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Das Deutsche als Männersprache

Das Deutsche als Männersprache

Titel: Das Deutsche als Männersprache
Autoren: Luise F. Pusch
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Frauensprache — Sprache der Veränderung. Sehr empfehlen möchte ich auch Fritjof Werners Dissertation (1983) Gesprächsverhalten von Frauen und Männern — eine differenzierte Analyse der komplizierten Mechanismen in Gesprächen, deren wir uns zumeist kaum oder nur ganz vage bewußt werden. — In Kürze erscheint, herausgegeben von Senta Trömel-Plötz, die Aufsatzsammlung Gewalt durch Sprache: Die Vergewaltigung von Frauen in Gesprächen.

* Es ist immer etwas peinlich, witzig gemeinte Formulierungen bemüht zu erklären, aber es ist mir in dieser Sache wichtiger, verstanden zu werden, als Peinlichkeiten zu vermeiden. Also: Der Titel ist ein Versuch, die folgenden einschlägigen Gedanken und Assoziationen in einem griffigen Spruch zusammenzufassen:
    a) Assoziation an Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr. Aufruf an uns Frauen: Stellen wir weiter unsere »unbescheidenen« Forderungen an »das Sprachsystem«. Bescheidenheit gilt als spezifisch weibliche Tugend, doch wie der Spruch zu verstehen gibt, kommen wir damit nicht weit. Der Spruch verletzt, hier um des Reimes willen, kühn die Regeln der deutschen Grammatik. Wir haben noch wichtigere Gründe, uns einengende Regeln nach Bedarf zu ignorieren und neue aufzustellen.
    b) Der Mensch ist ein Fall eines generisch verwendeten maskulinen Nomens — einer der Hauptgegenstände in der Argumentation von Trömel-Plötz und der Kritik von Kalverkämper.
    c) Der Mensch ist ein Gewohnheitstier — auch in »seinem« Umgang mit »der Sprache«. Anspielung auf den Gemeinplatz, daß Sprache auf Konvention beruht. (Vgl. hierzu Lewis 1969.)
    d) Der Mensch ( mask., generisch verwendet, Unterbegriff) mag ein Gewohnheitstier (neutr., Oberbegriff) sein — aber deswegen ist eine Kundin noch lange kein Kunde.
    e)... ein Gewohnheitstier, doch weiter kommt man ohne ihr — nämlich ohne die Gewohnheit. Hier werden (natürlich wieder zu höherem Zwecke!) zwei Grammatikregeln verletzt: Erstens die schon oben unter (a) erwähnte, zweitens die Regel, die es verbietet, sich mit einem anaphorischen Element auf ein Antezedens zu beziehen, das Teil einer »anaphorischen Insel« (»anaphoric island«) im Sinne von Postal 1969 ist. Gewohnheit ist hier Teil der anaphorischen Insel Gewohnheitstier.
    f)... weiter kommt man ohne ihr:
    1. (je nach Geschlecht zynische oder betrübte) Lesart: »Weiter kommt mann ohne frau«
    2. (hoffnungsvolle, kooperative) Lesart: »Weiter kommt man ohne Gewohnheit«. Soll heißen: Frauen und Männer können zufriedener werden, wenn sie frauenignorierende Sprachkonventionen aufdecken und sinnvoll abändern.
    Für Teilnahme, Kritik, Anregungen und Unterstützung im Zusammenhang mit dieser Arbeit ein herzliches Dankeschön an: Traudel Barobier, Hilde und Rolf Fie-guth, Lily von Hartmann, Maria-Theresia Jung, Ursula Klein, Mike Roth, Christine und Christoph Schwarze, Arnim von Stechow, Senta Trömel-Plötz, Maurice Vliegen und Ursula Zumbühl.

5 Die Archilexeme zerfallen, grob geordnet, in zwei Gruppen:
    a) solche mit femininem Pendant auf -in : KUNDE/Kundin, UNTERNEHMER/Unternehmerin, etc.
    b) solche, die aus Adjektiven und Partizipien abgeleitet sind und bei denen die Unterscheidung zwischen Maskulinum und Femininum im
    Plural morphologisch neutralisiert ist: DER/die Gefangene, Betreffende, Kranke, Jugendliche, etc.
    Die mask. Archilexeme sind neben den Pronomina nur ein Teilaspekt des Gesamtproblems »Wie wird im Deutschen auf Frauen referiert ?« Ein anderer Teilaspekt sind die mask. Personenbezeichnungen ohne feminines Pendant: Mensch, Gast, Passagier, Lehrling, Zwilling, Flüchtling, Säugling, etc., von denen es heißt, sie referierten auf Personen beiderlei Geschlechts.
    Für diese Gruppen und Untergruppen sowie weitere Gruppen müssen im Rahmen einer feministischen Liguistik unterschiedliche Paraphrasierungsvorschläge entwickelt werden, desgleichen für je verschiedene Mitglieder einzelner Gruppen, je nach ihrer Semantik, Verwendung und Verwendungshäufigkeit.

9 Bei seiner letzten Attacke ( Kalverkämper gönnerhaft belehrend: »Mit diesem propädeutischen Wissen ausgerüstet, ergibt sich ein adäquater Zugang...«(65)), die ebenso wie die vorigen danebengeht, zitiert er als Kronzeugen Harweg. Ich gestehe freimütig, daß ich jenes Buch von Harweg nicht gelesen habe. Meine erste und letzte Harweg- Lektüre war ein Aufsatz von 1973, in dem mit Hilfe der Linguistik erstaunliche Erkenntnisse erarbeitet werden. Gegenstand der Betrachtung
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