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Das Gastgeschenk der Transsolaren

Das Gastgeschenk der Transsolaren

Titel: Das Gastgeschenk der Transsolaren
Autoren: Alfred Leman , Hans Taubert
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wenig an, da war plötzlich dieser Blitz in seinem Kopf explodiert. Danach war Schluß. Nein, irgendwie mußte es weitergegangen sein, denn er saß nun hier unten, allerdings ohne sein Zutun. Saß er denn? Von seinem Körper fühlte er nichts. Vor sich sah er seine Beine lang ausgestreckt. Gegen die Schulterblätter drückte etwas Großes, Unnachgiebiges, das er hinter sich spürte. Er zog die Arme an, stützte die Hände zu beiden Seiten der Hüften auf den Boden, um sich aufzurichten. Da schoß eine Flamme des Schmerzes durch seinen Leib.
      Nach einer Ewigkeit wagte er wieder zu atmen, flach, vorsichtig. Sehr langsam lehnte er den Kopf zurück an die dort vorhandene Lehne und lag lange so mit geschlossenen Augen, ohne sich zu rühren. Später gelang es ihm, aus der Knietasche mühselig eines der grünen Dragees herauszuangeln. Er schob es unter die Gesichtsmaske in den Mund und verschluckte es. Schmatzend saugte sich die Maske an das Gesicht, das jetzt von kaltem Schweiß troff.
      Die Beine lagen noch immer ausgestreckt vor ihm, als gehörten sie nicht zu seinem Körper. Er sah über die Spitzen der Stiefel hinweg. Weiter entfernt lagen Werkstücke umher, trapezförmige Bleche, zu irgendeinem Zweck zusammengefügt. Durch kreisrunde, sauber ausgestanzte Löcher, die zum verjüngten Ende der Konstruktion immer kleiner wurden, konnte er den Himmel sehen. Das Zeug paßte hier nicht her. Als er abseits verbeulte Teile mit grauer Lederpolsterung entdeckte, wußte er plötzlich, wozu diese Dinge gehörten. Es waren Bauteile des Schleudersitzes seiner Maschine. Aus dieser Perspektive hatte er sie noch nie gesehen. Der Schmerz ebbte endlich ab. Nun ließ er seine Blicke umherschweifen. Weiter oben, genau vor ihm, hing eine dünne Leine vom Himmel herab. Er kniff die Lider vor der Helle zusammen und hob behutsam den Kopf, der Leine mit den Augen folgend. Es stimmte alles: Zuerst waren da noch mehrere Leinen, endlich hing oben der dünne Flor des Fallschirms. Geräuschloser Wind, von dem er unten nichts spürte, blähte eine Falte auf. Jetzt hörte er auch das sachte Schleifen, wenn die Folie aneinanderrieb. Der Schirm hatte sich oben in Ästen verfangen. Jedenfalls saßen an diesem Geflecht von glatten Stangen eine Art Blätter, viele sogar, ziemlich groß, rund und dürr, wie ihm schien. Den Stamm, der vermutlich dazugehörte, konnte er nicht sehen. Er wagte nicht, sich umzuwenden.
      Soweit war alles klar. Seine Maschine war explodiert. Warum? Die Frage hatte jetzt keine Bedeutung. Was danach folgte, verstand er nun: Ausschleudern des Sitzes, Entfalten des Schirms, die Flughöhe hatte dazu ausgereicht, fast ausgereicht. Er verfügte über keine Erfahrung, wie eine Schleudersitzlandung am Ende auszusehen hatte. Immerhin war er dem explodierenden Blitz entkommen. Er betrachtete das System von Gurten, die über dem Bauch im massiven Patentverschluß zusammenliefen. Es war soweit alles in Ordnung: Der Fallschirm hatte sich ausgeklinkt, die Sauerstoffflaschen drückten auf dem Rücken, reichlich dreihundertzwanzig atü las er am Manometer, Proviant und Wasser am rechten Bein. Aber der Sender? Der Schloßkontakt am linken Schenkel glänzte leer. Er suchte flüchtig, dann mit Sorgfalt die Umgebung ab, soweit sie seinen Blicken zugänglich war. Auf den Sender mußte er also verzichten. Nun gut. Dann gab es vorerst weniger zu überlegen. Es blieb genug zu bedenken übrig. Nichts wünschte er weni

    ger, als jetzt zu denken. Er war müde. Sollten andere jetzt für ihn denken. Er war sehr müde.

    Jäh stürzt er ins Bodenlose. Der Schrei löst sich nicht aus seiner Kehle, denn da schwimmt er auch schon auf mäßig geneigter Schräge weit langsamer hinab. Kreisende, riesige Räder glimmen rot und violett vor stumpfer Schwärze, schrumpfen zu irrsinnig weißglühenden Sonnen, in Ketten aufgereiht, die links und rechts seinen Weg abwärts markieren. Dann wohltuend dämpfende Schleier. Dahinter gerinnen formlose Räume zu Dingen, die er zu erkennen glaubt. Matt erhellte Gesichter vieler Menschen, die ihm von unten herauf entgegengleiten. Vor ihm teilt sich die Menge, links und rechts huschen die Figuren an ihm vorbei, aufwärts entlang der schnurgeraden Lampenketten, die hinter ihm weit oben zu einem Punkt zusammenlaufen. Nun hört er auch das dumpfe Grollen der Rolltreppe. Metro, Strasbourg! Wohlig schmiegt sich Bernod in die Geborgenheit ruhig fließender Erinnerung. Die Rolltreppe trägt ihn einhundertsechzig Meter hinab,
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