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Das Buch der Schatten - Böse Mächte: Band 6 (German Edition)

Das Buch der Schatten - Böse Mächte: Band 6 (German Edition)

Titel: Das Buch der Schatten - Böse Mächte: Band 6 (German Edition)
Autoren: Cate Tiernan
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ist klebrig und steif vom Salz. Zwei Stunden habe ich in dem reinigenden Bad gelegen, in das ich ganze Hände voll Meersalz getan habe, umgeben von Kristallen und Salbeikerzen. Doch auch wenn ich meinen Körper von der negativen Energie reinigen kann, will es mir nicht gelingen, die Bilder aus meinem Kopf zu löschen.
    Letzte Nacht habe ich meinen ersten taibhs gesehen und allein bei dem Gedanken daran fange ich an zu zittern. Jedem Catspaw - Kind wurde natürlich davon erzählt, man hat Gruselgeschichten über böse taibhs gehört, die die Seelen der Wicca - Kinder stehlen, wenn sie ihren Eltern und Lehrern nicht gehorchten. Ich hätte nie gedacht, dass es sie wirklich gibt. Ich dachte wohl, das wären nur Überbleibsel aus dem finsteren Mittelalter– genau wie Hexen, die auf Besen reiten, schwarze Katzen, Warzen auf der Nase– und hätte mit uns heute nichts zu tun.
    Doch Turneval hat mich letzte Nacht eines Besseren belehrt. Ich hatte mich sehr sorgfältig für den Ritus gekleidet, ich wollte hexiger, schöner und mächtiger sein als sämtliche anderen Frauen dort. Sie hatten mir etwas Besonderes versprochen, etwas, was ich nach monatelangem Üben und Lernen verdient hatte. Etwas, was ich durchmachen musste, bevor ich Turneval als vollwertiges Mitglied beitreten konnte.
    Wenn ich jetzt daran zurückdenke, schäme ich mich, wie naiv ich war. Selbstsicher in meiner Schönheit, meiner Kraft und Rücksichtslosigkeit schritt ich hinein, um am Ende des Abends feststellen zu müssen, dass ich schwach war, ungebildet und des Angebots von Turneval nicht würdig.
    Was passiert ist, war nicht meine Schuld. Ich war nur Zeugin. Diejenigen, die den Ritus geleitet haben, haben Fehler gemacht bei den Begrenzungen, beim Formulieren der magischen Sprüche, beim Ziehen der Schutzkreise– es war das erste Mal, dass Timothy Cornell einen taibhs herbeigerufen hat, und er hat es schlecht gemacht. Und es hat ihn umgebracht.
    Ein taibhs! Ich kann es immer noch nicht fassen. Es war ein Wesen und doch kein Wesen, ein Geist und doch kein Geist: eine dunkle Ansammlung von Macht und Hunger mit einem menschlichen Gesicht und Händen und der Gier eines Dämons. Ich stand dort im Kreis, erpicht und voller Vorfreude, und plötzlich wurde es eisigkalt im Raum, als hätte sich der Nordwind zu uns gesellt. Zitternd schaute ich mich um und sah, dass die anderen die Köpfe gesenkt und die Augen geschlossen hatten. Dann sah ich es, sah, wie es in der Ecke Gestalt annahm. Es war wie ein Mini - Tornado, Dampf und Rauch stiegen auf und wirbelten siedend umeinander und verdichteten sich. Es sollte nichts tun, wir wollten es bloß aus Übungszwecken anrufen. Doch Timothy hatte es falsch gemacht, und es durchbrach unseren Schutzkreis und wandte sich gegen ihn, und keiner von uns konnte etwas tun.
    Der Tod durch einen taibhs ist schrecklich mit anzusehen, und jedes Mal, wenn ich daran denke, wird mir übel. Am liebsten würde ich alles vergessen: Tims Schreie, wie die Seele aus seinem Leib gerissen wurde. Allein bei dem Gedanken daran zittere ich jetzt noch. Dieser Dummkopf! Er war es nicht wert, die Macht auszuüben, die ihm dargeboten wurde.
    Zum ersten Mal begreife ich, warum meine Eltern– verhalten und langweilig, wie sie waren– die Art von sanfter Magie wählten, die sie wirkten. Sie hätten die dunklen Mächte nicht kontrollieren können, so wenig, wie ein Kind eine Flut aufhalten kann, indem es einen Lumpen in einen Graben stopft.
    Jetzt habe ich mich auf dem Bett eingerollt, meine nassen Haare fließen mir über den Rücken wie Regen, und ich frage mich, welchen Weg ich wählen werde: den sicheren, freundlichen, langweiligen Weg meiner Eltern oder den Weg von Turneval, mit seiner Macht und seinem Bösen, die miteinander verwoben sind wie ein Strick. Welcher Weg birgt für mich den größeren Schrecken?
    – SB
    » Mach mal ein Fenster auf. Von dem Gestank wird mir übel«, beschwerte Mary K. sich.
    Ich legte den Farbroller zur Seite und riss eins der beiden Schlafzimmerfenster auf. Augenblicklich wehte ein eisiger Wind herein und vertrieb den sauren, chemischen Geruch der Wandfarbe. Ich trat zurück, um zu bewundern, was meine Schwester und ich bereits geschafft hatten. Zwei Wände meines Zimmers waren schon in einem hellen Milchkaffeeton gestrichen. An den anderen beiden Wänden waren noch die kindischen rosafarbenen Streifen, die mir schon lange nicht mehr gefielen. Ich grinste, denn ich fand die neue Farbe toll. Ich veränderte mich, und mein
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