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Das Fest

Titel: Das Fest
Autoren: John Grisham
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Blick.«
    »Unmöglich, so etwas gibt es nicht.«
    »Vielleicht hast du Recht. Ich habe auch drei Jahre gebraucht, um dein Potenzial zu entdecken.«
    Die Tür öffnete sich, und Blair stürmte herein. Nora und Luther sahen beide zuerst sie an und warfen dann einen schnellen Blick auf Enrique, um festzustellen, wie dunkelhäutig er war.
    Er war überhaupt nicht dunkel! Sondern mindestens zwei Nuancen heller als Luther.
    Sie umarmten und drückten ihre Tochter, als sei sie jahrelang fort gewesen, und begrüßten dann mit großer Erleichterung ihren zukünftigen Schwiegersohn.
    »Ihr beide seht großartig aus!«, rief Blair und betrachtete ihre Eltern von Kopf bis Fuß. Nora trug einen dicken Strickpullover mit Weihnachtsmotiv, da sie zum ersten Mal in ihrem Leben fülliger wirken wollte, als sie war. Luther gab den alternden Gigolo.
    »Wir haben ein bisschen auf unser Gewicht geachtet«, erklärte er und wollte gar nicht mehr aufhören, Enrique die Hand zu schütteln.
    »Du bist in der Sonne gewesen«, sagte Blair zu Luther.
    »Ja. äh. wir hatten ein paar ungewöhnlich warme Tage für die Jahreszeit. Letztes Wochenende habe ich mir bei der Gartenarbeit einen kleinen Sonnenbrand geholt.«
    »Wir sollten langsam hinuntergehen«, unterbrach Nora rasch.
    »Ja, wir dürfen unsere Gäste nicht so lange warten lassen«, fügte Luther hinzu und trat auf den Flur.
    »Sieht er nicht gut aus?«, flüsterte Blair ihrer Mutter zu, obwohl Enrique nur einen Schritt vor ihnen ging.
    »Sehr gut«, erwiderte Nora stolz.
    »Warum humpelt Daddy eigentlich?«
    »Er hat sich den Knöchel verstaucht. Nichts Schlimmes.«
    Das Wohnzimmer war gerammelt voll. Nicht, dass es Blair etwas ausgemacht hätte, aber ihr fiel auf, dass es sich diesmal um eine andere Art von Gesellschaft handelte. Die meisten der üblichen Gäste waren nicht anwesend, dafür jedoch fast alle Nachbarn. Und sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, aus welchem Grund ihre Eltern die Polizisten und Feuerwehrmänner eingeladen hatten.
    Enrique wurde mit einigen Geschenken bedacht, die er in der Mitte des Raumes auspackte. Ned Becker hatte ein rotes Golfhemd mit dem Aufdruck eines nahe gelegenen Country Clubs zur Verfügung gestellt. John Galdy hatte einen Bildband über die Landgasthöfe der Umgebung geschenkt bekommen. Nachdem seine Frau ihn flugs wieder in Papier eingeschlagen hatte, luden sie ihn gemeinsam bei Enrique ab, was diesen beinahe zu Tränen rührte. Die Feuerwehrmänner überreichten ihm zwei Christstollen, worauf er zugeben musste, dass derartige Köstlichkeiten in Peru unbekannt waren. Der Polizeiverband schenkte ihm einen Kalender.
    »Sein Englisch ist perfekt«, sagte Nora flüsternd zu Blair.
    »Besser als meins«, flüsterte diese zurück.
    »Hattest du nicht gesagt, dass er noch nie in den Staaten war?«
    »Er ist in London zur Schule gegangen.«
    »Oh.« Enrique rückte auf der Sympathieskala eine weitere Stufe nach oben. Gut aussehend, im Ausland erzogen, Arzt.
    »Wo hast du ihn denn kennen gelernt?«
    »In Lima, während der Einführungswoche.«
    Wieder ertönten Beifallsrufe. Enrique hatte aus einem hohen Karton eine Lavalampe zutage gefördert, die von den Bellingtons stammte.
    Nachdem die Bescherung vorüber war, erklärte Luther das Büffet für eröffnet. Alle schlenderten in die Küche, wo sich der Tisch unter den großzügigen Spenden der Nachbarn bog. Die Platten und Schüsseln waren immer wieder umgestellt und neu arrangiert worden, bis das Essen originalgetreu und festlich wirkte. Selbst Noras geräucherte Forellen kamen noch zu Ehren, denn sie waren von Jessica Brixley zubereitet worden, der wahrscheinlich besten Köchin der ganzen Straße.
    Die Weihnachtssänger vor dem Haus froren und hatten den leichten Schneefall satt. Als sie hörten, dass es etwas zu essen gab, stürmten sie gemeinsam mit Mrs. Linda Galdys Glockenensemble in die Küche.
    Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich der Mann mit dem orangegrauen Bart auf, der Nora im Supermarkt vor dem Erdnussbutterregal über den Weg gelaufen war. Er schien so gut wie alle Anwesenden zu kennen — allerdings sah es umgekehrt so aus, als würde niemand wissen, wer er eigentlich war. Nora begrüßte ihn, beobachtete ihn eine Weile lang sorgfältig und bekam schließlich mit, wie er sich jemandem als Marty Soundso vorstellte. Marty liebte offenbar gesellige Zusammenkünfte und lief schnell zur Hochform auf. Er erwischte Enrique vor dem Tisch mit Kuchen und Eiscreme und begann sofort,
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