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Das Disney World Komplott

Titel: Das Disney World Komplott
Autoren: Jon Land
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Dauerlauf, bis er schließlich den Rand des Dschungels erreichte – genau in dem Moment, als das Trio der Russen in US-Uniformen aus den Rauchwolken zum Vorschein kam.
    Die Russen, die den verletzten dritten stützten, hatten ihre M-16-Gewehre schußbereit, bevor McCracken die Kinder absetzen und zur Waffe greifen konnte. Doch da riß der Mann in der Mitte mit raubkatzenhafter Geschmeidigkeit, als wäre er unverletzt, dem einen die Waffe aus den Fäusten und stieß den anderen mit einem derart schnellen Hieb beiseite, daß Blaine ihn wegen des Qualms kaum wahrnehmen konnte. Aus der Waffe des zweiten Mannes löste sich ein Schuß, die Kugel streifte schmerzhaft McCrackens linke Braue. Sofort sickerte ihm Blut ins Auge, und während der darauffolgenden Sekunden konnte er nur mit dem rechten Auge flüchtig den Mann sehen, der ihn gerettet hatte: Andrej Marokow. McCracken hatte den stahlharten Blick kurz erwidert, ehe er sich wieder die Kinder griff und mit ihnen in den Wald lief.
    Damals hatte er in die härtesten Augen geblickt, die er je gesehen hatte; jetzt jedoch, eine Generation später, hatten sie alles verloren, hatten sie ihre Entschlossenheit gegen einen Scotch-Schleier ausgetauscht. Falls Augen wirklich Fenster der Seele waren, mußte der Russe auch sie verloren haben. Das Land, dem er sein Leben verschworen hatte, war zerfallen, und Marokow dadurch zur beklagenswertesten Art von Entwurzeltem geworden: ein Mensch, der nicht nur seine Vergangenheit verloren hatte, sondern auch noch seine Zukunft.
    »Etwas wollte ich Sie schon immer mal fragen«, sagte Blaine. »Haben Sie je gemeldet, daß Sie mich gesehen haben?«
    Der Russe ließ das Glas auf der Theke stehen. »Dazu hatte ich keine Lust.«
    »Und Ihre Untergebenen?«
    »Leider haben sie den für unseren Rückzug vereinbarten Treffpunkt nicht lebend erreicht«, antwortete Marokow. Für einen Sekundenbruchteil flimmerte alte Kraft in seinen Augen. »Ich habe mir eine Meldung zurechtgesponnen. Es stand irgendein ungeheuerlicher Unfug drin, und von da an waren Sie bei den Verantwortlichen noch gefürchteter als vorher.«
    »Sicher haben Sie ihnen angekündigt, Sie würden sich unerbittlich an meine Fersen heften.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Weil ich das gleiche getan habe.«
    »Um die Angelegenheit unter uns zu belassen, was, Kumpel?«
    »Unsereins hat auch ohne zusätzliche Anforderungen reichlich zu tun, Andrej.«
    Bei der vertraulichen Verwendung seines Vornamens drehte Marokow den Barhocker in McCrackens Richtung. »Vorhin habe ich noch gehofft, Sie fragen mich etwas anderes, Kumpel.«
    »Sie meinen, warum Sie mich nicht haben erschießen lassen? Ich mußte nicht fragen, weil ich die Antwort kenne. Wäre die Situation umgekehrt gewesen, hätte ich genauso wie Sie gehandelt.«
    »Aus Gründen der Ehre?«
    »Und aus Respekt. Unsere Anstandsregeln machen uns zu dem, was wir sind. Außenstehende können das nicht nachvollziehen und halten uns wahrscheinlich für verrückt, aber es ist eine Tatsache, daß wir noch leben. Nach fünfundzwanzig Jahren Dienst sind wir immer noch am Leben.«
    Marokow schenkte seine Aufmerksamkeit wieder dem Scotch. »Manche mehr, manche weniger.«
    »Sie hatten nie die gleichen Chancen, Andrej.«
    Der Russe drehte sich wieder in Blaines Richtung. »Die Wahrheit ist, daß ich heutzutage gelegentlich sogar Aufträge für die Amerikaner übernehme. Für einen Ihrer vielen Geheimdienste, ich glaube, die CIA, aber ich will nichts gesagt haben. Ich warte hier gerade auf einen Anruf.«
    McCracken knickte einen Strohhalm, mit dem er gespielt hatte. Gedanken durchströmten seinen Kopf wie Fluten einen geborstenen Damm.
    »Ich soll eine Kleinigkeit erledigen«, sagte Marokow, zog ein gefaltetes Foto aus der Tasche. »Ich glaube, Sie kennen diesen Mann.«
    Zerstreut betrachtete Blaine das Foto, registrierte es, aber seine Gedanken waren bei etwas anderem. Ausgerechnet sie beide trafen sich zur selben Zeit im selben Lokal. Beide in Cárdenas. Und beide … warteten sie.
    »Was ist, Kumpel?«
    McCrackens Blick fiel auf den Barkeeper, den Mann, der für etliche Minuten von seinem Arbeitsplatz verschwunden war, nachdem Blaine die Hotelbar betreten hatte. Er unterhielt sich jetzt mit zwei Männern, die ungefähr in der Thekenmitte saßen, gegenüber den Spiegelwänden. Sie waren eben hereingekommen, hatten die Barhocker auf größeren Abstand von der Theke geschoben, um Bewegungsfreiheit zu haben; zweifellos aus dem Foyer geholte Verstärkung,
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