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Das Buch der Schatten 1 - Verwandlung

Das Buch der Schatten 1 - Verwandlung

Titel: Das Buch der Schatten 1 - Verwandlung
Autoren: Tiernan Cate
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Minuten fort und schlug die Augen auf. Entweder hatte er nichts gemerkt oder er ignorierte Todd und Suzanne mit Absicht. »Jetzt singen wir ein Verbannungslied und wir bewegen uns dazu gegen den Uhrzeigersinn.«
    Cals Hand zog mich sanft nach rechts und zwei Sekunden später machten wir alle die Wicca-Version von Ringel-Ringel-Reihe. Cal sang, immer wieder dieselben Worte, sodass wir sie bald lernten und in seinen Gesang einfallen konnten:
    »Gesegnet sei die Mutter aller Dinge,
die Göttin des Lebens.
Gesegnet sei der Vater aller Dinge,
der Gott des Lebens.
Dank für alles, was wir haben.
Dank für unser neues Leben.
Gesegnet sei.«
    Nach ein paar Minuten kam es mir gar nicht mehr so komisch vor, und bald fühlte ich mich seltsam belebt, lief im Kreis und hielt unter dem Mond Händchen. Bree sah so glücklich und lebendig aus, dass ich nicht anders konnte, als ihr zuzulächeln.
    Eine Weile später – es hätten zwei Minuten oder eine halbe Stunde sein könnten – merkte ich, dass mir leicht schwindlig wurde. Ich gehörte zu den Leuten,
die niemals mit einem Karussell oder mit der Achterbahn fahren oder aufs Teufelsrad oder etwas anderes, das sich im Kreis dreht, steigen konnten. Das hatte was mit dem Innenohr zu tun, aber das Entscheidende war, dass ich mich dann meist übergeben musste. Ich fühlte mich auch jetzt ein wenig merkwürdig, aber ich hatte das Gefühl, nicht aufhören zu können.
    Gerade als ich mich fragte, was wir wohl verbannen würden, sagte Cal: »Raven? Was würdest du gern loswerden, wenn du könntest? Was verbannst du?«
    Raven lächelte, und einen Augenblick lang sah sie fast hübsch aus, wie ein ganz normales Mädchen. »Ich verbanne alle Kleingeister!«, rief sie fröhlich.
    »Jenna?«, fragte Cal, während wir uns weiter im Kreis bewegten.
    »Ich verbanne Hass«, sagte Jenna nach einer Pause.
    Sie schaute zu Matt. »Ich verbanne Eifersucht und Neid«, sagte er.
    Cal und Bree fest an der Hand haltend, bewegte ich mich im Kreis um das Feuer, halb lief ich, halb tanzte ich, gleichzeitig geschoben und gezogen. Ich kam mir vor wie ein winziges Seifenstückchen am Boden einer auslaufenden Badewanne, das immer schneller im Kreis wirbelte, in den Strudel hineingesogen wurde, außer Kontrolle geriet. Doch ich wurde nicht in den Ausfluss gesogen. Stattdessen stieg ich durch den Wasserkreis auf, bis an die Oberfläche, wo die Zentrifugalkraft
mich hielt. Mir war schwindlig, und ich war seltsam glücklich.
    »Ich verbanne allen Groll«, rief Robbie.
    »Ich verbanne, ähm, die Schule«, sagte Todd.
    Was für ein Idiot, dachte ich.
    »Ich verbanne karierte Golfhosen!«, warf Alessandra ein, und Suzanne kicherte.
    »Ich verbanne fettfreie Hotdogs«, steuerte Suzanne bei. Ich spürte, wie sich Cals Hand etwas fester um meine schloss.
    »Ich verbanne Dummheit«, fuhr Sharon zu meiner Überraschung fort.
    »Ich verbanne meine Stiefmutter!«, rief Ethan und lachte.
    »Ich verbanne Machtlosigkeit«, rief Beth.
    Neben mir rief Bree: »Ich verbanne Angst!«
    Bin ich dran?, fragte ich mich benommen.
    Cal drückte fest meine Hand. Wovor hatte ich Angst? Just in diesem Augenblick konnte ich mich auf keine meiner Ängste besinnen. Klar, ich fürchtete mich vor allem Möglichen – verpatzte Klausuren, in der Öffentlichkeit den Mund aufzumachen, dass meine Eltern starben, in der Schule meine Tage zu kriegen, wenn ich etwas Weißes trug –, aber ich wusste einfach nicht, wie ich diese Ängste formulieren sollte, damit sie in unseren Verbannungskreis passten.
    »Ähm«, sagte ich.

    »Na los!«, rief Raven, ihre Stimme wehte fort, verloren in dem wirbelnden Kreis.
    »Na los«, meinte Bree, die dunklen Augen auf mich gerichtet.
    »Na los«, flüsterte Cal, als lockte er mich an einen geheimen Ort, an dem ich mit ihm allein war.
    »Ich verbanne Grenzen!«, platzte ich heraus, unsicher, wo die Worte herkamen und warum sie sich richtig anfühlten.
    Da geschah es. Wie aufs Stichwort lösten wir die Hände und warfen sie hoch in die Luft, blieben stehen, wo wir gerade standen. Im nächsten Augenblick spürte ich einen stechenden Schmerz in der Brust, als würde mir buchstäblich die Haut aufgerissen. Ich keuchte, fasste mir an die Brust und taumelte.
    »Was ist mit ihr?«, hörte ich Raven fragen, als ich auf die Knie sank, die Hände fest auf die Brust gepresst. Mir war schwindlig und übel und das Ganze war mir unglaublich peinlich.
    »Zu viel Bier«, meinte Todd.
    Bree berührte mich an der Schulter. Ich atmete tief
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