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Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Titel: Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)
Autoren: Peadar O´Guilín
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Zunge gelegen hatte. Die Religiösen hatten Indrani nie gemocht, und nicht einmal Leute wie Kubar, die aus dem Dach verbannt worden waren und nun auf der Oberfläche der Welt leben mussten, hatten ihre Meinung über sie geändert. »Du wirst uns umbringen, Stolperzunge. Du wirst uns alle töten. Dein alter Stamm kam nur mit Mühe über die Runden, obwohl ihr auf generationenlange Erfahrung zurückgreifen konntet und zahlreiche Jäger hattet, die so gut waren wie du. Wir brauchen dich mehr, als sie dich braucht.«
    »Ihr habt Steingesicht, von dem ihr lernen könnt.«
    »Steingesicht!« Kubar wagte es nicht, mehr zu sagen.
    »Und ihr habt den Sprecher.« Stolperzunge spürte einen kalten Schauder, als er daran dachte, ihn zurückzulassen. Sein ganzes Leben lang hatte er gestottert und gestammelt, bis er mithilfe des magischen Werkzeugs der Dachleute fast genauso fließend sprechen konnte wie sein Bruder. Er hatte festgestellt, dass er gern sprach. Und nun würde er zu einem Leben zurückkehren, in dem er wieder die Zielscheibe des allgemeinen Spotts war. Aber wenn er unterwegs war, würde er keinen Menschen begegnen, bis er das Dach erreicht hatte. Und dort würde er so viele Sprecher finden, wie er brauchte.
    »Die Wühler sind eine wirkliche Gefahr, Kubar«, sagte er. »Du hast die Leiche mit eigenen Augen gesehen. Sie haben bereits erste Vorstöße über die Hügel unternommen. Was geschieht, wenn sie es schaffen, sich auf dieser Seite einen Stützpunkt einzurichten? Ich könnte hierbleiben und zusehen, wie ihr alle sterbt, oder ich könnte etwas unternehmen, um euch zu helfen.«
    Kubar schüttelte den Kopf. »Du weißt nichts über das Dach, Wilder. Gar nichts! Hier unten werden wir gefressen, aber da oben werden sie dich fressen. Kämpfe, Rebellionen, Enge. Ha! Sie werden dich in einen Käfig stecken und auslachen. Das heißt, sie würden es tun, wenn sie genug Platz für einen Käfig hätten. Es hat sich viel geändert, seit ich ein kleiner Junge war, oh ja. Ich sage dir, das Dach ist kein Platz für einen hilflosen Wilden.«
    »Du bezeichnest mich als hilflos?«
    Kubar grinste seinen Häuptling höhnisch an – er wagte es tatsächlich! Sein dünner Schnurrbart verschwand fast in den tiefen Falten seines Gesichts. Er bückte sich und hob einen runden Stein auf, der nicht größer als seine Daumenkuppe war, und hielt ihn hoch.
    »Dies, du unwissender Wilder, ist deine gesamte Welt.« Er tippte auf ein Ende des Steins. »Hier hast du deine große Reise begonnen.«
    »In Menschen-Wege.«
    Der Priester zuckte mit den Schultern. »In Menschen-Wege. Von dort bist du aufgebrochen. Und hier …« Er tippte erneut auf den Stein, und Stolperzunge hatte den Eindruck, dass sein Finger immer noch auf derselben Stelle lag. »… hier befinden wir uns jetzt, nachdem du deine epische Reise hinter dich gebracht hast.«
    »Nein! Wir waren mindestens zwanzig, dreißig Tage lang unterwegs. Wir …«
    »Genau, Wilder. Genau. Die Welt ist groß. Und das hier …« Kubar schloss die Faust um den kleinen Stein, sodass er völlig darin verschwand. »… das ist das Dach. Ihr glaubt hier, es wäre wie eine Schale über euren Köpfen, nicht wahr? Aber ihr täuscht euch. Das Dach umgibt euch, wie der Schädel das Gehirn umschließt, und es berührt eure Welt nur dort, wo sich die höchsten Berge erheben. Du kannst dir nicht … du wirst dir niemals vorstellen können, wie riesig sie ist. Nicht einmal wir können es. Dort gibt es Städte, die zu groß sind, um sie während der Lebensspanne eines Menschen zu Fuß zu durchqueren. Darin leben unermesslich viele Bewohner – und zu ihren Füßen ganze Armeen von Kindern. Außerdem gibt es Ozeane, innerhalb der Welt. Ganze Ozeane ! Kannst du dir das vorstellen? Es gibt Bereiche, die nur zum Spielen gedacht und viel größer sind als diese ganze Welt. Zumindest war es früher so … Und Tunnel ohne Luft, in denen Männer und Frauen schneller reisen als jeder Stein, den du mit der Schleuder davonsausen lassen kannst. Du würdest nichts verstehen! Gar nichts! Und wenn Indrani tatsächlich noch lebt … und wenn du das Dach erreichst, bevor irgendeine Teufelsbestie dich zum Abendessen verspeist, wirst du ihr nur eine Last sein. Und sie müsste schon völlig verrückt sein, wenn sie hierher zurückkommen will.«
    Stolperzunge knirschte mit den Zähnen. »Selbst wenn sie … wenn sie nicht zurückkommen will … könnte sie mir Waffen geben. Und die anderen Sachen, die sie mir versprochen
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