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Das Crusenriff

Das Crusenriff

Titel: Das Crusenriff
Autoren: Hubert Haensel
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Gesichter mit dem groben Tuch ihrer Umhänge dürftig geschützt, kauerten die beiden Rohnen am Boden. Wie Hagel prasselte es auf sie herab.

3.
    Die Wolke war von schwefligem Gelb, und alles verschlingender, dichter Nebel eilte ihr voran. Ioban und die Jäger waren unfähig, sich abzuwenden. Sie fröstelten bei dem Anblick, der sich ihnen bot.
    Langsam sank das Brodeln und Wallen aus der Höhe herab. Wo immer es das Riff berührte, blieben bleiche, verwelkte Pflanzen zurück. Selbst große Tiere flohen vor dieser Erscheinung.
    Unheimliche, verzerrte Töne hallten durch die Schluchten. Sie klangen wie das Klirren von Waffen, hin und wieder unterbrochen von unmenschlichen Schreien.
    Noch waren die Ausläufer der Nebelbank gut zehnmal hundert Mannslängen entfernt, aber schon wurde ihr eisiger Atem spürbar. Die Grusen schlossen sich. Selbst jene, deren Fangarme Beute ergriffen hatten, zogen sich zurück.
    Yurkas schreckte als erster aus der seltsamen Starre auf, die ihn in ihren Bann zu ziehen drohte. Etwas Dämonisches ging von der sich nähernden Wolke aus.
    Plötzlich zuckte er zusammen, riß sein Schwert aus der Scheide. Ein Stöhnen drang über seine Lippen, als er wortlos in die Höhe deutete.
    Hoch über ihren Köpfen, vielleicht zweihundert Mannslängen entfernt, hatte sich eine Blase aus Schwerer Luft gebildet, die nur zögernd absackte. Erscheinungen wie diese waren keine Seltenheit. Verursacht durch die unterschiedlichen Strömungsverhältnisse, kam es immer wieder zu ähnlichen Ausbildungen.
    Diese Blase aber wirkte wie ein ins Riesenhafte vergrößernder Zerrspiegel. Eine grauenerregende Fratze starrte zu den Jägern herab, schien sie mit ihren kleinen, tückisch funkelnden Augen förmlich durchbohren zu wollen. Nicht nur die fliehende Stirn und die weit vorgewölbten Brauenwülste, auch die flache, plattgedrückt wirkende Nase und der vorspringende Kiefer verliehen dem Gesicht einen tierischen Ausdruck. Aus den Schläfen wuchsen zwei spitze, nach vorn gedrehte Hörner, und als dieses Wesen den Rachen öffnete, wurde ein furchteinflößendes Raubtiergebiß sichtbar.
    »Shrouks!« stieß Ioban ungläubig hervor.
    So lange er zurückdenken konnte, hatten sich nur selten Dämonenkrieger in das Crusenriff verirrt – und dann waren sie wieder abgezogen, ohne ihre kämpferischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Diesmal aber schien das anders.
    Unaufhaltsam kroch der Nebel näher. Was immer sich in dem düsteren Brodem verbarg, es konnte zur tödlichen Gefahr für die Riffbewohner werden.
    »Wir müssen die anderen warnen.« Wie prüfend glitt Yurkas Linke über die Schneide seines Schwertes.
    Der Nebel, der mittlerweile schon die halbe Seitenschlucht ausfüllte, schickte sich an, die Felswände emporzusteigen. Zusammen mit Ioban erreichten die beiden Jäger einen schmalen Saumpfad, auf dem sie rasch bis zu den ersten Crusenansammlungen gelangen konnten.
    Auf halbem Weg erstarrte der Alte, weil er über sich schweren Flügelschlag vernahm. Fast schon zum Greifen nahe zog ein Rochen seine Bahn. Das Tier war groß genug, um einen Menschen mit einem einzigen Biß zu töten. Auch die Jäger waren stehengeblieben; ob sie wirklich auf die Waffen in ihren Fäusten vertrauten, wußte der Weise nicht. Sie hatten kaum Platz zum Kämpfen, und ein einziger Fehltritt würde ausreichen, sie zur wehrlosen Beute zu machen.
    Aber der Rochen beachtete sie nicht. Mit wellenförmigen Bewegungen seiner Schwingen glitt er allmählich tiefer.
    Schon wollte Ioban weitergehen, als einer der Jäger ihn zurückhielt und zum Grund der Schlucht hinab deutete.
    »Das sollten wir uns nicht entgehen lassen. Sieht so aus, als würde der Rochen die Shrouks angreifen.«
    Er sollte recht behalten.
    Unvermittelt stieß das Tier in den Nebel vor; als es Augenblicke später wieder zum Vorschein kam, zappelte ein Shrouk in seinen erbarmungslosen Fängen. Mit bloßen Händen, mit ihren Zähnen und den Hörnern setzte die dämonische Kreatur sich zur Wehr. Es war ein stummer Zweikampf, der sich da abspielte. Dem Rochen gelang es nicht, an Höhe zu gewinnen.
    Schließlich tauchten beide in die Ausläufer der brodelnden Wolke ein.
    Die herrschende Stille war bedrückend. Ioban fühlte, daß eine eisige Klammer sich um sein Herz schloß. Kurz und hastig ging sein Atem, die Kälte steckte in ihm wie etwas ungeheuer Fremdartiges.
    Da war der Rochen wieder, aber seine Bewegungen wirkten unkontrolliert. Taumelnd prallte er gegen den Fels, versuchte
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