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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions
Autoren: Massimo Marcotullio
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dem sanften Windhauch und das Knirschen des Kieses unter den Stiefelsohlen begleiteten die leisen Bewegungen der drei maskierten Gestalten. Hin und wieder trug der Wind ein paar Töne der fernen Musik herüber. Der Mond war gerade aufgegangen und hing weiß schimmernd über dem Horizont. Sein blasses Licht warf lange Schatten auf die Pfade und Lichtungen und verwandelte eine Parklandschaft, die bei Tag von idyllischer Schönheit war, in eine düstere, fast schaurige Umgebung.
    Die Rufe der Nachtvögel waren eine passende Untermalung für diesen letzten Akt des finsteren Schauspiels, an dessen Ende, anders als im Theater, die Besiegten sich nicht von den Bühnenbrettern erheben würden, um den Applaus der Zuschauer entgegenzunehmen.
    K apitel lxx
    Die beiden Verfolger und der Verfolgte drangen in eine Gegend vor, wo der ordentlich angelegte und sorgfältig gepflegte Park die wildere Gestalt eines echten, naturbelassenen Waldes annahm.
    Hier machten die Zypressen, die Weiden und Buchsbaumhecken dicht belaubten Eichen Platz, deren riesenhafte Schirme große, dunkle Schattenflächen schufen. Nur hier und da gab es schmale Lichtungen, auf denen das geisterhafte Mondlicht kleine, von Moos und Flechten bedeckte Brunnen und zerbrochene Statuen beschien. Von der Schaufel irgendeines Antiquitätenhändlers aus ihrer jahrtausendealten Ruhestatt ausgegraben, waren sie sogleich wieder der Vergessenheit dieser grünen Alkoven anheimgegeben worden.
    De Simara und der Maler hielten etwa zwanzig Schritt Abstand zu dem Flüchtigen und warteten darauf, dass er sich zum Kampf stellte.
    Anfangs waren sie noch vereinzelten Liebespaaren begegnet, die sich ungeachtet des Festes an einsame Stellen zurückgezogen hatten, um weniger vergängliche Freuden zu genießen. Je weiter sie jedoch in die dunklen Randgebiete des Parks eindrangen, desto seltener trafen sie auf andere Menschen.
    Der Skorpion legte ein zügiges Tempo vor, schien aber seine Beschatter nicht abhängen zu wollen und genau zu wissen, wohin er ging. Auf einmal verschwand seine durch das Kostüm plump wirkende Silhouette blitzschnell in einem dicht bewachsenen Hain.
    »Jetzt geht’s los!«, rief de Simara. »Der Skorpion hat seinen Köder ausgeworfen, und wir müssen anbeißen. Folgt ihm, Maestro Sacchi, ich werde um die Baumgruppe herumgehen. Versuchen wir, ihm jeden Fluchtweg abzuschneiden.« Der Bischof lief auf die rechte Seite des Wäldchens zu.
    Dem Maler blieb nichts anderes übrig, als zu gehorchen, und mit einem flauen Gefühl im Magen nahm er die Verfolgung auf.
    Die Vegetation wucherte hier ungezähmt, sodass sein Lauf bald gebremst wurde und er sich mühselig durch ein Gewirr von Kletterpflanzen hindurchkämpfen musste, das die nahe beieinanderstehenden Bäume in unauflösliche Fesseln geschlagen zu haben schien. Fulminacci fürchtete schon, die Spur des Feindes in diesem Dickicht zu verlieren, doch der Skorpion hatte andere Pläne, denn plötzlich löste sich der Urwald aus Schmarotzerpflanzen und verkrüppelten Stämmen auf und gewährte dem keuchenden Verfolger Zugang zu einer kleinen, grasbewachsenen Lichtung.
    Mitten auf dieser Ebene wartete die im Mondlicht bläulich schimmernde Gestalt des Mörders mit gezücktem Schwert auf ihn.
    Fulminacci blieb stehen, zog, nicht ohne eine gewisse Verlegenheit, den geliehenen Degen aus der Scheide und riss sich zugleich die Maske vom Gesicht.
    In dem opalisierenden Halbdunkel schien es ihm, als lächelte der Skorpion zufrieden.
    Er ließ ihm keine Zeit für ein Vorgeplänkel. Kaum hatte Fulminacci die Ausgangsstellung eingenommen, ging der Skorpion zum Angriff über.
    Die ersten Hiebe hagelten mit geradezu übermenschlicher Geschwindigkeit und Kraft auf die Klinge des Malers herab, und nur ein günstiges Schicksal rettete ihn vor dieser vehementen Attacke. Dem Skorpion stand nicht der Sinn nach Spielchen an diesem Abend. Er hatte offensichtlich vor, sich des einen Gegners schnellstmöglich zu entledigen, damit er den Rücken freihatte, um es dann mit dem zweiten aufzunehmen.
    Nachdem Fulminacci dem ersten Ansturm standgehalten hatte, bemühte er sich um eine saubere Deckung, damit er dem Mörder besser die Stirn bieten konnte.
    Dieser Taktikwechsel zeigte jedoch nicht die erhoffte Wirkung. Im Gegenteil, der Skorpion attackierte noch schneller, so dass der Maler, um sich vor den von allen Seiten kommenden Hieben und Ausfällen in Sicherheit zu bringen, immer weiter zurückwich und bald mit dem Rücken zu dem
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