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Das Ende der Welt

Das Ende der Welt

Titel: Das Ende der Welt
Autoren: Sara Gran
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eine Jurte zu bauen. Nach zehn Tagen brachte der Lama mich in die Stadt, wo ich mir ein Auto mietete und nach Hause fuhr. Ein Haufen Post verstopfte den Briefschlitz. Ich hatte mehrere hundert E-Mails bekommen. Viele Anfragen waren darunter, einige davon sogar recht vielversprechend. Eine Frau, deren Sohn wegen Mordes einsaß, unschuldig, das wusste sie mit Sicherheit. Ein Mann, der ein paar Gemälde suchte, die seiner Familie 1942 gestohlen worden waren. Klang interessant. Dennoch fühlte das Leben sich immer noch schwer und trüb an, alt und ranzig.
    Keine Nachricht von Andray.
    Ich rief Claude an. Der Lama hatte ihn immerhin darüber informiert, dass ich noch am Leben war.
    »Es tut mir leid«, sagte ich. »Du warst echt super, aber ich habe dich wie den letzten Dreck behandelt.«
    »Ich habe es nicht gemerkt«, sagte Claude, »die ganze Zeit, während wir an dem Fall saßen, habe ich nicht gemerkt, was mit dir los war.«
    »Ist schon gut«, sagte ich. »Wie hättest du es merken sollen.«
    »Na ja«, sagte er, »ich möchte immerhin ein Detektiv sein.«
    Wir mussten beide lachen.
    »Willst du immer noch für mich arbeiten?«, fragte ich. »Wenn nicht, verstehe ich das. Ich werde dir ein gutes Zeugnis ausstellen, und den Lohn der letzten Wochen bekommst du sowieso.«
    Claude überlegte. »Möchtest du das denn?«
    »Natürlich«, sagte ich. »Einen besseren Assistenten gibt es nicht.«
    »Dann sage ich ja«, antwortete er mit fester Stimme. »Für dich zu arbeiten ist das Beste, was mir je passiert ist, Claire. Ohne dich wäre ich verloren.«
    Ich war für eine Minute sprachlos. Dann setzte ich ihn auf den Mordfall an, von dem ich im Fan Club gehört hatte. Die Frau hatte mir eine E-Mail mit sämtlichen Informationen geschickt, die sie über ihren Bruder einholen konnte. Ich glaubte ihr, dass er unschuldig war. Vielleicht konnten wir ihn retten. Oder ihn wenigstens aus dem Knast holen.

[home]
    59
    A us irgendeinem Grund wurden Delia und ich Freundinnen. Wir saßen in ihrem großen Atelier im SoMa District, und ich erzählte ihr alles über Lydia.
    Wir tranken heißen Tee und schauten auf die graue, neblige Straße hinaus. Delia wirkte traurig. Sie vermisste Paul und Lydia, sie vermisste alles und jeden, so wie ich.
    »Hey«, sagte ich, »willst du was Cooles sehen?«
    Die Fahrt dauerte fast zwei Stunden, und als wir die Ranch erreichten, war es schon dunkel. Bevor wir in die Einfahrt bogen, nahm ich ein paar Veränderungen am Überwachungssystem vor. Niemand würde je erfahren, dass wir hier gewesen waren.
    Ich schaltete das Licht aus, ließ den Wagen die Einfahrt hinunterrollen und hielt vor dem Tor. Ich öffnete es, und wir fuhren hinein. Die meisten Miniaturpferde schliefen, nur ganz wenige waren wach und naschten Gras mit Tau. Wir stiegen aus dem Auto und betrachteten sie.
    »Oh, Claire!«, flüsterte Delia. »Die sind wunderschön!«
    »Ja«, sagte ich, »irgendwie habe ich sie lieb.«
    Das kleine schwarze Kerlchen hatte geschlafen, aber sobald er meine Stimme hörte, wachte er auf, stand auf, schüttelte sich und kam näher.
    »Oh, Claire«, sagte Delia, »er mag dich!«
    Ich kraulte den Kleinen dort, wo er es am liebsten hatte, oben auf dem Kopf, und Delia fütterte ihn mit den mitgebrachten Möhren.
    Dann öffneten wir das Gatter und ließen sie frei. Es war das Tor nach hinten, nicht zum Highway, sondern in die andere Richtung, in den Wald des Bohemian Club. In Pauls Wald.
    Wie sich herausgestellt hatte, hatte ein Nachbar die Tiere vergiftet. Er versah extrakleine Äpfel mit kleinen Dosen Gift, und dann warf er sie über den Zaun. Die Laborergebnisse waren an dem Morgen gekommen. Niemand wusste, warum. Hasste er Pferde? Oder nur die ganz kleinen? Die Rätsel nahmen kein Ende. Einer der Männer vom Ort der Wunder hatte beobachtet, wie ein Pferdchen sich zum Sterben in den Wald geschleppt hatte. Ein heller Kopf, ein Ex-Detective aus Houston, Texas, der sich mit Schnaps und Frauen zugrunde gerichtet hatte. Aber er war immer noch ein heller Kopf, und als er das sterbende Pferdchen gesehen hatte, hatte er dem armen Ding eine Haarprobe abgenommen. Jake hatte die Laboranalyse in Auftrag gegeben, und man hatte Arsen gefunden. Der Nachbar wurde später vor Gericht gestellt, die Pferde waren in Sicherheit und der Ex-Detective aus Houston wurde wieder in den Polizeidienst aufgenommen. Ich teilte mein Honorar mit ihm. Er kaufte sich eine Wohnung in Santa Rosa und wurde trocken.
    Als Delia und ich das Gatter
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