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1015 - Henkeraugen

1015 - Henkeraugen

Titel: 1015 - Henkeraugen
Autoren: Jason Dark
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Schon beim Verlassen des Hauses hatte es getropft. Wenig später war der Regen dann wie eine Sturzflut gefallen und hatte die Welt in eine graue, düstere, undurchsichtige Szenerie verwandelt, als sollten alle, die unterwegs waren, einfach von der Straße gespült werden.
    Auch die Sturzflut hatte nicht zu lange angehalten. Sie war dann übergegangen in Dauerregen. Da fiel das Wasser senkrecht wie Schnüre vom Himmel. Ein derartiger Regen hätte eher zu Salzburg gepaßt als in die Umgebung von London.
    Jane fand sich mit ihrem Schicksal ab, weil ihr einfach nichts anderes übrigblieb. Und so lenkte sie ihren Golf durch das Wasser und den Dunst.
    Bei trockenem Wetter hätte Jane das Ziel westlich von London und nicht weit von Windsor Castle entfernt in knapp einer Viertelstunde erreicht, denn der eigentliche Stadtrand lag längst hinter ihr. Bei diesem Wetter mußte sie das Doppelte an Zeit rechnen, und sie mußte auch darauf achten, daß sie sich nicht verfuhr, denn die Chestertons lebten ziemlich einsam.
    Ja, so hieß der Auftraggeber. Die Familie war mit Lady Sarah bekannt. Allerdings mehr aus früheren Tagen, aber erst vor knapp einer Woche hatte die Horror-Oma Caspar Chesterton zufällig in London getroffen. Die beiden waren ins Gespräch gekommen. Sarah hatte vieles erfahren, auch über den Nachwuchs, einen Sohn, der auf den Namen Eugen getauft worden war.
    Schrecklich, für das Kind, dachte Jane. Hoffentlich benahm er sich nicht so wie er hieß. Aber die Familie war eben in ihren Traditionen verwachsen. Davon wich man keinen Schritt ab.
    Und dieser Eugen war das Problem der Familie. Seit Wochen schon wurde er von schrecklichen Vorstellungen geplagt, die zudem mit Depressionen verbunden waren. Eugen war behandelt worden, Psychiater hatten sich um den Jungen gekümmert, aber er war nie aus sich heraus gekommen. Er hatte nur immer den Kopf geschüttelt und die Fachleute verzweifeln lassen, ebenso wie seine Eltern, die ebenfalls nicht an ihn herankamen. Das sollte Jane zwar nicht ändern, ihre Aufgabe bestand darin, eine Nacht bei dem Jungen zu wachen, denn seine Eltern mußten beruflich weg und kehrten erst einen Tag später zurück.
    Das alles hatte Sarah Goldwyn erfahren und Jane Collins als Babysitter vorgeschlagen.
    Also hatte Jane zugestimmt und war auch gespannt auf diesen jungen Eugen Chesterton. Einmal hatte er sich seinem Vater gegenüber offenbart, und seine Worte waren nicht gerade dazu angetan gewesen, den Mann zu beruhigen.
    Da hatte Eugen Chesterton von den traurigen Augen des Henkers gesprochen und davon, daß er zurückkehren würde. Natürlich hatte Lady Sarah nachgefragt, aber keine konkrete Antwort bekommen.
    Jedenfalls war sie der Meinung gewesen, daß mehr hinter dieser Aussage steckte, und damit hatte sie Jane zusätzlich gelockt, denn die Detektivin roch immer dann »Blut«, wenn sie an Fälle geriet, die das Maß des Normalen überschritten. Wie vor kurzem, als sie zusammen mit ihrem Freund John Sinclair die rätselhafte Seelenhalle unter dem Museum entdeckt hatte. [1]
    Jetzt sollte es um die traurigen Augen eines Henkers gehen? Jane wollte diesen Dingen vorurteilsfrei begegnen, aber den Ärger über das Wetter konnte sie nicht unterdrücken.
    Der verdammte Regen war wirklich eine Landplage, obwohl er dem Boden guttat. Das Licht der Scheinwerfer brachte auch nicht viel. Es verschwamm sehr schnell, es wurde verschluckt, und der Dunst tat sein übriges, so daß Jane sich vorkam, als würde sie blind durch die Gegend fahren. Jane war zuvor auf dem M4 in Richtung Westen geblieben, hatte den Flughafen Heathrow im Süden liegenlassen und war noch vor Windsor ebenfalls nach Süden hin abgebogen.
    Jetzt fuhr sie über Land in Richtung Stanwell Moor. Doch von einer Landschaft war nichts zu sehen. Es gab nur den Regen und die Dunstsuppe, die alles verbarg.
    Sie fuhr auch nicht auf einer der Hauptstraßen weiter. Auf der Karte hatte sich Jane zuvor den besten Weg eingezeichnet. Sie mußte über die Nebenstraßen rollen, um Chesterton House zu erreichen. Es lag versteckt, eine Privatstraße führte an das Gebäude heran; das alles hatte man Jane gesagt.
    An der Fahrerseite huschten schon seit längerer Zeit Schatten entlang. Es war eine Böschung, auf der Büsche und Sträucher wuchsen, die jetzt aussahen wie neblige Gespenster. Manchmal erschien ein Schild am Straßenrand. Für Jane sah es aus wie ein von allen Menschen vergessenes Grabmal.
    Trotz der Lüftung waren die Scheiben nicht richtig klar zu
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