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Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin

Titel: Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin
Autoren: Monika Felten
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weiterreiten.«
    »Es ist nicht die Aufgabe eines Kundschafters, derartige Entscheidungen zu treffen.« Bayard konnte seine Wut nur mühsam zurückhalten. Es war nicht so sehr die Unverfrorenheit, mit der Keelin seinen Willen durchzusetzen versuchte, als vielmehr das Bewusstsein, dass er Recht hatte. Nicht nur die Pferde, auch sie selbst – insbesondere Ajana – hatten nach den Strapazen des Tages eine Ruhepause bitter nötig. Jedoch ließ sein Stolz es nicht zu, sich von einem jungen Falkner derart bevormunden zu lassen.
    Schweigend und nachdenklich, als müsse er den Nutzen und die möglichen Gefahren einer Rast erst sorgfältig gegeneinander abwägen, strich er sich über den Bart und betrachtete die Pferde mit prüfendem Blick. Dann wandte er sich noch einmal nach Süden und tat, als müsse er die Entfernung zum Pandarasgebirge im abendlichen Zwielicht abschätzen.
    Für endlose Augenblicke blieb das schwache Rauschen des Windes das einzige Geräusch, dann entschied er mit fester Stimme: »Wir werden hier rasten und auf Horus warten.« Die Wahl des Tonfalls ließ keinen Zweifel daran, dass diese Entscheidung einzig und allein die seine war. Er wusste sehr wohl, dass Falken des Nachts nicht flogen, war jedoch nicht bereit, weitere Zugeständnisse zu machen. »Sobald sich der Himmel im Osten grau färbt, reiten wir weiter.«
     

     
    Der Abend nahte mit großen Schritten, doch der gewittrige Herbststurm, der schon am Vormittag über Sanforan getobt hatte, weigerte sich beharrlich, das Wüten einzustellen. Schwere Wolken, von zuckenden Blitzen in grelles Licht getaucht, wälzten sich bedrohlich über das Land, während Sturmböen Regenschauer und schäumende Gischtfetzen des Schwarzen Ozeans durch die Gassen der Stadt trieben. Als es dunkel wurde, zog das Gewitter endlich nach Westen ab und ließ die Straßen aufgeweicht und schlammig zurück.
    Der Wind ebbte ab, und die Menschen atmeten auf.
    Kelda stand am Fenster der großen Küche der Bastei. Sie blickte gedankenverloren auf die Regentropfen, die sich noch immer an der trüben Scheibe sammelten, und lauschte auf die Geräusche, die von draußen hereindrangen.
    Das Lärmen der Riffgleiter, der großen aschgrauen Seevögel, die den Sommer auf den schwimmenden Tangwiesen des schwarzen Ozeans verbrachten und jetzt in der Bucht von Sanforan zu Tausenden Schutz vor der Unbill der Herbststürme suchten, mischte sich mit dem steten Rauschen des Windes und dem Tosen der Brandung zu einem eigenwilligen Klagelied, das sie tief berührte.
    Die Herdmeisterin seufzte, schob die trüben Gedanken beiseite und wandte sich wieder dem geschäftigen Treiben in der Küche zu. Mit prüfendem Blick überwachte sie die Zubereitung der Speisen und gab wie gewohnt ihre Anweisungen. Doch obwohl sie sich redlich mühte, war sie diesmal nur mit halbem Herzen dabei.
    Immer wieder wanderten ihre Gedanken zu Abbas, dem dunkelhaarigen Küchenjungen, der ihr wie ein Sohn ans Herz gewachsen war. Sie betete im Stillen, dass er noch am Leben sein möge, und sann darüber nach, wie viele Sonnenaufgänge wohl verstreichen mochten, bis er zurückkehrte. Die Sorge um ihn war so groß, dass sie ihr den Schlaf raubte, und so war es auch kein Wunder, dass sie jetzt, da sich der Abend herabsenkte, müde und trotz der ansteckenden Fröhlichkeit, die in Sanforan herrschte, auch ein wenig ungehalten war.
    Als es draußen dunkel wurde, kamen die Kinder der Mägde in die Küche. Wie ausgehungerte Dunkelschleicher strichen sie um die großen Steinöfen, in der Hoffnung, dass Reste der Abendmahlzeit für sie abfielen. Doch wie an jedem Abend achtete Kelda auch diesmal streng darauf, dass die Küchenmägde ihnen keine Häppchen zusteckten, ehe die Gäste im großen Speisesaal versorgt waren.
    Erst als der Letzte sein Mahl beendet hatte, wurden auch die Kinder bedacht. Während die Küchenburschen die Tische im Saal mit groben Bürsten schrubbten, die Mägde Geschirr und Besteck in übergroßen Bottichen abspülten und die Köchinnen Vorbereitungen für das Morgenmahl trafen, hockten sich die Kinder an das behagliche Herdfeuer und kauten leise tuschelnd an den Brotkanten.
    Langsam kehrte Ruhe ein in der sonst so geschäftigen Küche.
    Kelda gönnte sich gerade einen Augenblick der Rast, als die Tür zum Speisesaal schwungvoll geöffnet wurde und eine junge Küchenmagd hereinstürmte. »Herdmeisterin!«, rief sie mit vor Aufregung geröteten Wangen. »Im Speisesaal sitzt ein Onur-Krieger, der soeben vom Pass
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