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Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)

Titel: Das Ende der Männer: und der Aufstieg der Frauen (German Edition)
Autoren: Hanna Rosin
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stark von einer Welt profitieren, in der sie ohne sich zu binden und ohne allzu viel Scham sexuelle Abenteuer haben und zeitlich begrenzte Beziehungen eingehen können, ohne auf eine Karriere verzichten zu müssen.
    Im Jahr 2004 begannen Elizabeth Armstrong, die damals an der University of Indiana arbeitete, und Laura Hamilton, eine junge Dokotorandin, mit einer Untersuchung über sexuelle Misshandlung in studentischen Beziehungen. Sie holten sich die Genehmigung, an einer Universität im Mittleren Westen die Frauen auf einem Stockwerk eines Wohnheims zu interviewen, das als »Partywohnheim« verschrien war. Etwa zwei Drittel der interviewten Studentinnen kamen aus »eher privilegierten Schichten«, das heißt, sie wurden von Eltern finanziell unterstützt, die vermutlich ebenfalls eine Hochschule besucht hatten. Ein Drittel stammte aus weniger privilegierten Familien. Diese Frauen finanzierten ihr Studium selbst und gingen wahrscheinlich als erste Mitglieder ihrer Familie auf eine Universität. Gleich der erste Tag der Interviews war so aufschlussreich, dass die beiden Forscherinnen die Hochschulleitung baten, vier Jahre lang in dem Wohnheim ihre Zelte aufschlagen zu dürfen, um das Liebesleben der 53 Bewohnerinnen zu verfolgen.
    Die interviewten Frauen beschwerten sich durchaus über doppelte Moralvorstellungen und darüber, dass sie als Schlampen beschimpft und nicht mit Respekt behandelt wurden. Trotzdem kristallisierte sich im Lauf der vier Jahre heraus, dass der Hook-up als Teil einer umfassenderen Beziehungsstrategie genutzt wird, als eine Phase, die Elizabeth Armstrong als »sexuelle Karriere« zu interpretieren lernte. Für eine ehrgeizige junge Aufsteigerin bot die Hook-up-Kultur die Möglichkeit, Beziehungen auszuprobieren, ohne dass sie dadurch in ihrer persönlichen Entwicklung oder in ihrem Studium beeinträchtigt wurde. Wie Armstrong schreibt, funktionieren die unverbindlichen Begegnungen wie eine »Verzögerungstaktik«, weil zumindest die privilegierten Frauen die unmittelbare Priorität hatten, sich für eine Karriere zu positionieren. »Wenn ich den Lebensstil behalten will, mit dem ich aufgewachsen bin«, sagte eine der Frauen zu Armstrong, »muss ich arbeiten. Ich sehe mich einfach nicht als Frau, die früh heiratet und vom Geld eines Mannes lebt.« Eine andere Studentin sagte: »Ich will eine sichere Existenz in einer großen Stadt und in einem Beruf … Ich werde überhaupt nichts überstürzen. Wenn ich mit dreißig verheiratet bin, ist es gut.«
    Die Frauen mussten sich immer noch mit dem altmodischen Problem herumschlagen, dass sie ihren Ruf nicht aufs Spiel setzten, aber auf lange Sicht war es ihnen viel wichtiger, ihr späteres berufliches Ansehen zu schützen. »Statt um die Aufnahme einer Beziehung zu kämpfen, mussten sich die Frauen«, wie Armstrong herausfand, »anstrengen, um eine Beziehung zu vermeiden.« Sie logen interessierte Männer oft an und sagten, sie seien »zu konservativ« für eine außereheliche Verbindung oder sie hätten zu Hause einen Freund – alles, weil sie in Wirklichkeit keine Beziehung wollten, die ihnen Zeit fürs Studium stehlen würde.
    Armstrong und ihre Rechercheure hatten damit gerechnet, auf Opfer sexuellen Missbrauchs zu stoßen, aber sie hatten das Gegenteil gefunden, nämlich Frauen, die ihr Liebesleben wie ausgebuffte Kopfjäger managten. »Ehrgeizige Frauen gehen davon aus, dass eine Beziehung ähnlich aufwendig ist wie ein Hauptseminar, und dafür haben sie nicht immer Zeit«, sagte Armstrong im Gespräch mit mir, »also entscheiden sie sich für einen Hook-up, der weniger zeitraubend ist.«
    Die Frauen charakterisierten Beziehungen als »zu aufwendig« oder »zu eng«. Eine Frau, die »keineswegs über einen Mangel an Bewunderern zu klagen hatte«, sagte: »Ich weiß, es klingt echt kläglich, und du glaubst wahrscheinlich, dass ich lüge, aber im Moment habe ich so viele andere Sachen am Laufen, und eine Beziehung steht wirklich nicht weit oben auf meiner Liste … Ich weiß, dass das wie eine verdammt lahme Ausrede klingt, aber es ist wahr.« Die Frauen wollten studieren oder mit ihren Freundinnen herumhängen oder, wie eine es formulierte, einfach »hundert Prozent egoistisch« sein. »Ich habe noch den Rest meines Lebens, um ihn einem Mann oder Kindern oder einem Beruf zu widmen.« Manche hatten sogar absichtlich sogenannte »falsche feste Freunde«, die ihnen für eine Ehe nicht gut genug waren. So sagte eine Studentin über ihren Freund:
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