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Das Achtsamkeits Buch

Das Achtsamkeits Buch

Titel: Das Achtsamkeits Buch
Autoren: Halko Weiss , Thomas Dietz
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Empfindungen ständig verändern. Was sich verändert , kommt und geht, und was beobachtet werden kann, kann nicht »Ich« sein – so lautet sinngemäß die Formulierung in dieser Übung zur Disidentifikation. Stattdessen muss ich das sein, was bleibt, was konstant und immer präsent ist. Dafür kommt nur der immer gleich Beobachtende in Frage.
     
    Reines Gewahrsein:   Wenn wir diese Gedanken weiter verfolgen, kommen wir zu Grundfragen des Menschseins, zu einer Frage, die der indische Weise Ramana Maharshi als die zentrale spirituelle Frage schlechthin verstanden hat: »Wer bin ich?«, »Was bin ich denn, wenn ich alle meine Identifikationen als solche erkenne und sie loslasse?«
    Rumi, ein klassischer Sufi-Poet, benutzt in seinem Gedicht »Das Gästehaus« das Bild eines Hauses, um dieses Gewahrsein, diesen Raum, diese Leere zu beschreiben. Achtsamkeit bedeutetfür ihn, die Gedanken und Gefühle wie Gäste willkommen zu heißen, sie kommen, aber auch wieder gehen zu lassen.
    Die westliche Psychologie beschäftigt sich eher mit den Inhalten des Bewusstseins, mit Gedanken, Wahrnehmung, Gedächtnis und Emotionen. Sie war über lange Zeit weniger am Rahmen interessiert, in dem sich diese Inhalte ausdrücken, nämlich dem Bewusstsein selbst. Achtsamkeit dagegen lässt die Inhalte in den Hintergrund rücken, wendet sich den Strukturen des Bewusstseins und dem Bewusstseinsraum selbst zu.
    Östliche Wege beachten viel mehr auch den Hintergrund, den Raum und die Leere, während im Westen die Aufmerksamkeit mehr auf den Vordergrund, die Objekte und die Form gerichtet wird. Diese beiden Möglichkeiten der Fokussierung werden in der Geschichte vom Zöllner und dem Eseltreiber deutlich: Über viele Jahre beobachtet ein Zöllner einen Eseltreiber, der jeden Tag einen Esel über die Grenze führt. Immer wieder untersucht er die Packtaschen, die der Esel trägt, findet aber keine Schmuggelware. Lange nachdem der Zöllner in den Ruhestand gegangen war, begegnet er dem Eseltreiber. Da dieser im Besitz eines stattlichen Hauses ist, kann er sich nicht zurückhalten, ihn zu fragen, was er denn geschmuggelt habe. Erst nach einigem Zögern und der Zusicherung, niemandem etwas davon zu verraten, antwortet der Eseltreiber: »Ich habe Esel geschmuggelt.«
     
    Fokus der Aufmerksamkeit
     
    Durch die Auswahl dessen, worauf wir die Aufmerksamkeit richten, gestalten wir unsere Erfahrungen. Langfristig haben diese Erfahrungen auch Auswirkungen auf die Verschaltungen in unserem Gehirn (siehe Glossar »Neuroplastizität«, S. 258) . Wir konstruieren auf diese Weise unsere Welt und unsere Beziehungen. Wir bestimmen, in welche Richtung unsere Energien fließen. »Energie folgt der Aufmerksamkeit«, so lautet ein Grundsatz der Kahunas, der hawaianischen Schamanen.
     
    Fokus Innenwelt: »Innere Achtsamkeit«
    Worauf kann sich nun die Aufmerksamkeit in achtsamer Weise richten, was kann in den Fokus genommen werden? Man kann die Aufmerksamkeit nach innen lenken, auf Körperempfindungen wie den Atem oder auf die Wahrnehmung einzelner Körperteile oder von Körperbewegungen. Mit Hilfe »Innerer Achtsamkeit« können wir die einzelnen Bausteine erforschen, die unsere Innenwelt erschaffen: Wenn wir dahin lauschen, werden uns Gedanken, die Monologe oder Dialoge innerer Stimmen bewusst; wenn wir unseren inneren Bildschirm betrachten, können Bilder auftauchen; und wenn wir den Raum der Vorstellungen und Erinnerungen betreten, können Eindrücke aus allen fünf Sinnen auftauchen. Wir erinnern vielleicht eine Szene aus dem letzten Urlaub, einen Sonnenuntergang am Strand. Wir sehen den tiefroten Sonnenball im Meer versinken, hören die Wellen rauschen und die Möwen, spüren den kühlen Wind über unser Gesicht streichen und den warmen Sand. Wir riechen sogar das Meer und schmecken Salz in der Luft. Und es kann ein Gefühl der Freude hochkommen.
    Den Körper bewusst wahrzunehmen ist für viele Menschen ungewohnt, außer wenn er schmerzt oder nicht funktioniert. Körperwahrnehmung ist aber ein hervorragender Weg zu Gegenwärtigkeit, zu Präsenz. Die Beobachtung des Atems hat sich dabei über zweieinhalb Jahrtausende als Ausgangspunkt bewährt. Den Körper bewusst in das Feld der Aufmerksamkeit mit einzuschließen, erhöht die Empfindung der Fülle des Lebens.
    Auch die Qualität von Entscheidungen wird verbessert, wenn Informationen aus dem Körper bewusst berücksichtigt werden – wenn wir an seinen Reaktionen wahrnehmen, was er zu sagen hat. Achtsames
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