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Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman

Titel: Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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gehen. «
    » Und… und was ist mit diesem Buckley-Dingsda? « , stammelte ich.
    » Entschuldigen Sie mich einen Augenblick, Ralph « , sagte sie. Sie zog mich zu sich und sah mich mit feierlicher Miene an. » Was Tante Mame getan hat, mein Schatz, mag vielleicht ein wenig, nun ja, nach Betrug aussehen, aber auch du wirst in deinem Leben noch die Erfahrung machen, dass es manchmal besser ist, nicht allzu ehrlich zu sein. Du und ich werden Mr. Babbitt einen kleinen Streich spielen, mein Lieber. Er wird glauben, du gehst auf die andere Schule, dabei wirst du in Wirklichkeit die allerherrlichsten und fortschrittlichsten Dinge mit unserem Ralph treiben. Aber das brauchen nur wir drei zu wissen. Und dieser Mr. Hitchcock– oder wie er heißt– steht dumm da, was? «
    Ich sagte, der würde sogar ganz schön dumm dastehen, was.
    » Und jetzt lauf brav nach oben und nimm dir ein Buch zum Lesen, damit ich mich weiter mit Ralph unterhalten kann. «
    » Mame « , sagte Ralph, als ich das Zimmer verließ, » geben Sie dem Kind etwa Bücher zu lesen? «
    In der darauf folgenden Woche stand Tante Mame » mitten in der Nacht « auf und brachte mich zwei Straßen weiter zur Schule von Ralph. Sie war im obersten Stockwerk eines alten Speichers in der Second Avenue untergebracht. Wir hatten uns ein bisschen verspätet– Tante Mame verspätete sich regelmäßig–, und als wir ankamen, war der große Raum voller nackter Kinder aller Altersstufen, die herumrannten und laut kreischten. Ralph, im Adamskostüm, trat zu uns und schüttelte uns herzlich die Hand.
    » Ist er nicht göttlich « , schwärmte Tante Mame. » Wie ein Praxiteles. Ach, mein Lieber, du wirst dich hier pudelwohl fühlen. «
    Eine kleine stämmige, flachsblonde Frau, ebenfalls nackt, kam angelaufen und gab Tante Mame einen Kuss. Die Frau hieß Natalie, sie und Ralph leiteten die Schule gemeinsam.
    » Und du, mein Schatz, gehst jetzt mit Ralph, und viel Spaß. Wir sehen uns nachher zum Tee zu Hause. «
    Tante Mame verabschiedete sich mit einem übermütigen Winken, und ich stand allein da, als Einziger bekleidet.
    » Komm herein und leg ab « , sagte Natalie, » und dann schließ dich den anderen Kindern an. «
    In Ralphs Schule kam ich mir immer wie ein gerupftes Huhn vor, aber es war ganz angenehm, und ich musste nie irgendwas tun. Es war ein großer, kahler, gekalkter Raum mit einem beheizbaren Linoleumboden, Dachluken aus Quarzglas und Ultraviolettstrahlern, die rundum in Mannshöhe an der Wand verliefen. Es gab weder Stühle noch Tische, nur einige Matten, auf die wir uns hinlegen und schlafen durften, wenn uns danach war, und in der Mitte des Raums ein großes weißes Gebilde, das aussah wie das Hinterteil einer Kuh. In dieses Gebilde sollten wir, wenn wir Lust dazu hatten, hineinkriechen, darin herumkriechen und obendrauf kriechen, und immer wenn eines der kleineren Kinder anfing zu kriechen, haute Ralph Natalie mit einem vernehmlichen Klatsch auf ihr breites Becken und gluckste: » Ab zurück in den Mutterleib, was, Nat? «
    Es gab nur eine Gemeinschaftstoilette– » Hemmungen im Keim ersticken « – und alle möglichen anderen progressiven Vergnügungen. Wir durften zeichnen oder mit Fingerfarben malen oder etwas aus Knetgummi formen. Es gab » Angeleitete Gesprächskreise « , in denen wir uns unsere Träume erzählten und uns nacheinander sagten, was wir gerade dachten. Wenn man ungesellig sein wollte, durfte man ungesellig sein. Zu Mittag gab es rohe Möhren, rohen Blumenkohl– was bei mir immer Blähungen hervorrief–, rohe Äpfel und Ziegenrohmilch. Wenn mal zwei Kinder Streit hatten, ließ Ralph die ganze Angelegenheit im großen Kreis besprechen. Ich fand das ziemlich albern, dafür bekam ich viel Sonnenbräune ab.
    Ich bin nicht so lange auf Ralphs Schule gegangen, um entscheiden zu können, ob sie mir guttat oder schadete. Meine Laufbahn an der Schule– und, was das betrifft, Ralphs ebenso– endete nur sechs Wochen, nachdem sie begonnen hatte.
    In dem Irrglauben, ihre kleinen Jünger würden in der Schule tatsächlich arbeiten, setzten Ralph und Natalie einen Nachmittag » Schöpferisches Spielen « an, damit sie uns in vergnügter Geistesverfassung nach Hause schicken konnten. Es ging darum, dass alle Kinder, mit Ausnahme der ungeselligen, an einem Gruppenspiel teilnehmen sollten, das uns etwas über » Das Leben « beibringen sollte, welches uns draußen, jenseits der Schulpforten, erwartete. Manchmal spielten wir » Bauernhof « und
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