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Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry

Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry

Titel: Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry
Autoren: Mrs. Stephen Fry
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gesehen, aber bevor ich genauer hinsehen konnte, sprang die Ampel um, und er war fort.
    22. November, Dienstag
     
    Nach der Beurteilung in der letzten Woche wollte ich für die Sitzung in dieser Woche ein wirklich herausragendes Gedicht schreiben, aber ich konnte mich nicht konzentrieren, weil Stephen im Hintergrund vor sich hin schwadronierte. Ich bat ihn, das zu lassen, aber er hörte gar nicht zu, sondern faselte immer weiter und verlangte meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Als ich schließlich aufgab und mich umdrehte, war das Bedenklichste aber, dass das Sofa leer war. Und trotzdem verzapfte er noch Stuss. Ich hatte schon Angst, ich würde langsam wahnsinnig, als ich merkte, dass nur das Radio lief! Anscheinend auf Channel 4 eingestellt – keine Ahnung warum. Dieser Intellektuellensender spielt noch nicht einmal Thrash Metal. Ich stellte ab, und es wurde still im Raum. Welch eine Erleichterung. Aber es hatte wirklich ganz nach Stephen geklungen …
    23. November, Mittwoch
     
    Habe heute Abend den Lyrikkurs verpasst. Nach der Sache mit dem Radio gestern fehlte mir einfach die innereRuhe zum Schreiben, also schaltete ich den Fernseher ein, und wer grinste mich vom Breitbildschirm an? Stephen! Ich schnappte mir die Fernbedienung und schaltete um. Da war er schon wieder. Ich zappte durch die Kanäle. Wieder sein Gesicht. Und wieder. Und hier auch. Ich griff mir den Mantel, schoss aus dem Haus, sprang in den Bus zum Klinikum und übersah geflissentlich sein Gesicht an der Busseite.
    Doktor Tarantino war fürchterlich nett. Und schrecklich verständnisvoll. Ich erklärte ihm, dass ich auf Schritt und Tritt das Gesicht meines Mannes sähe, und er sagte, ich stünde momentan offenkundig unter großem Stress. Er sagte, er könne da nur eine Heilmethode empfehlen. Ich müsste einfach mal ausspannen, am besten ohne meine Familie. Ha! Vielleicht wenn Ostern und Pfingsten auf einen Tag fallen. Ich hätte sogar noch ein bisschen Geld vom
Daily Herald,
aber Stephen würde mich nie im Leben weglassen, da kann ich Gift drauf nehmen. Der kommt doch schon unter die Räder, wenn ich mal länger in der Badewanne liege.
    24. November, Donnerstag
     
    Habe Stephen erzählt, was der Arzt gestern gesagt hat, und seine Reaktion überraschte mich. Er sagte, er sähe das genauso und würde sich gern um die Kinder kümmern, damit ich mal ein Wochenende zur Kur fahren könne. Er sagte sogar, er würde mir eine richtige Oase suchen und buchen; er bräuchte dafür bloß meine Kreditkartendaten. Er wirkte richtig fürsorglich undeinfühlsam. Jetzt weiß ich, dass ich wirklich eine Auszeit brauche!
    Nachdem er eine Stunde lang gegoogelt hatte, verkündete Stephen, er hätte die ideale Adresse gefunden, wo ich mal die Seele baumeln lassen könne. Ein Heilbad nur wenige Kilometer entfernt. Er hat gleich für morgen reserviert, da bieten die ein spezielles »Mmm«-Wochenende an.
    25. November, Freitag
     
    Mensch, ich bin hundemüde. Habe für die nächsten Tage für Stephen und die Kinder vorgekocht. Ich könnte doch nicht richtig abschalten, wenn ich nicht wüsste, dass der Kühlschrank bis oben hin voll ist mit all den Delikatessen, die sie nun einmal gewohnt sind. Ich hoffe bloß, sie kommen ohne all das andere klar, was nur ich ihnen bieten kann – die Wärme, die Liebe und die gut achtzigprozentige Trefferquote beim Vornamenraten.
    Stephen setzte mich nach dem Tee am Heilbad ab. Die Anlage macht einen wirklich schönen Eindruck. Ganz glänzend und weiß, wie eine riesige Hochzeitstorte, nur ohne Braut und Bräutigam obendrauf. Oder jedenfalls ohne Bräutigam. Und ich war froh, dass die Braut auch nicht lange da war. Es war schließlich ein ziemlicher Schock, die Geschäftsführerin des Heilbads an der Schleppe ihres Hochzeitskleids vom Wasserspeier herabbaumeln zu sehen. Auch wenn ihre Stellvertreterin beteuerte, es habe sich nicht um Fremdeinwirkung,sondern um einen tragischen Unfall gehandelt – sie hatte anlässlich ihrer bevorstehenden Hochzeit das Brautkleid anprobiert, als sich plötzlich der Empfang ihres Fernsehgeräts verschlechterte, und da sei sie naturgemäß aufs Dach gestiegen, um die Antenne auszurichten.
    Mein Zimmer ist wunderschön. Die beruhigende Note muss für den Innenarchitekten entscheidend gewesen sein. Die Ausstattung ist leicht und schlicht, das Bett fest, aber gemütlich, und die Valiumtablette auf dem Kissen ist eine nette Aufmerksamkeit.
    26. November, Samstag
     
    Erwachte erfrischt und voller Energie. Ich
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