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Das Geheimnis Dauerhaften Gluecks

Das Geheimnis Dauerhaften Gluecks

Titel: Das Geheimnis Dauerhaften Gluecks
Autoren: Friederike Tiedemann
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meiner Kindheit mitbringe, wenn man mir nicht »wirklich« zuhört. Wie herrlich, wenn der andere dies versteht und sich mit sanften Anfragen an mich herantastet, meineendlosen Selbsterklärungen geduldig mit Verständnis verfolgt und möglichst häufig fragt, ob er mich nun wohl richtig verstanden habe.
    Ein spezieller Fall, aber von ähnlicher Natur, tritt dann auf, wenn zum Partner Kinder gehören. Auch Kinder aus früheren Partnerschaften oder Ehen gehören zu mir; und damit muss der andere sich arrangieren. Die Erwartungshaltung an den Partner entspricht hier ganz dem Prinzip: »Wenn du mich wirklich liebst, dann nimmst du mich mit ihnen und all dem, was damit an Einschränkungen einhergeht.« Diese Haltung bedeutet aber auch: Ich selbst muss an der Situation nichts ändern, denn das ist mein Naturell, und wahre Liebe umfasst auch meine schwierigen Seiten. Also liebe sie mit, dann weiß ich, dass du mich wirklich und wahrhaftig liebst!
    Wenn der Stern vom Himmel fällt
     
    Warum es bei Georg und Susann doch anders gekommen ist, kann man daran erkennen, dass der Anspruch, vom anderen ganz angenommen zu werden, beide überfordert hat. Solange sich Susann ganz nach Georg richtete, war sein Wunsch nach tiefer Nähe und beständigem Austausch voll befriedigt, wobei Susanns Wunsch nach Autonomie zunächst unter der Oberfläche blieb. Somit funktionierte das Ganze genau so lange prima, bis sich die Lebenssituation änderte und Georg in den Ruhestand kam. Da zeigte sich, dass Susann auf ihren – bisher ungelebten – Teil nicht ganz verzichten konnte, und damit kollidierten die unterschiedlichen Wünsche beider zum ersten Mal. Beide wünschten sich doch so sehr, der andere möge irgendwann in der Lage sein, seine Toleranzschwelle zu erhöhen. Georg hoffte, dass Susann seine Wünsche nach Zweisamkeit und Häuslichkeiterfülle, indem sie ihre späten Berufsideen aufgeben möge, und Susann hoffte auf mehr Akzeptanz ihrer Selbstentfaltungsbedürfnisse durch Georg. An diesem Konflikt ging die Liebe langsam zugrunde. Denn jede kleine wiederholte Enttäuschung nagte am Liebesfundament. Immer wenn Susann von ihren Erfolgen berichtete, erntete sie verächtliche Bemerkungen von Georg, und immer wenn Georg sie daheim neben sich haben wollte, fluchte sie über seine Festhaltemanöver.
    Früheres wirkt mit hinein
     
    Durch die jeweilige Nichterfüllung des Grundbedürfnisses nach Autonomie beziehungsweise Bindung berührten beide zudem eine ganz besonders verletzliche Stelle in der Seele des anderen. So vermisste Georg als kleiner Junge die Nähe und Zuwendung seiner Eltern, da diese ihre ganze Aufmerksamkeit auf die finanzielle Absicherung der großen Familie (Georg hatte fünf Geschwister!) ausgerichtet hatten. Susann wiederum war als Älteste in ihrer Geschwisterreihe von früher Kindheit daran gewöhnt, eigene Bedürfnisse zugunsten der Bedürfnisse ihrer kleineren Geschwister zurückzustellen. Ihre Sehnsucht nach Anerkennung und Wahrgenommensein blieb bis in die Gegenwart bestehen. Beide hatten also eine »Wunde« in ihrer Seele, die aus alter Zeit stammte. Der Schmerz wurde für beide deshalb so unverhältnismäßig groß, weil sie nicht ahnen konnten, dass die aktuell erlebte Enttäuschung von der schmerzlichen Kindheitserfahrung herrührte. Deshalb konnten sie auch die Heftigkeit des Schmerzes und die emotionale Wucht der Gefühlsausbrüche, welche sich jeweils beim anderen zeigten, nicht richtig zuordnen. Distanzierung war für Susann schließlich die einzige Lösung.
    Grenzen anerkennen anstatt Überforderung auf Dauer
     
    Wenn es sich bei Erwartungen an den Partner so wie hier um ein existenzielles Bedürfnis handelt, kann ich nicht darüber hinwegsehen. Ich kann aber auch nicht erwarten, dass der andere immer alles aushält. Susann kann nicht erwarten, dass Georg ihren extremen Aktivismus erträgt, gerade jetzt, wo er endlich mehr Zeit für Zweisamkeit hätte. Und Georg kann nicht erwarten, dass er mit seinem übersteigerten Bedürfnis nach Nähe und Zweisamkeit bei Susann große Euphorie auslöst. Beide müssen einsehen, dass sie den anderen überfordern und ihm sogar gehörig auf die Nerven gehen. Manchmal sind wir mit unserem »So-Sein« für unseren Partner eine echte Zumutung, so schlimm und verletzend die Entstehungsgeschichte dieser Eigenschaft für den Einzelnen auch gewesen sein mag, so sehr sie auch erklärlich und verständlich ist. Einen Anspruch auf Angenommensein haben wir deswegen noch lange nicht. Die
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