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Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)

Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)

Titel: Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)
Autoren: Randy Susan Meyers
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doch mal, was das bedeuten würde«, flehte er sie an.
    Händeringend saß sie da und betrachtete die rissige Haut an ihrem Daumen. Die Schwangerschaft hatte bereits angefangen, ihren Körper zu verändern. Ihre Haut trocknete aus, und sie musste zweimal stündlich aufs Klo rennen.
    Nathan legte ihr einen Arm um die Schulter. »Wenn Frauen schwanger werden, sehen sie plötzlich alles durch eine rosa Brille«, sagte er. »Du glaubst, wenn ich das Kind erst mal gesehen habe, werde ich von väterlicher Liebe überwältigt sein und es mir anders überlegen. Aber das kann ich nicht. Ich werde meine Familie nicht verlassen. Das habe ich doch von Anfang an klargestellt, oder?«
    O Gott. Er weinte.
    Seine Familie.
    Sie hatte gedacht, sie würde mit ihm eine Familie gründen.
    Wie hatte sie nur so naiv und dumm sein können?
    Schließlich fand sie ihre Sprache wieder. »Ich kann das nicht, Nathan. Was du von mir verlangst – das kann ich nicht.«
    Nathan richtete sich auf. »Es tut mir leid, aber wir können unmöglich zusammenkommen. Bitte, Tia. Lass es wegmachen. Es ist das Beste für uns beide. Glaub mir.«
    Als sie im sechsten Monat war, hatte sich das Unwohlsein für sie zum Normalzustand entwickelt. War sie früher so mager gewesen, dass man ihr Milkshakes aufgedrängt hatte, schleppte sie sich jetzt mühsam durch die Gegend. Sie stopfte sich ein Kissen in den Rücken, als sie sich aufs Sofa setzte und sich mit ihrer Post beschäftigte: Bittbriefe, Fotos und Lebensgeschichten von Paaren, die liebend gern ihr Kind nehmen würden.
    Sie hatte sich geweigert, »es wegmachen zu lassen«, wie Nathan es von ihr verlangt hatte. Die Nonnen von St. Peter und ihre Mutter hatten ganze Arbeit geleistet. Aus Angst vor übergroßen Schuldgefühlen brachte sie es nicht über sich, ihre Schwangerschaft abzubrechen. Für den Tod des Kindes wollte sie nicht verantwortlich sein, aber auch nicht für sein Leben. Und so stand sie jetzt im sechsten Monat vor der Aufgabe, eine Mutter und einen Vater für ihr Kind auszusuchen.
    Zu entscheiden, welche die richtigen Adoptiveltern für ihr Kind waren, erwies sich als schier unmöglich. Tia arbeitete sich durch Hunderte von Briefen von Männern und Frauen, die unbedingt das Kind haben wollten, das in ihrem Bauch wuchs. Sie sah so viele potenzielle Mütter und Väter vor sich, dass sie irgendwann nicht mehr wusste, wer die Bibliothekarin aus Fall River war und welches Paar sie an ihre furchteinflößenden Sonntagsschullehrer erinnerte. Sie alle sprachen von Liebe und Fürsorglichkeit, von Gärten so groß wie Minnesota und dermaleinst einem Studium an einer Elite-Universität.
    Nach drei Tassen süßem Pfefferminztee, der sie bei jedem Schluck daran erinnerte, wie sehr sie ihren Kaffee vermisste, hatte Tia drei Paare ausgesucht, die infrage kamen. Sie sah sich ihre Briefe und Fotos noch einmal an und verteilte sie auf dem Tisch wie Tarotkarten. Dann, um es hinter sich zu bringen, gab sie sich einen Ruck und wählte den Mann und die Frau aus, die ihr am ehesten dazu geeignet schienen, gute Eltern zu werden. Sie balancierte ihre Fotos auf ihrem dicken Bauch und bewegte sie wie Papierpuppen. Beide hatten am Telefon so selbstsicher geklungen, so klug, ein perfekt eingespieltes Team.
    »Hallo Tia«, ließ sie die Papier-Caroline quieken. »Ich möchte dein Kind. Ich bin Pathologin und in der Krebsforschung tätig, Spezialgebiet Kinder. Mein Mann stammt aus einer sehr großen Familie, und er hat sich schon immer zu Kindern hingezogen gefühlt.«
    »Erzähl ihr, dass du als Beraterin in diesem Heim von Paul Newman arbeitest. Wie heißt das noch? Du weißt schon, was ich meine. Das für krebskranke Kinder«, sagte der Papier-Peter zu der klugen Papier-Caroline und legte ihr eine Hand auf den Arm.
    »Es nennt sich Hole in the Wall Gang Camp .« Die Papier-Caroline senkte bescheiden den Kopf.
    Einen Monat später, als Caroline und Peter erfuhren, dass es ein Mädchen werden würde, teilten sie Tia mit, dass sie dem Kind den Namen Savannah geben würden. Ein alberner Name. Tia nannte das Kind in ihrem Bauch Honor, es war der zweite Vorname ihrer Mutter – auch ein alberner Name, aber er war ja auch nicht dazu gedacht, außerhalb des Uterus benutzt zu werden, und außerdem, albern oder nicht, er war immer noch besser als Savannah. Warum konnten sie ihre Tochter nicht einfach Britney nennen und fertig? Wenn sie nicht alle Hände voll zu tun gehabt hätte, ihre kranke Mutter zu pflegen, hätte sie sich nach
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