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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett
Autoren: Anthologie
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abweisenden Lächeln einer gütigen Klosterfrau milde darüber hinweg. Er zeigte ihr, auf ihr Bitten hin, einige klassische Hebungen und ein Teil ihres Traumes wurde Wirklichkeit.
    Später wollte er sie zur Bushaltestellte bringen, da er ohnedies in diese Richtung mußte. Er bedeutete ihr, sich vorne auf sein Velo zu setzen. Die Fahrradstange brannte wie glühendes Eisen auf ihren nackten Schenkeln - oder war es schon der Po? -, aber sie drückte sich vertrauensvoll an seine Brust, fühlte sich geborgen in seinen starken Armen, deren Hände sicher auf der Lenkung lagen, während sie im Freilauf die Bergstraße hinabflogen. So mußte es auf einer Toboggan-Fahrt in Madeira sein.
    Auch das dicke, stinkende Postauto schien nachher zu einem Luftschiff geworden zu sein, und die Landbevölkerung, die sich auf dem Wege nach Locarno aneinanderrückte, roch nicht im mindesten nach Knoblauch und dem Salami, sondern hatte vielmehr Ansätze von Engelsflügeln.
    Das spätere Abendessen mit Al war ein voller Erfolg - sie hatte all ihre Streitlust verloren, war frei und ausgelassen, wollte in keinem Punkte unbedingt recht haben, und der Abend schloß mit einem harmonischen Gute-Nacht-Kuß.
    In der Folgezeit ging es mit Al immer besser, je verliebter sie in Gregor wurde. Ist das normal? fragte sie sich - oder habe ich einen Dachschaden?
    Sie bedauerte sehr, daß sie Mericia in dieser Angelegenheit nicht um Rat fragen konnte.
    Zwar spürte sie deutlich, daß noch ein langer Weg vor ihr lag. Gregor hatte nichts von der Lasterhaftigkeit der russischen Gardeoffiziere ihrer Einbildung, er war keusch - er hätte gut den Joseph in der »Josephslegende« von Richard Strauss tanzen können, und sie war alles andere als eine Potiphar, aber im Gegensatz zu ihren Verführungsversuchen bei Al kam sie wenigstens langsam, sehr langsam, schrittweise bei Gregor voran. Sie fühlte es mit dem Instinkt der Frau, die in jedem Mädchen verschlossen ist.
    Jedenfalls stellte sie nicht mehr jedesmal gleich ihre Stachel, wenn sie eine mokante, aber zutreffende Formulierung Als überraschte, gab weniger und nur überlegte Widerworte, sie hatte die naßforsche Dreistigkeit des Backfisches - mit der dieser seine Unsicherheiten kaschiert - abgelegt, sie brauchte keine lange Zigarettenspitze mehr, um ihre Verlegenheit hinter einer lässigen Geste verbergen zu können, also rauchte sie auch nicht mehr, sie trank sehr wenig - nicht um sich zu kasteien, sondern weil sie des Stimulanzes als Zeichen des Erwachsenseins nicht mehr bedurfte.
    Dann kam der denkwürdige Tag, an dem sie - eigentlich nur zum Spaß, denn dafür war sie natürlich längst viel zu alt -in ausgeliehenen Spitzenschuhen unter Zuhilfenahme ungeheurer Wattebäusche sich auf die Spitze erhob, »en point« die prosaische Fußsohle vom Boden befreite und mit schmerzhaft gestrecktem Spann, mit durchgedrückten Knien und leicht gegrätschten Beinen volle drei - oder waren es vier Sekunden durchhielt. Was ihr ein ungeheures Wohlgefühl vermittelte. Erst bei dem vermessenen Versuch, einen Schritt zu wagen, knickte sie mit dem linken Knöchel ein und sank mit einem Aufschrei zu Boden. Nein, wir wollen die ganze Wahrheit nicht verhehlen. Sie sank nicht zu Boden, denn Gregor war bei dem Versuch hinter ihr gestanden, in einer der bekannten Positionen des Pas de deux, bei der der Danseur seiner Partnerin Hilfestellung gibt, hatte mit seinen starken Händen, das heißt eigentlich nur mit Daumen und Zeigefinger links und rechts ihre Taille umfaßt. Doch als sie wankte und zu stürzen begann, entschlüpfte der abknickende Körper diesem angenehmen Halt, und bevor er sie mit den Unterarmen in den Achselhöhlen auffangen konnte, war es unvermeidlich, daß seine Hände über ihren Busen glitten.
    So zufällig und zart auch die Berührung war, sie hatte die Wirkung eines - der Franzose nennt es Coup de foudre - eines Blitzschlages. Wir wollen bescheidener sein und sagen, es sei eine Art Kurzschluß gewesen.
    Jedenfalls schien ihr, als sprühten knisternde Funken durch ihren Körper und der Schmerz des verknacksten Knöchels war nichts gegenüber dem unendlich lustvollen, jähen und doch so nachklingenden Schmerz, den sie an anderer Stelle verspürte, wo sie den »Kleinen Tod« (wie ihn wiederum die Franzosen nennen) erlebte, erlitt, über den ihre Kolleginnen mit rüden Worten soviel Gewese machten und der im Leben von Frauen angeblich - und wie sie spürte mit Recht -, eine so große Rolle spielte.
    Was war gegenüber
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