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Das Ende des Dollar-Privilegs

Das Ende des Dollar-Privilegs

Titel: Das Ende des Dollar-Privilegs
Autoren: Barry Eichengreen
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bereits in verschiedenen Funktionen drei peinliche Abwertungen des Francs mitbeaufsichtigt. Er sah in einem Währungsabkommen eine Möglichkeit für Frankreich, mehr Stabilität zu bekommen und gleichzeitig in europäischen Währungsangelegenheiten mehr Mitspracherecht zu haben. Da Giscard in Deutschland geboren worden – sein Vater war Verwaltungsbeamter gewesen, als Frankreich nach dem Ersten Weltkrieg das Rheinland besetzt hatte –, aber in Frankreich aufgewachsen war, hatte er von dem Deutsch-Französischen Krieg und von der Hyperinflation am Essenstisch gehört. Er war ebenso wie Schmidt geistig und emotional von der europäischen Integration überzeugt. Nun lag also Europas monetäres Schicksal in der Hand zweier Männer, die beide engagierte Europäer und als ehemalige Finanzminister ökonomisch gut informiert waren.
    TOD DURCH AUSSCHUSS
    Die Frage war, wann sie zur Tat schreiten würden. Der umstrittene britische Politiker Roy Jenkins, der 1977 Präsident der Europäischen Kommission wurde – der Vorstufe einer Exekutive der EWG, lieferte einen Ansatzpunkt. James Callaghans Labour-Regierung hatte Jenkins nach Brüssel verbannt, weil er ein Verfechter der europäischen Integration war – was bei den einfachen Labour-Abgeordneten nicht gut ankam – und wegen seines opulenten Lebensstils, der einem Sozialisten nicht gut anstand. Dort geriet Jenkins in den Bann von Robert Triffin, des belgischen IWF-Volkswirts, der als Berater der Kommission arbeitete. 120 Auf einer Rede am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz 1977 befürwortete Jenkins einen Neubeginn der Verhandlungen über eine Europäische Währungsunion. In Anlehnung an den Werner-Plan schlug er vor, den Haushalt der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auszuweiten, damit sie Ländern – vermutlich auch seinem eigenen Land – Hilfe leisten könnte, denen es schwerfallen würde, sich an eine straffe Geldpolitik im deutschen Stil anzupassen.
    In London wurde den Ideen von Jenkins zwar ein frostiger Empfang bereitet, aber Schmidt und Giscard lieferten sie einen Einstieg. 121 Da dies wieder eine Phase der Dollarschwäche war, trieben Kapitalflüsse aus den Vereinigten Staaten nach Deutschland wieder die D-Mark in die Höhe, was der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Exports schadete. Für Schmidt war dies die „Dollarmisere“. 122 Von Mitte Januar bis Mitte Februar 1978 gab die Bundesbank 1,7 Milliarden D-Mark an den Devisenmärkten aus, um die Aufwertung der Landeswährung zu dämpfen. Aber diese Anstrengungen blieben fruchtlos. Da Frankreich, Italien und das Vereinigte Königreich die Schlange verlassen hatten, gab es keine größere Gruppe europäischer Währungen mehr, die den Druck hätten teilen können. Die D-Mark bekam ihn mit voller Wucht zu spüren.
    Die europäischen Regierungen reagierten auf die Sitzung in Kopenhagen im April 1978 – wer hätte das gedacht – mit der Gründung eines Ausschusses. Im Laufe der nächsten Monate trafen sich dessen Mitglieder fünfmal, ohne groß voranzukommen.
    Im Juni hatten Giscard und Schmidt genug davon. Sie übertrugen die Zuständigkeit für die Erstellung des Plans an den Leiter der Abteilung Finanzpolitik im Kanzleramt Horst Schulmann und an Bernard Clappier, den Direktor der Banque de France, der gleichzeitig als persönlicher Vertreter des französischen Präsidenten fungierte. Auch die Downing Street wurde dazu eingeladen, damit die Initiative eine gemeinsame Anstrengung der drei größten europäischen Länder werden sollte. Als den Briten klar wurde, dass sie Schulmann und Clappier nicht von ihren ehrgeizigen Plänen abhalten konnten, kamen sie einfach nicht mehr zu den Sitzungen.
    Schulmann und Clappier machten weiter, unbehindert nicht nur von den Engländern, sondern auch von ihren eigenen Finanzministern, die über ihre Beratungen ebenso im Dunkeln gelassen wurden wie Otmar Emminger, der jetzt Clappiers Pendant bei der Bundesbank war. Ihr Entwurf wurde 1978 als gemeinsame Initiative von Giscard und Schmidt enthüllt. Nach dem Vorbild der Schlange sollte es erneut eine Bandbreite der Währungsschwankungen von 2,25
    Prozent geben. 123 Um sicherzustellen, dass das nicht wieder ein von Deutschland dominiertes System wurde, sollten die Schwankungs-bänder im Verhältnis zu einem europäischen Währungskorb definiert werden. Ein Auslösungsmechanismus sollte Länder mit starker Währung zwingen, ihre Währungsbedingungen zu lockern, und Länder mit schwacher Währung, sie zu straffen. Die
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