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Das Auge der Seherin

Das Auge der Seherin

Titel: Das Auge der Seherin
Autoren: Victoria Hanley
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Bellandra. Im Licht der Fackel schimmerte matt und scharf die Klinge. So prächtig glänzte sie, dass den König ein Stich des Bedauerns durchfuhr, als er sie wegschloss. Sorgfältig verriegelte er die Seitenwände der Pyramide. „Mein Ratgeber sagt, in dieser stählernen Pyramide sei das Schwert von Bellandra sicher versteckt und sein Zauber gebannt", erklärte Kareed und starrte auf das kalte, glatte Gehäuse. „Und von Zauberei versteht er mehr als mir lieb ist."
    „Verzeihung, Herr, warum tragt Ihr das Schwer nicht selbst als Zeugnis Eurer Macht?"
    „Guter Freund, das wage ich nicht. Es heißt, ein jeder sei verflucht, der das Schwert zum Kampf erhebt. Wer weiß, ob das wahr ist. Sicher, die Waffe hat Bellandra nicht geholfen, trotz ihrer angeblichen Zauberkräfte. Doch ich möchte das Schicksal nicht herausfordern. Ich brauche dieses Schwert nicht. Ich bin auch so stark genug."
    „Ihr habt Recht. Doch warum zerstört Ihr es nicht, wenn Ihr es nicht tragen wollt?"
    „Meine Ratgeber sagen, es könne nicht zerstört werden wegen der Zauberkräfte, doch welcher Art die sind, weiß ich nicht. Vielleicht verliert es seine Kraft allmählich. Seit der Zeit König Landen des Ersten ist es nicht mehr benutzt worden. Damals, vor vielen Generationen siegte es über viele hundert Angreifer, alle bedeutende Krieger."
    „Merkwürdig, dass Veldon sich nie seiner bediente." Kareed zuckte mit den Schultern. „Dumm. Einfach dumm, nichts zu unternehmen, nachdem ich ihm meine Botschaft hatte zukommen lassen. Dumm, keine Kundschafter oder Spione auszusenden. Dumm, sich durch Verhandlungen aus dem Krieg stehlen zu wollen, nachdem ich mit meinen Soldaten einmarschiert war. Dachte er etwa, ich würde nicht Wort halten, nachdem ich ihn bedroht hatte? Ein Narr, wer nicht mit mir rechnet."
    Vesputo nickte hämisch. „Unerklärlich." „Nun, in dieser Waffe liegt der Geist seines Volkes, sie darf niemals mehr in seine Hände fallen." „Ihr wollt das Schwert in diesem Gewölbe für immer aufbewahren?"
    Der König nickte zustimmend und überprüfte die Schlösser. „Nur wir beide kennen das Geheimnis. Sollte jemand danach fragen, sagt, das Schwert sei zerstört."
    Vor dem Zubettgehen schlich Torina in die kleine Kammer, die sie dem fremden Jungen zugewiesen hatte. Er schlief noch immer. Ob sie ihn wecken sollte? Ihn an einem anderen Ort unterbringen? Ihr Vater hatte gesagt, er gehöre jetzt zu seinem Hofstaat. Die anderen Jungen, die in der Kriegskunst unterrichtet wurden, wohnten in einer Baracke am anderen Ende des Schlosses in der Nähe des Übungsplatzes. Zeon hatte ihr davon erzählt. Sie schliefen in Kojen, nahmen gemeinsam ihre Mahlzeiten ein und übten sich täglich in der Kriegskunst. Alles unter den scharfen Augen von Emid, ihrem Ausbilder. Gehörte dieser Junge nicht besser zu ihnen? Was er wohl dachte, wenn er erwachte? Sie wäre nachts nicht gern allein in einem fremden Haus in einem fernen Land.
    Ihr Vater nannte ihn Königssohn. König Veldon herrschte über Bellandra, so musste er Landens Vater sein. Was passierte mit besiegten Königen? Seine Mutter war Königin Anise. Sie war schon früher gestorben. Aber sein Vater? Wo war sein Vater jetzt?
    Torina ging zu Ancilla und erzählte ihr von ihren Zweifeln. Die scharfen Augen der Alten beobachteten sie aufmerksam.
    „Landen, der Sohn von Veldon", murmelte sie. „Traurig, dass diese zwei Männer gegeneinander kämpfen mussten - dein Vater und König Veldon. Ich habe immer gehofft, sie würden sich achten und in Frieden lassen. Torina, mein Liebling, mein Sohn nimmt Herrscher nicht gefangen. Landens Vater ist tot."
    Torina lief es kalt über den Rücken. Wie schrecklich, dass immer einer sterben musste, wenn Könige gegeneinander kämpfen.
    „Was soll ich tun, Großmutter? Niemand kümmert sich um ihn. Ich glaube, sie haben ihn vergessen." „Geh zu Bett, Kind. Ich werde Maude zu ihm schicken, und wenn er erwacht, soll sie ihn anweisen auf seinem Zimmer zu bleiben. Komm morgen früh zu mir und dann werden wir ihn gemeinsam zur Baracke bringen."
    Bedrückt ging Torina durch die vertrauten Gänge des Schlosses. Wie würde es ihr ergehen, müsste sie allein in einem fremden Land schlafen und ihre Eltern wären tot? Und die vielen blauen Flecken und Verletzungen, die sie gesehen hatte, warum waren die Krieger so brutal gewesen?
    Kaum dämmerte der Morgen, als Troina erwachte und in ihre Kleider schlüpfte. Sie eilte die Flure entlang und fand ihre Großmutter schlafend in
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