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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen
Autoren: Bernhard Fritz
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Schweigen und stand mit einem Seufzer von seiner Liege auf.
    „Brüder, Freunde“, sagte er. „Wir müssen….“
    Er stockte.
    Fragende Blicke richteten sich auf ihn.
    „Nein, nein!“, stammelte er.
    Jetzt bemerkten auch die anderen den langsam einsetzenden, bohrenden Schmerz in ihren Köpfen.
    Die Schmerzen nahmen rasch zu und erreichten schnell die Grenze des Unerträglichen.
    Tessal hatte die Hände an den Kopf gepresst und rannte brüllend durch den Raum. Blut lief ihm aus Nase und Ohren. Er prallte mit voller Wucht gegen die Wand und brach zusammen. Seine Beine zuckten unkontrolliert hin und her.
    Die anderen Priester wälzten sich auf dem Boden oder auf den Liegen.
    Alle schrien ihren Schmerz und ihr Entsetzen hinaus.
    Der Meister griff nach ihnen!
    Es knackte scharf und vernehmlich, sechsmal hintereinander.
    Mit jedem Knacken verstummte ein weiterer Priester.
    Dann war es vorbei.
     
    In der Mitte zwischen den Liegen glomm das Khal’atar in düsterem Gold noch eine Weile pulsierend vor sich hin, dann erlosch es.
     
    ΦΦ ΦΦ
     
    Sie hatten sich auf der Mole zusammengedrängt. Zum Glück blies der Wind vom Meer her und hielt die Asche- und Staubwolken von ihnen fern. Es hatte begonnen, Steine zu regnen. Bimssteinkörner und -kugeln prasselten wie Graupelschauer auf sie nieder. Sie waren so leicht, dass sie auf dem Meer schwammen und es bald mit einer graubraunen Schicht überzogen.
    Die Überlebenden starrten schweigend in Richtung ihres einstmals so schönen Orts, der zu einer Stätte des Untergangs geworden war.
    Ein direkter Blick auf Choriogatos war ihnen aufgrund des Felssporns verwehrt und das war vielleicht gut so, denn so blieben ihnen schreckliche Bilder erspart.
    Der Einsturzkrater vergrößerte sich weiter und verschlang ein Haus nach dem anderen. Polternd stürzten mittlerweile auch die bisher unbeschädigt gebliebenen Gebäude des Ortsrandes in den gähnenden Schlund, der unersättlich war. Bäume kippten langsam um und verschwanden, die Kronen voran, in dem Loch. Über allem stand eine Wolke aus Staub und Asche, die von der Mole aus sehr wohl zu sehen war. Auch waren die Geräusche des sterbenden Orts zu vernehmen, das Poltern und Kollern der Steine, das Bersten von Holz, das Klirren und Scheppern von Glas und Metall.
     
    Viele der Menschen bewegten lautlos ihre Lippen. Sie beteten. Beteten für sich und ihre Rettung, beteten für die Toten, die dort draußen lagen und noch nicht einmal würdevoll bestattet werden konnten.
    Ein vielstimmiger Entsetzensschrei gellte auf, als in Richtung Illasandria der dortige Gebirgszug, wo sich Veras Gefängnis befunden hatte, mit unwirklichem Getöse in sich zusammenrutschte. Die Insel ebnete sich selbst ein, fiel in sich zusammen.
    Ein Dröhnen wie aus der Unterwelt ließ die verängstigten Menschen in die andere Richtung herumfahren. Der Felssporn zwischen der Mole und Choriogatos geriet in Bewegung. Riesige Felsbrocken lösten sich und stürzten tosend ins Meer. Der Felsrücken wurde wie von Zyklopenfäusten zertrümmert und abgetragen, die Reste rutschten in das aufschäumende Meer. Die dadurch erzeugte Welle tobte sich an dem Bootsschuppen aus und brachte diesen zum Einsturz, der Rest der Welle schlug über die Mole und riss beinahe einige Menschen mit sich.
    Die schöne BARRAKUDA wurde angehoben und aufs Meer hinaus getrieben, wo sie im Dunst und Qualm verschwand.
    Der Blick auf Choriogatos war jetzt größtenteils frei.
    Ein schmerzliches Aufstöhnen ging durch die Reihen der Menschen.
    Der Ort war verschwunden.
    Ein großer Krater, an dessen Rand noch ein paar Ruinen und windschiefe Bäume hingen, war an seine Stelle getreten.
    Ioannis starrte gebannt auf dieses Bild aus seinem Traum. Choriogatos verschwand in einem riesigen Krater.
    Was ironischerweise noch existierte, war das Bauwerk, das von Anfang an schon eine Ruine war, nämlich das Haus vor dem Tempeleingang.
    Halb verfallen wie eh und je stand es noch, wie an den dahinter liegenden Berghang gelehnt. Es lag zu weit außerhalb des ehemaligen Dorfs, als dass es in den vernichtenden Sog des Einsturzkraters gelangt wäre.
     
    Die Menschen auf der Mole wurden Zeugen eines fantastischen Schauspiels.
    Auf dem Hang hinter der Ruine spaltete sich die Erde. Fels- und Erdbrocken rollten den Hang herunter und aus dem Spalt wurde ständig neues Material hochgedrückt, wie aus einem gigantischen Maulwurfshügel.
    Langsam stieg aus dem Erdinneren, heraus aus ihrer unterirdischen Kammer, wo sie die
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