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Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin

Titel: Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin
Autoren: Monika Felten
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Brief in der Hand die Treppe hinunter.
    »Hi, Dad«, rief sie aufgeregt, während sie auf ihren Vater zustürmte . »Sieh mal, was heute gekommen ist!«
     
     
     
    Sanforan, 595 Winter n. A.
     
    Abendliches Zwielicht lag über Sanforan, der Hauptstadt Nymaths, an dessen felsige Küste unablässig die schäumenden Wellen des schwarzen Ozeans brandeten. Mit dem schwindenden Sonnenlicht hatte sich die Luft rasch abgekühlt und feine Nebelgespinste über den windgeschützten Niederungen gewirkt, während in den Straßen und Gassen der Stadt die Einheiten der Wache zur nächtlichen Patrouille aufbrachen.
    Der Abend war ruhig, doch mit Einbruch der Dunkelheit türmte sich weit im Westen eine dunkle Wolkenbank auf, die sich rasch ostwärts schob und die Sterne verhüllte. Der auflebende Wind erfüllte die Nacht mit dem Geruch von Regen, und das zunehmende Rauschen der Brandung kündete von einem nahenden Unwetter.
    Die Männer, die sich im Saal des Hohen Rates von Nymath eingefunden hatten, kümmerte der aufziehende Sturm wenig. Lakaien hatten eilig Stühle und Bänke herbeigeschafft, die jedoch bei weitem nicht ausreichten, um den vielen Ankömmlingen Sitze zu bieten, die an dieser wichtigen Versammlung teilnehmen wollten. Den meisten der Anwesenden blieb keine andere Wahl, als den Ausführungen des Hohen Rates im Stehen zu folgen.
    Verhaltenes Raunen erfüllte den Saal, schwoll zu Gemurmel an und wich lautstarken Streitgesprächen über Fragen, die offen blieben, solange die sechs schweren, mit prunkvollen Schnitzereien verzierten Stühle des Hohen Rates noch nicht besetzt waren.
    Gaynor, der ehrwürdige Ratsvorsitzende vom Blute der Onur, Phelan, ein grauhaariger Falkner vom Blute der Raiden, Cawen vom Blute der Katauren – ein erfahrener Kämpe, der in einer der ersten Schlachten gegen die Uzoma einen Arm verloren hatte –, Gowan, stolz und edelmütig wie alle vom Blute der Fath, sowie die dunkelhäutige Vindaya vom Blute der Wunand und die schöne Inahwen, die dem Rat als Gesandte der Elben beisaß, hatten den Saal noch nicht betreten.
    Die verspätete Ankunft des Hohen Rates führte indessen zu ersten mürrischen Äußerungen. Ein jeder spürte die Anspannung, die fast greifbar in der Luft lag und deutlich machte, was jene vereinte, die sich hier versammelt hatten: Furcht.
    Fünf Winter war es her, seit sich die magischen Nebel endgültig aufgelöst hatten, welche die Menschen vor den Uzoma schützten. Fünf Winter, in denen die Krieger der Vereinigten Stämme Nymaths unermüdlich an dem einzigen Pass des Pandarasgebirges gegen die Uzoma kämpften. Nie zuvor hatte es eine so große Versammlung gegeben. Zudem war es ein offenes Geheimnis, wie schlecht es um die veraltete Befestigungsanlage stand. Viele Krieger hatten ihr Leben in den zermürbenden Kämpfen verloren, und unzählige Frauen in Sanforan trugen das schwarze Band als Zeichen der Trauer in den Haaren.
    Und als wäre dies alles noch nicht genug, machten schaurige Gerüchte in Sanforan die Runde. Sie wurden zumeist von den Flüchtlingen verbreitet, die aus den Gebieten nahe dem Pandarasgebirge kamen und in der Hauptstadt Zuflucht suchten. Sie behaupteten, die Uzoma seien seit geraumer Zeit dazu in der Lage, Lagaren für ihre Zwecke einzuspannen, eine sagenumwobene Rasse geflügelter Echsen, die angeblich in der Wüste Nymaths lebten.
    Dass an diesem Abend eine derart große Versammlung einberufen worden war, konnte nur bedeuten, dass es schlechte, sehr schlechte Botschaften zu vermelden gab. Und so war es nicht verwunderlich, dass sich all jene, die sich im Saal des Hohen Rates versammelt hatten, in wilden Spekulationen ergingen.
    Endlich schlug ein Lakai, der breitbeinig an der Tür stand, dreimal kräftig mit einem langen, fellbesetzten Schlegel gegen ein mannshohes kupfernes Becken, zum Zeichen, dass der Hohe Rat Sanforans nahte.
    Augenblicklich wurde es still im Saal. Die Anwesenden erhoben sich von den Plätzen, und mehr als einhundert Augenpaare folgten den fünf Ratsmitgliedern und der Gesandten der Elben auf dem Weg zu ihren Plätzen am Endes des Saals, die, wie bei großen Versammlungen üblich, auf einem Podest standen.
    Die Ratsmitglieder trugen die traditionellen Amtsroben Nymaths, bodenlange Umhänge aus dunkelblauem Samt, die mit dem silbernen Banner der Vereinigten Stämme verziert waren, und dazu hohe, silberbestickte Hüte in der gleichen Farbe.
    Inahwen, die Gesandte der Elben, hatte ein schlichtes, laubgrünes Gewand aus fließendem
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