergamentrollen und Trinkgefäße vom Tisch. Ein Krug krachte zu Boden und zerschellte, ein Becher rollte scheppernd hin und her. Als das Geräusch endlich verstummt war, herrschte für einen Moment Grabesstille in der mit prächtigen Wandbehängen geschmückten Halle.
    Der Bote trat von einem Bein aufs andere und überlegte missmutig, was seiner Gesundheit zuträglicher wäre: die Nachricht zu wiederholen oder zu schweigen.
    Wie von selbst richtete jedermann im Saal den Blick auf Hedwig, die Gemahlin des Markgrafen. Ritter, Bedienstete und Geistliche – sie alle erwarteten, dass die schöne Burgherrin wieder einmal eingreifen und den schuldlosen Überbringer der schlechten Neuigkeit vor Ottos Zorn retten würde.
    Lediglich der unglückliche Bote wagte nicht, in Richtung der blonden Markgräfin zu blicken. Er wusste nur zu gut, dass sich Hedwig schon zu viele Feinde gemacht hatte, weil sie sich oft in Ottos Geschäfte einmischte und der – ansonsten ein energischer Herrscher, der keinen Widerspruch duldete – ihr nicht etwa Einhalt gebot, sondern in vielen Fällen auf seine kluge junge Frau hörte. Im Moment aber, so fand der Bote, wäre etwas Einmischung nicht schlecht, selbst wenn sie von einem Weib kam. Doch diesmal blieb Hedwig stumm.
    So rang er sich durch, die Nachricht zu wiederholen. »Bischof Gerung hat Lokatoren ausgesandt, um flämische Siedler zu holen.«
    Er verneigte sich und trat schnell zwei Schritte zurück.
    Otto ließ seine Faust auf den Tisch krachen. »Dieser Bastard von einem Pfaffen!«
    »Mäßigt Euch, Ihr sprecht von einem Mann der Heiligen Mutter Kirche«, warf todesmutig einer der Geistlichen ein, die in der Halle standen.
    Mit Unheil kündender Miene stürmte der Markgraf auf den Kirchenmann zu. Der zuckte zusammen, rührte sich aber nicht von der Stelle. Otto blieb einen halben Schritt vor ihm stehen, zog seine buschigen schwarzen Brauen zusammen und blickte ihm drohend in die Augen. »Wenn er so heiligmäßig ist, Euer Bischof, sollte er sich dann nicht besser um die Seelen sorgen, was seines Amtes ist?«, höhnte er mit immer lauter werdender Stimme. »Warum kümmert er sich nicht lieber um die Bekehrung der heidnischen Slawen, von denen es hier schließlich noch mehr als genug gibt?!«
    Der Markgraf stapfte zurück zu seinem reich verzierten Stuhl und ließ sich schwer darauf sinken.
    »Ich weiß nicht, wer alles noch nach meinem Land giert, nur weil es noch nicht ausreichend besiedelt ist«, knurrte er. »An den Grenzen strecken Ludwig von Thüringen und der Magdeburger Erzbischof die Hände danach aus. Der Kaiser lässt im Pleißenland ein Reichsterritorium errichten. Als ob er nicht genug damit zu tun hätte, endlich die Lombarden zu bezwingen! Und wenn ich nicht mit seiner liebreizenden Tochter verheiratet wäre, würde auch noch Albrecht der Bär seinen Hunger mit meinem Land stillen wollen.«
    Er sandte ein grimmiges Lächeln in Hedwigs Richtung.
    Die neigte mit betont liebenswürdigem Lächeln den Kopf. »Mein Vater, der Markgraf von Brandenburg, wird Euch stets ein treuer Verbündeter sein, mein Gemahl.«
    Otto schnaubte. »Das will ich auch hoffen. Wer braucht nochFeinde an den Grenzen, wenn er genug in allernächster Nähe weiß!«
    Hedwig wusste nur zu gut, warum die Nachricht den Markgrafen so aufgebracht hatte.
    Ottos Vater Konrad von Wettin war der mächtigste Fürst östlich der Saale gewesen. Doch als er vor zehn Jahren sein Erbe unter den fünf Söhnen aufteilte, hatte Otto als Ältester mit der Mark Meißen zwar das bedeutendste Gebiet bekommen, war jedoch weit vom einstigen Einfluss seines Vaters entfernt. Mit einer energisch vorangetriebenen Besiedlung konnte er seinen Machtbereich ausdehnen. Und dabei wollte ihm der ehrgeizige Bischof von Meißen wieder einmal zuvorkommen.
    Es ist überall
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