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Das Buch der Schatten: Roman (German Edition)

Das Buch der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Das Buch der Schatten: Roman (German Edition)
Autoren: Aaron E Lony
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Spiegel gegenüber. Über ihre Schulter hinweg warf Cloud einen flüchtigen Blick in das reflektierende Glas. Wie ein brennendes Eisen, das ihm in den Leib gestoßen wurde, fuhr es ihm in den Magen. Von Meni war in dem Spiegel nichts zu sehen. Entsetzt stieß er sie von sich. Dabei riß er ihr den Schal vom Hals. Quer über ihren Kehlkopf konnte Cloud deutlich eine tiefe eingeschnittene Narbe erkennen. Plötzlich begann sich auf Menis Stirn dieses Zeichen zu bilden, das er vergangene Nacht schon einmal bei ihr gesehen hatte.
    „Nein“, entfuhr es Cloud. Meni streckte ihm ihre Hand entgegen.
    „Jerajisa“, flüsterte sie. „Komm mit mir, mein Liebling. Deine Kinder warten dort auf dich.“
    „NEIN!“ brüllte Cloud aus vollem Hals. Blitzschnell wandte er sich ab und rannte in die Küche. Meni folgte ihm. Das Zeichen auf ihrer Stirn begann zu leuchten. Cloud machte sich an einer Schublade zu schaffen, als sie die Küche betrat.
    „Jerajisa, Cloud“, vernahm er hinter sich ihre Stimme. „Du kannst das Paradies nur über Jerajisa erreichen.“
    Schlagartig drehte Cloud sich um. In seiner Hand hielt er das Springmesser, das ihm schon so viele Dienste erwiesen hatte. Meni kam direkt auf ihn zugeschritten.
    „MENI“, schrie er sie an. „DU BIST TOT MENI! ICH –.“ Mit beiden Händen packte er das Messer, holte aus – und stach zu. Blut spritzte aus seiner Kehle. Wankend stolperte er auf sie zu. Cloud hatte sich selbst die Klinge in den Hals gerammt. Mit aufgerissenen Augen starrte er auf seine Frau, die ihm immer noch ihre Hand entgegenstreckte.

5. Kapitel
    Schicksal und Ewigkeit
    Dunkelheit, die das Unbekannte in sich zu verschlingen droht. Finsternis, die das Licht Gottes zu verdrängen trachtet. Hilflosigkeit, die sich über die Menschheit legt, um sie für ewig untertan zu machen.
    Lau legt sich der sanfte Strahl des bläulichen Lichtes nieder, erfaßt das unsichtbare Band, um es mit einem Ruck zu durchtrennen. Langsam löst sich das innere Wesen von dem Körper, der mehr und mehr in Starrheit gerät. Schwebend entfernt sich das innere Wesen von seinem irdischen Körper, blickt nicht zurück, hinterläßt keine Spur, bis auf den Leichnam, der blutüberströmt am Boden liegt. Schwebend fährt es gen Himmel, direkt in das bläuliche Licht, das wie eine Öffnung gewaltig darüber ragt. Es fährt darin hinein, ohne einen Laut von sich zu geben, ohne sich um das nun Zurückgelassene zu kümmern. Plötzlich, ein Blitz durchzuckt den Tunnel, der den Weg in die ewige Freiheit verbindet. Haarscharf an dem Wesen vorbei folgt ein zweiter. Stimmen machen sich laut bemerkbar. Stimmen aus der Vergangenheit. Sie reden, sie schreien, sie jammern. Sie klagen an, ihn, für schuldig gesprochen am Schicksal der verlassenen Erde, dem Werk Gottes, das nun regiert ein anderer, ein Tier, im Finsteren, in der Nacht.
    Das Wesen, es versucht sich zu verschließen, sich der Anklage zu entziehen – vergebens! Die Stimmen, die Schreie, das Jammern, es ist, als würden sie alle in ihm stecken. In ihm, der vergebens hat versucht, die Wahrheit von sich zu lügen. Nun steht er vor einem Gericht, das ihn bezichtigt, ihn verurteilt. Das Gericht Jerajisa! Nur wenige bestehen diese Prüfung. Sie ist entscheidend über die Zukunft der ewigen Existenz, der Wiederkehr zurück in das bescheidene Leben. Jerajisa, die Macht des blauen Lichtes, gerecht bis in das kleinste Detail.
    Unendlich scheint der Tunnel zu sein. Unaufhaltsam zucken Blitze nieder und nieder. Unaufhörlich klagen die Stimmen.
    Mit einem Male wird es still. Unheimlich still. Schlagartig verklingen die Stimmen von einem Moment auf den anderen. Etwas befindet sich vor dem Wesen. In greifbarer Nähe, und doch sehr, sehr weit entfernt.
    Der Wächter des goldenen Tores, das versperrt den Einlaß in den göttlichen Saal, in das Jerajisa, den Ort der Verkündung. Langsam nähert es sich dem Tor, das ihm versperrt den Weg. Es beginnt sich zu öffnen, ihm Einlaß zu gewähren. Es tritt ein. Blicke beginnen ihn zu mustern, ihn förmlich zu durchbohren. Tausende von Blicken. Er spürt sie, jeden einzelnen, der ihn prüft, ihn abschätzt, ihn beurteilt. Auf einmal empfindet er die Nähe eines anderen Wesens, das ihm auf der Erde sehr, sehr nahe stand. Es versucht sich ihm zu nähern, scheint jedoch durch etwas festgehalten zu werden. Es ruft ihm etwas zu, jedoch kann er es nicht verstehen.
    Jerajisa, der Saal der Verkündung. Gelassen wartet es, was nun geschehen wird. Gelassen mustert es
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