Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Buch der Schatten 1 - Verwandlung

Das Buch der Schatten 1 - Verwandlung

Titel: Das Buch der Schatten 1 - Verwandlung
Autoren: Tiernan Cate
Vom Netzwerk:
der andere angenehm kühl. Von Zeit zu Zeit trieb Cals Stimme wie die Nachtluft an mir vorbei.
    »Ich bin froh, dass ihr alle heute Abend gekommen seid«, sagte Cal, trat näher und kniete sich neben mich. Er sprach so laut, dass ihn alle hören konnten. »Meine Mutter kannte hier schon Leute, bevor wir hergezogen sind, also hat sie bereits einen Haufen Freunde, aber ich dachte, ich müsste Mabon allein feiern.«
    Bree lächelte und beugte sich vor. »Was ist Mabon?«
    »Heute Nacht ist Mabon«, sagte Cal. »Es ist eines der Wicca-Jahreskreisfeste. Ein ziemlich wichtiger Tag, wenn man Wicca praktiziert. Er markiert die herbstliche Tagundnachtgleiche.«
    In diesem Augenblick hätte man hören können, wie eine Stecknadel zu Boden fiel. Wir sahen ihn alle an, sein Gesicht golden und flammenfarben, wie eine Maske. Niemand sagte etwas.
    Cal schien sich unserer Überraschung bewusst zu sein, doch er wirkte nicht verlegen oder befangen. Nein, er fuhr unbeirrt fort. »Normalerweise macht man an Mabon einen besonderen Kreis«, erklärte er und biss geräuschvoll in einen Apfel. »Man dankt für die Ernte. Und nach Mabon fängt man an, sich auf Samhain zu freuen.«
    »Sowen?«, fragte Jenna Ruiz leise.

    »S-a-m-h-a-i-n«, buchstabierte er. »Man spricht es Sow-en aus. Es ist unser wichtigstes Jahreskreisfest, das Neujahrsfest der Hexen am 31. Oktober. Die meisten Leute nennen es Halloween.«
    Schweigen, durchbrochen nur vom Knistern der brennenden Scheite.
    Chris war der Erste, der das Wort ergriff. »Wie, was, Mann?«, fragte er mit einem nervösen Lachen. »Du meinst, du bist eine Hexe?«
    »Ähm, ja, das bin ich. Ich praktiziere eine Form von Wicca«, antwortete Cal.
    »Ist das nicht so was wie Teufelsanbetung?«, fragte Alessandra und zog die Nase kraus.
    »Nein, nein. Überhaupt nicht«, antwortete Cal auf eine Art, die kein bisschen defensiv war. »Bei Wicca gibt es keinen Teufel. Es ist so ungefähr die zahmste und ganzheitlichste Religion, die es gibt, ehrlich. Es geht allein darum, die Natur zu feiern.«
    Alessandra wirkte skeptisch.
    »Na, wie auch immer, ich hatte gehofft, ein paar Leute zu finden, die heute Nacht mit mir einen Kreis machen.«
    Schweigen.
    Cal sah sich um, nahm die Überraschung und das Unbehagen in fast allen Gesichtern in sich auf, zeigte jedoch keine Spur von Bedauern. »Also, das ist keine große Sache. Wenn ihr einmal an einem Kreisritual
teilnehmt, seid ihr nicht gleich Wiccaner. Es bedeutet nicht, dass ihr euch gegen eure Religion stellt oder so. Wenn ihr keine Lust dazu habt, kein Problem. Ich dachte nur, einige würden es vielleicht cool finden.«
    Ich sah Tamara an. Ihre dunkelbraunen Augen waren weit aufgerissen. Bree wandte sich mir zu, und wir tauschten einen Blick aus, der quasi ein ganzes Gespräch mit unzähligem Hin und Her ersetzte. Ja, wir waren beide überrascht und ein wenig skeptisch, aber wir waren auch beide fasziniert. Brees Blick sagte mir, dass sie interessiert war, dass sie mehr erfahren wollte. Und mir ging es genauso.
    »Was meinst du mit einem Kreisritual?« Es dauerte einige Sekunden, bis mir klar wurde, dass ich das gesagt hatte.
    »Wir stellen uns alle im Kreis auf«, erklärte Cal, »fassen uns an den Händen und danken Göttin und Gott für die Ernte. Wir feiern die Fruchtbarkeit von Frühling und Sommer und freuen uns auf die Kargheit des Winters. Und dabei gehen wir im Kreis.«
    »Du machst Witze«, sagte Todd Ellsworth und trank einen Schluck Bier.
    Cal sah ihn ruhig an. »Nein, tue ich nicht. Aber wenn du keine Lust hast, ist das okay.«
    »Mann, er meint es echt ernst«, sagte Chris zu niemand Speziellem.
    Bree schüttelte behutsam seinen Arm von ihrer
Schulter und er bedachte sie mit einem finsteren Blick.
    »Wie auch immer«, sagte Cal und stand auf. »Es ist bald zehn. Wer bleiben will, ist willkommen, aber ihr könnt auch gehen. Jedenfalls vielen Dank, dass ihr gekommen seid.«
    Raven stand auf und ging zu Cal, ihre dunklen, dick umrandeten Augen auf die seinen gerichtet. »Ich bleibe.« Sie wandte uns Übrigen einen verächtlichen Blick zu, als wollte sie sagen: »Ihr Wichser.«
    »Ich glaube, ich gehe nach Hause«, flüsterte Tamara mir zu und stand auf.
    »Ich bleibe noch ein bisschen«, sagte ich leise, und sie nickte, winkte Cal zum Abschied und ging.
    »Ich hau hier ab«, sagte Chris laut und warf seine Bierflasche in den Wald. Er stand auf. »Bree? Gehen wir.«
    »Ich bin mit Morgan hergekommen«, versetzte Bree und rückte näher an mich heran.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher