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Das andere Ufer der Nacht

Das andere Ufer der Nacht

Titel: Das andere Ufer der Nacht
Autoren: Jason Dark
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ich, dass sich innerhalb dieses Raumes auch Möbelstücke befanden. Große, schwere Schränke oder Truhen, die man an die Wände gestellt hatte.
    Nach einem Lichtschalter suchte ich hier im Schloss vergebens, hielt mich trotzdem an der Wand und bekam den Schlag gegen die Stirn, weil ich nicht mehr an die Kerzenleuchter gedacht hatte, die an den Wänden hingen. Nur mühsam verschluckte ich einen Fluch, holte mein Feuerzeug hervor, knipste es an und führte die Flamme auf den Docht einer der beiden Kerzen zu, die wie schmale, wächserne Finger aus der Finsternis gerissen wurden und in die Höhe ragten.
    Die Dochte brannten sofort. Eine flackernde, sich bewegende Lichtinsel und Stille umgaben mich.
    Selbst die Schritte meines Verfolgers waren nicht zu hören. Wahrscheinlich war er vor der Tür stehen geblieben. Ich fragte mich, was das überhaupt sollte? Dieser plötzliche Angriff hätte auch ins Auge gehen können. Dann hätte ich mit gespaltenem Schädel vor dem abgestürzten Balkon im Gang gelegen.
    Statt dessen stand ich in diesem Zimmer, schaute in die spärliche Lichtinsel und konnte auch die Lage des Fensters jetzt besser erkennen. Einige Lichtreflexe wanderten auch über die Scheibe, die deswegen einen matten Glanz bekommen hatte.
    Sie war geschlossen. Ihr schräg gegenüber entdeckte ich einen kompakten Aufbau. Wenn ich genauer hinschaute, musste das eigentlich ein Kamin sein.
    Ich bewegte mich von der Wand weg. Irgendwie fühlte ich, dass es nicht gut für mich war, zu nahe an einer Lichtquelle zu stehen. Sollte noch ein Gegner auf mich lauern, war es für ihn ein Leichtes, mich als Zielobjekt auszusuchen.
    Ein Tisch hielt mich auf. Ziemlich klein, quadratisch gebaut, keine Tafel, an der die Ritter früher gespeist hatten. Und dieser Tisch bewegte sich. Bevor ich mich versah, wurde er vor meinen Augen in die Höhe geschleudert. Jemand musste unter ihm gehockt haben, und ich kam nicht so schnell weg, wie ich es mir vorstellte.
    Die Tischkante erwischte mich zwischen Kinn und Hals. Der Treffer warf mich zurück. Ich taumelte noch ein paar Schritte weiter, sah den Tisch zur Seite fliegen und auch die kleine Gestalt, die mehr wie ein kompakter Schatten wirkte. Ich hörte leisen Glockenklang, als sich die Gestalt blitzartig bewegte und auf mich zukam. Sie schwang etwas in ihrer rechten Hand. Es war eine mit Stahlstiften bestückte Kugel. Ein sogenannter Morgenstern, der im Mittelalter sehr gefragt gewesen war. Nur durch eine Reflexbewegung entging ich dem Treffer, hörte ein Lachen und die Kugel auf den Boden wummern. Dann huschte mein Gegner zur Seite, geriet aus meinem Blickfeld, und die Mündung der von mir gezogenen Beretta wies ins Leere.
    Mit einem normal gewachsenen Menschen hatte ich es nicht zu tun gehabt. Das musste ein Gnom oder ein Zwerg gewesen sein. Ich machte mich ebenfalls klein. Ich bückte mich, hatte mir dazu einen Platz ausgesucht, der vom Kerzenlicht nicht erreicht wurde, hockte auf dem Boden und wartete ab.
    Einige Sekunden lang tat sich nichts. Erst später vernahm ich das knarrende Geräusch. Irgend etwas musste sich da geöffnet haben, und zwar nicht sehr weit von mir entfernt, denn ich spürte den kalten Luftzug, der aus der Öffnung drang und von links über mein Gesicht glitt. Dort schaute ich hin.
    Die dunkle Öffnung fiel mir bereits beim ersten Blick auf. Rechteckig zeichnete sie sich in der Wand ab. Ich konnte mir vorstellen, dass es sich bei ihr um den Beginn eines Geheimgangs handelte, in den der Gnom verschwunden war.
    Diese alte spanische Ritterburg hielt in der Tat einige Überraschungen für mich bereit, aber ich hatte mich entschlossen, das Spiel mitzumachen. So leicht wollte ich mich nicht mehr ins Bockshorn jagen lasen.
    Die Öffnung war nicht weit von mir entfernt. Vor ihr blieb ich hocken und spürte wieder die Kühle, die mir aus der Tiefe entgegenwehte. Mir kam sie vor wie abgestandene Luft aus einem finsteren Grab. Wieder trat meine kleine Lampe in Aktion. Ich leuchtete in den Schacht hinein. Das Licht tastete die Schräge hinab, die ich als eine Rutsche identifizierte.
    Eine Rutsche in die Tiefe! Sollte ich, sollte ich nicht? Ich entschied mich gegen den Rückzug und nahm die Herausforderung kurzerhand an. Um die Rutsche betreten zu können, musste ich mich zusammenducken, dazu drehen, um erst dann die Beine vorzustrecken. Kaum hatte ich meinen Platz gefunden, da zollte ich den Kräften der Physik schon Tribut, und es ging abwärts.
    Ich wurde schnell, die Tiefe nahm
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