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Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Titel: Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)
Autoren: Peadar O´Guilín
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du?« Dann wandte er sich wieder seinem Häuptling zu. »Die Waffe war sogar noch nutzloser als der Mann, der aus Varahas Sphäre fiel. Nach wenigen Tagen war er tot, aber ihn konnten wir wenigstens essen, ja?«
    »Ich glaube, sie sitzt da oben fest«, sagte Stolperzunge. »Sie hat jetzt Feinde, hat Kubar gesagt. Viele Feinde. Die Heiligen mochten sie schon vorher nicht, und jetzt mögen sie auch die Häuptlinge nicht. Zumindest glaube ich, dass er das gemeint hat. Das Leben im Dach klingt sehr verwirrend!«
    »Sie reden eine Menge Unsinn, Junge«, stimmte Steingesicht ihm zu. »Blabla. Davon kann man sowieso kein Wort verstehen. Nein, du hast recht. Sie ist unsere Indrani, und wir müssen losziehen und sie holen. Vorausgesetzt, sie will zurückkommen.«
    »Natürlich will sie das!«, rief Stolperzunge. Alle blickten sich erstaunt zu ihm um, und die Kinder hielten sich mit blutigen Fingern den Mund zu.
    Steingesicht klopfte ihm auf den Rücken. »Du hast recht, Junge. Ganz sicher.«
    »Tut mir leid«, sagte Stolperzunge. »Ich weiß nicht, warum …«
    »Das einzige Problem ist …« Steingesicht streckte den Arm aus, zumindest versuchte er es, bis er das Gesicht verzog. »… dass ich noch nicht für eine Reise bereit bin.«
    »Steingesicht …«
    »Den ganzen weiten Weg bis zu den Bergen, ja? Bis dorthin, wo sich die Welt erhebt und das Dach berührt? Das muss ein toller Anblick sein. Ja. Vor uns hat es bisher nur der Reisende gesehen, falls wir den alten Geschichten glauben können.«
    »Steingesicht … hör mir zu …« An der Art, wie der große Mann seinem Blick auswich, erkannte Stolperzunge, dass er bereits wusste, was jetzt kommen würde. »Ich will, dass du hierbleibst. Ich brauche dich hier …«
    Steingesicht schleuderte seine Messer knapp über die Köpfe der Kinder hinweg. Es dauerte einen kleinen Moment, bis er wieder sprechen konnte. »Wenn du glaubst, dass ich für den Kochtopf bereit bin«, stieß er schließlich hervor, »dann hättest du mich doch den Vierbeinern überlassen können! Um allen eine Menge Ärger zu ersparen, ja?« Aber seine Wut verrauchte schon wieder.
    »Diese Menschen brauchen dich«, sagte Stolperzunge.
    Das jüngste Mädchen der Gruppe, Lali, schloss den großen Mann in die Arme. Einige Jungen kamen ebenfalls heran, um ihm auf den vernarbten und tätowierten Rücken zu klopfen.
    »Ich werde sie zurückbringen«, sagte Stolperzunge. »Aber ich will niemanden sonst in Gefahr bringen. Und wenn ich wieder da bin, erwarte ich, dass noch genug von euch am Leben sind, dass es sich lohnt, die Heimreise anzutreten. Nur du wirst es schaffen, dafür zu sorgen.«
    »Ich bin nicht so gut darin, den Häuptling zu spielen«, murmelte Steingesicht.
    »Das kann Kubar machen – die Leute hören auf ihn. Du kümmerst dich darum, dass sie auf die Jagd gehen. Lass nicht zu, dass sie aufgeben! Dieser Wühler, den die Vierbeiner gefunden haben … dieser Wühler …« Er erschauderte.
    In der Dunkelheit kam ihm das Flüstern der Leute viel lauter vor. Worte wehten von den Dächern heran, Segenswünsche und Flüche und Tränen, eine weiche säuselnde Decke, die ihn einhüllte und bat hierzubleiben. Stolperzunge stand am Eingang zum u-förmigen Gebäudekomplex, der als Hauptquartier bekannt war. Die in seine Richtung blickenden Augen sämtlicher Stammesmitglieder glitzerten wie Lichterstraßen. Sie sahen ihn an, als würde ihr Leben von ihm abhängen. Niemand sagte etwas. Nicht einmal Steingesicht.
    Der Häuptling wollte nicht über ihre Bedürfnisse und seine Gefühle nachdenken, mit denen er darauf reagierte. Er drehte sich wieder zu Kubar um, der die Führung übernehmen würde, wenn er fort war.
    »Du lässt uns im Stich«, sagte Kubar. »Weißt du, was das bedeutet?«
    »Du verstehst nicht«, sagte Stolperzunge. »Wenn die Wühler kommen …«
    Der Priester knurrte. »Wühler! Ich habe diese Wühler noch nie gesehen, außer einer schimmligen Leiche voller Löcher. Wir haben die Skelette. Ja, ich habe gesehen, wie sie einen meiner Vetter gegessen haben. Und wie Schleimer in der Nacht Kinder fortgeschleppt haben. Es waren eindeutig Schleimer. Wirkliche Gefahren, die niemals verschwinden und uns viel schneller töten werden als irgendwelche eingebildeten Wühler .«
    »Du weißt nicht, wovon du sprichst, Kubar.«
    »Ich weiß«, flüsterte der Priester, »dass es dir nur um deine Frau geht. Die …« Er verstummte, bevor er »die Hexe« sagen konnte, aber Stolperzunge war klar, dass es ihm auf der
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