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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman
Autoren: Anne Perry
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beweisen, dass der wahre Schuldige ihr Mann war.«
    »Dann ist die Rechnung ja aufgegangen«, sagte Jenny fast ohne jede Regung. »Warum machen Sie sich also die Mühe, eigens hierherzukommen und mir das zu sagen? Glauben Sie etwa, das interessiert mich? Welche Bedeutung können Ihre Gründe oder Meinungen denn schon für mich haben?«
    Hester sah ihr ins Gesicht. War der Ausdruck von Verletzung oder Empörung darin echt? Oder verhielt Jenny sich nur so, um Triumphgefühle zu verbergen, die sie zwangsläufig haben musste, da der Preis zum Greifen nahe war.
    »Nicht die geringste«, gestand ihr Hester gelassen zu. »Das Einzige, was Bedeutung hat, ist der Umstand, dass wir uns getäuscht hatten. Ihr Mann ist nicht schuldig, und ich bin mir fast sicher, dass wir das beweisen können.«
    Jenny stand regungslos da. Ihre Augen hatten sich geweitet, und sie schaute ins Leere. Einen Moment lang befürchtete Hester, sie würde in Ohnmacht fallen. »Nicht … schuldig?«, krächzte sie schließlich. »Wie kann das sein? Er ist verhaftet worden!« Das war mehr als eine Leugnung, es war fast eine Herausforderung.
    Wieder beschlich Hester die Angst, Sixsmith könne sich im Haus aufhalten. War sie ein dummes Risiko eingegangen? Egal, jetzt war es zu spät für einen Rückzug. »Aber Sie halten ihn doch sicher nicht für schuldig?«
    »Wie … könnte ich nicht?«
    »Weil Sie zweifellos wissen, wer Sie gebeten hat, diesen Brief an Ihren Vater zu schreiben. Und da Sixsmith derjenige war, der seinen Mörder bezahlte, ist es unmöglich, nicht zu glauben, dass Sixsmith auch derjenige war, der es so einfädelte, dass ihr Vater in der Remise wartete.«
    Jenny schnappte nach Luft und riss die Hände hoch, als wolle sie Hester wegstoßen. »Oh, nein! Ich...«<
    »Sie sind in ihn verliebt«, fuhr Hester fort. »Ja, das sehe ich doch! Aber so vernarrt Sie auch sein mögen, das kann niemals den Tod Ihres Vaters und Ihrer Schwester entschuldigen. Und auch nicht die Schande einer Beerdigung in Selbstmördergräbern.« Zum Zorn kam nun der eigene alte Schmerz hinzu, sodass auch ihre Stimme bebte. Sie musste mehrmals schlucken und sich zu einem ruhigeren Ton zwingen. »Am Anfang war Ihnen das vielleicht nicht bewusst, aber tun Sie jetzt nicht mehr so, als ob Sie es immer noch nicht wüssten!«
    »Das tue ich überhaupt nicht!«, leugnete Jenny wütend. »Sie lügen! Mein Mann ist schuldig! Und das Gericht weiß das! Aston ist freigesprochen worden! Sie haben kein Recht, hierherzukommen und solch schreckliche Dinge zu behaupten!« Auf ihren Wangen prangten zwei rote Flecken.
    »Schrecklich?«, rief Hester. »Ist es schrecklich, dass Sixsmith Ihren Vater ermordet haben könnte, aber Ihr Mann schuldlos ist? Ich glaube, Ihr Urteil verrät ziemlich deutlich, auf wessen Seite Sie stehen, Mrs. Argyll!«
    »Jetzt beschuldigen Sie auch noch mich!«, erregte sich Jenny.
    »Natürlich. Sie haben unter Eid geschworen, dass Sie von Ihrem Mann aufgefordert wurden, den Brief zu schreiben, mit dem Ihr Vater in den Tod gelockt wurde. Bei so etwas können Sie sich unmöglich geirrt haben. Es kann nichts anderes gewesen sein als bewusster Betrug sowohl an Ihrem Mann als auch an Ihrem Vater! Was bietet Ihnen Sixsmith, das so etwas wert ist?«
    Jenny keuchte. »Verschwinden Sie aus meinem Haus … Sie …« Sie rang um Worte, doch ihr fiel nichts ein, womit sie sich verteidigen oder zum Gegenangriff übergehen konnte.
    »Ist er ein derart wunderbarer Liebhaber?«, fuhr Hester fort, beflügelt von ihrem Zorn.
    »Wie können Sie es wagen?«, schrie Jenny. »Sie ahnungsloses, selbstgefälliges, dummes Weib mit Ihren guten Taten und kleinkarierten Vorstellungen! Was wissen Sie schon über Leidenschaft?«
    »Ich kenne Liebe und Hass und den Preis, den Sie für beides bezahlen«, konterte Hester. »Ich kenne den Tod und habe bessere Männer, als Sie je kannten, ihr Leben für das hingeben sehen, woran sie glaubten. Ich habe Krieg, Mord und Trauer gesehen. Ich habe schreckliche Fehler begangen, und ich habe geliebt, bis ich glaubte, ich würde daran zerbrechen. Ich habe Menschen enttäuscht, weil ich schwach und kurzsichtig war, aber ich habe niemals jemanden bewusst verraten. Sie haben Ihren Vater, Ihre Schwester, Ihren Mann und auch Rose Applegate verraten. War es das wirklich wert, nur um mit Aston Sixsmith ins Bett zu gehen?«
    Bevor Hester wusste, wie ihr geschah, hatte Jenny ihr mit voller Kraft ins Gesicht geschlagen. Sie taumelte zurück und fiel auf einen Stuhl,
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