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Das Evangelium nach Satan

Das Evangelium nach Satan

Titel: Das Evangelium nach Satan
Autoren: Patrick Graham
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ihm Blut aus der Kehle, er sinkt zur Seite, und seine Pupillen werden trüb. Giovanni drückt ihm die Augen zu. Dann wendet er sich um und sieht, wie Crossman mit einer jungen Frau und einem Trupp bewaffneter Polizisten die Treppe zum Untergeschoss der Basilika hinabeilt. Als er aufstehen will, spürt er, wie sich eine eiskalte Hand mit übermenschlicher Kraft um sein Handgelenk schließt. Er fährt zusammen und versucht sich frei zu machen. Mit weit geöffneten Augen flüstert ihm der Camerlengo zu: »Sie sind der Nächste.«
    »Was sagen Sie da?«
    »Es ist nicht vorbei, Giovanni. Hörst du mich? Es fängt erst an.«
    Der Kardinal schließt die Augen und kämpft gegen das Wesen, das in ihn einzudringen und in ihm eine so undurchdringliche Schwärze auszubreiten versucht, dass sein Glaube ins Wanken gerät. Dann sinkt die Hand des Greises kraftlos zu Boden. Giovanni öffnet die Augen. Der Camerlengo hat sich keinen Millimeter von der Stelle gerührt. Er tröstet sich mit dem Gedanken, dass er wohl aus Übermüdung in einen Sekundenschlaf gefallen sein muss und schlecht geträumt hat. Beinahe ist er fest davon überzeugt, doch dann spürt er den Schmerz an seinem Handgelenk. Er senkt den Blick. Die Haut ist bläulich angelaufen. Es fängt erst an …
    Er sieht zu dem aufgeschlagenen Evangelium hin, steht auf, schließt es, nimmt es vom Altar und drückt es so fest an sich, dass er das Kreuz der Armen auf seiner Haut spürt, das er wieder unter der Soutane trägt.

39
    Als sich der Geheimgang öffnet, durch den Valentina aus der Halle der Siegel nach oben gestiegen war, schlägt ihr und Crossman ein Schwall abgestandener Luft entgegen. Laut hallen die Schritte im Dunkeln. Hin und wieder ertönt ein metallisches Klirren, wenn zwei Maschinenpistolen der Polizeibeamten aneinanderstoßen, die ihnen folgen. Der Trupp dringt weiter vor. Das Licht der Stirnlampen gleitet über staubbedeckte Wände. Als Valentina mit ihren Fingerspitzen an den Stein fasst, kommt er ihr sonderbar warm vor.
    An der Wendeltreppe, die ins nächste Untergeschoss führt, nimmt die Wärme immer mehr zu. Von Funken begleitete heiße Luftstöße fahren ihnen ins Gesicht. Man hört Knacken und Knistern. Das Rauschen von Flammen. Etwas brennt in der Halle der Siegel.
    Die Polizeibeamten bleiben am Eingang stehen und weichen vor der Hitze sogar zurück. Valentina und Crossman schieben sie beiseite und treten ein. Im ganzen Raum haben die Kardinäle des Schwarzen Rauchs Stöße von Papier und Pergamenten angezündet. Die Flammen, die bis zur Gewölbedecke schlagen, schwärzen die Pfeiler. Hier brennt das Geheimarchiv des Vatikans, nicht nur die Privatkorrespondenz der Päpste und die Berichte über die von Klemens V. angeordnete interne Untersuchung, sondern der Inhalt ganzer Regalreihen mit Material, das Kardinäle und Päpste über Jahrhunderte hinweg haben dorthin schaffen lassen. Sie vernichten alle Beweise. Zweitausend Jahre einer von Leiden geprägten Geschichte gehen in Flammen auf.
    Das Atmen fällt immer schwerer. Die Polizeibeamten versuchen, Valentina zu decken, als diese sich mit ihrer vorgehaltenen Beretta in die Flammenhölle wagt. Auch Crossman hält seinen Revolver mit ausgestrecktem Arm und blickt aufmerksam um sich. Valentina bleibt stehen. Sie hat fünf Kardinäle in purpurroten Gewändern entdeckt, die gerade einen Stapel Handschriften an einem Pfeiler aufgeschichtet und mit Benzin übergossen haben.
    Sie feuert zweimal in die Luft. Die Flammen brüllen so laut, dass man die Schüsse nicht hört. Ein irre lächelnder Kardinal merkt nicht, wie seine Haare in Brand geraten. Die vier anderen knien jetzt vor einem Berg aus Handschriften und werfen immer weitere ins Feuer. Ihre Finger sind nur noch verkohlte Stümpfe. Der Kardinal, dessen Haare in Brand geraten sind, scheint nicht gemerkt zu haben, dass Benzin einen seiner Ärmel getränkt hat. Jetzt reißt er ein Streichholz an, um den Stapel in Brand zu stecken …
    Valentina schreit auf. Die Flamme springt auf den Ärmel über und läuft den ganzen Arm des Prälaten empor. Starr vor Entsetzen sind die Polizisten stehen geblieben. Als Valentina den Kardinal zum Aufgeben auffordert, springt er mit seinem brennenden Arm auf den Scheiterhaufen. Der Benzindampf entzündet sich in einer riesigen Stichflamme, die alles verschlingt. Ledereinbände gehen im Feuer dahin, Jahrhunderte alte Pergamentrollen brennen wie Zunder. Valentina weicht mehrere Schritte zurück. Jetzt hat das Feuer auch die
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