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Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)

Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)

Titel: Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)
Autoren: Richard Schwartz
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neben einem der Fenster befand sich ein dicker Foliant mit dem Zeichen der Einigkeit, dem goldenen Dreieck, auf dem Einband. Ein gläubiger Mensch, unser Wirt. Ich schlug den Einband auf.
    Auf der linken Seite sah ich in feiner Schrift seine Ahnenreihe. Er hieß Eberhard, die Töchter Sieglinde, Maria und Lisbeth. Irgendwie gefiel es mir nicht, dass ich nun ihre Namen kannte.
    Sieglinde musste die Blonde sein, mit dem netten Lächeln. Sie knickste immer, wenn ich ihr einen Kupfer Trinkgeld gab. Sie war zwei Jahre älter als die nächstjüngere Schwester. Maria war brünett, hilfsbereit, fleißig. Sie lächelte nicht so häufig wie Sieglinde, verhielt sich eher still, aber ihre Augen blickten aufmerksam und ihr Lachen klang hell und rein. Lisbeth war die Jüngste, gerade erst vierzehn, sehr scheu und zurückhaltend.
    Auf der anderen Seite des Buchs sah ich das Dreieck. Gerechtigkeit, Liebe, Weisheit: die drei Spitzen.
    »Ihr seid herzlos und kalt, Havald«, vernahm ich Leas Stimme hinter mir. Sie war an mich herangetreten und musterte ebenfalls das Buch der Götter. »Ich für meinen Teil werde nicht stillhalten, wenn man den Mädchen Gewalt antut«, sagte sie mit entschlossener Stimme.
    Ich klappte das Buch zu, legte es zurück an seinen Platz und drehte mich zu ihr um. »Seht Ihr diesen Webstuhl dort? Ich denke, es ist Sieglinde, die hier webt. Genau wie das Garn, das sie spinnt, oder der Stoff auf dem Webstuhl, ist unser aller Leben eingewoben in das Tuch des Schicksals. Nichts passiert, was nicht vorbestimmt ist. Es bleibt uns nur, es dem Schicksal so schwer wie möglich zu machen, uns zu erwischen.«
    »Und? Ich kenne niemanden, der nicht möchte, dass er seines eigenen Schicksals Herr ist.«
    »Sicher.« Meine Stimme klang bitter. »Was soll ich ihm sagen, unserem guten Wirt? Dass er hätte vorsichtiger sein sollen? Dass er mehr Wachen hätte anheuern sollen? Geübtere vor allem? Dass er die Mädchen hätte wegschicken sollen? An einen sichereren Ort? Ich kenne die Antworten. Er kann sich keine professionellen Wachen leisten, seine Töchter sind ihm eine Hilfe hier im Gasthaus, er liebt sie und hat sie gerne um sich, und bisher ist nie etwas geschehen. Das Wirtshaus ist gut besucht, und häufig sind hier Gäste, die durch ihre Anwesenheit dem Haus Schutz gewähren. Er ist Freisasse, dieses Land gehört ihm, er zahlt seinen Zehnten an den Grafen. Der Graf selbst gilt als ehrbar. Wenn hier etwas geschieht, wird der Graf einen Trupp Soldaten den Räubern hinterherschicken. Finden die Soldaten sie, werden sie gehängt. All dies ist Schutz genug. Aber nicht, wenn Lämmer mit Wölfen eingeschneit werden. Dann kommen die Wölfe auf dumme Ideen.«
    Sie blickte entschlossen zu mir auf. »Wir könnten es verhindern. Zusammen mit den Wachen der Händler und denen der adligen Reisegesellschaft sind wir dreizehn. Gegen neun, vielleicht sogar nur sechs. Ich denke, dass wir es mit zwei Gruppen zu tun haben. Wir könnten sie überwältigen, sie bis zum Ende des Sturms in einen Keller sperren, und die Gefahr wäre gebannt.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Wenn, dann muss man sie hängen. Lässt man sie laufen, werden sie zurückkehren und Rache üben.« Ich sah ihr an, dass diese Einsicht ihr schwer fiel. »Denkt darüber nach, was sie wollen. Vielleicht haben sie keinen Funken Anstand mehr im Leib, dann morden und brandschatzen sie. Aber ich denke eher, dass sie nur plündern wollen. Sie möchten bedient werden, ihren Spaß haben, das Gold des Wirts stehlen, und dann, wenn der Schnee zurückgeht, ihres Weges ziehen. Der Rat, den ich dem Wirt gab, ist falsch. Es wird sie erbosen, vor der verriegelten Tür zu stehen. Sie werden es an dem Mädchen auslassen, das sie vielleicht gerade in ihren Händen haben, vielleicht ihm mit dem Tode drohen. Tatsächlich ist es am gescheitesten, ihnen zu geben, was sie wollen, und sie ziehen zu lassen. Wenn man noch lebt, kann man hinterher seine Wunden lecken und das Leben neu gestalten. In kalter Erde ist der Trost von göttlicher Gnade gering.«
    »Und was werdet Ihr machen, wenn sie Euch auffordern, ihnen Euer Gold zu geben?«
    Ich lachte. Die Vorstellung war absurd. »Wie kommt Ihr darauf, dass ich welches besitze? Ein paar armselige Silberstücke kann ich zu ihrer Kriegskasse beisteuern, wenig genug, um damit mein Leben zu bezahlen.«
    »Das Ihr nicht mehr schätzt und von dem Ihr sagt, dass es vielleicht bald vorbei ist. Ist es nicht besser verwendet, wenn Ihr diesen armen Menschen
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