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Darkover 03 - Herrin der Falken

Titel: Darkover 03 - Herrin der Falken
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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blieben mit zitternden Schwänzen stocksteif stehen. Als es still blieb, sausten alle vier kleinen Flaggen gleichzeitig in ein Loch im Gras.
    Wie ruhig es im Wald war! Bestimmt war keine menschliche Ansiedlung in der Nähe, sonst wäre nicht alles so friedlich, wären die Tiere nicht so furchtlos gewesen.
    Romilly reckte träge ihre Glieder. Sie hatte Durst, aber es war kein Bach in der Nähe. So leckte sie den Tau von niedrighängenden Blättern des Baums über ihr. Auf einem gestürzten Baumstamm fand sie ein paar alte, holzige Pilze und aß sie, danach eingetrocknete Beeren. Eine Weile später sah sie beim Dahinschlendern durch den Wald den grünen Blätterbusch einer Wurzel, die sie als eßbar kannte. Sie grub sie mit einem Stock aus, rieb den Schmutz an ihrer Jacke ab und kaute sie langsam. Die Wurzel war hart, und der scharfe Geschmack ließ ihre Augen tränen, aber sie stillte ihren Hunger. Romilly hatte den Antrieb verloren, der sie ruhelos von Ort zu Ort gejagt hatte. Fast den ganzen Tag saß sie in der Lichtung, wo der gestürzte Baumstamm lag, und als es Nacht wurde, schlief sie dort. 
    In ihrem Schlaf hörte sie jemanden ihren Namen rufen. Sie erkannte die Stimme nicht. Orain? Nein, er würde sie nicht rufen. Er hatte sie begehrt, als er sie für einen Jungen hielt; für die Frau, die sie in Wirklichkeit war, hatte er keine Verwendung. Ihr Vater? Er war weit fort, jenseits des Kadarin, zu Hause und in Sicherheit. Mit Schmerzen dachte sie an die friedlichen Berge von Falkenhof. Doch dort hatte sie die böse Kunst gelernt, Pferde zu trainieren, mit der sie dem geliebten Rappen den Tod gebracht hatte. Im Traum saß sie auf Sonnensterns Rücken und ritt wie der Wind über die graue Ebene, die sie einmal gesehen hatte, und sie erwachte mit tränennassem Gesicht.
    Einen oder zwei Tage später fiel ihr auf, daß sie Schuhe und Strümpfe verloren hatte, sie erinnerte sich nicht wo, und daß ihre Füße schon ziemlich abgehärtet gegen die Erde und die Steinchen des Waldbodens waren. Ziellos wanderte sie weiter, immer tiefer in den Wald. Sie aß Beeren, grub in der Erde nach Wurzeln, kühlte hin und wieder ihre Füße in einem Bergbach, dachte jedoch nie ans Waschen. Sie aß, wenn sie Nahrung fand. Drei Tage hintereinander fand sie nichts und war sich undeutlich des Hungers bewußt, doch es kam ihr nicht wichtig vor. Sie machte sich nicht mehr die Mühe, den Schmutz von den Wurzeln abzureiben; in ihrer erdigen Umhüllung schmeckten sie ihr genausogut. Einmal fand sie ein paar Birnen auf einem vergessenen Baum, und sie schmeckten so süß, daß sie in einen ekstatischen Rausch geriet. Sie aß, so viele sie konnte, kam jedoch nicht auf den Gedanken, sich die Taschen zu füllen oder sie in ihren Rock einzuwickeln.
    Eines Nachts erwachte sie, und das purpurne Gesicht Liriels stand über ihr am Himmel. Es schien auf sie herabzublicken und sie zu schelten. Romilly dachte: Bestimmt bin ich wahnsinnig. Wohin gehe ich, was habe ich vor? Ich kann nicht immer so weiterwandern. Am Morgen hatte sie es wieder vergessen. Auch hörte sie von Zeit zu Zeit, nicht mit den Ohren, sondern in ihren Gedanken, Stimmen, die riefen: Romilly, wo bist du? Wer mochte Romilly sein, und warum riefen sie sie?
    Am nächsten Tag gelangte sie ans Ende des Waldes und hinaus auf eine offene, wellige Ebene. Schwankende Gräser waren mit Samenkörnern bedeckt. Dies Land mußte einmal besiedelt und mit Korn bebaut gewesen sein, aber am ganzen Horizont, der sich weit von Westen bis Osten, von der Mauer des Waldes hinter ihr bis zu den Bergen erstreckte, die sich gräulich-rosa in der Ferne erhoben, war keine menschliche Behausung zu sehen. Romilly pflückte sich eine Handvoll Samen, rieb die Hülsen ab und kaute sie im Gehen.
    Hoch am Himmel kreiste ein Falke, ein einzelner Falke. Er fiel, fiel, fiel mit angelegten Schwingen und setzte sich auf ihre Schulter. Er schien in ihren Gedanken zu sprechen. Sie verstand nicht, was er sagte, und doch kam es ihr vor, als habe sie diesen Falken einmal gekannt, als trage er einen Namen, als sei sie einmal mit ihm geflogen… nein, das war nicht möglich. Aber der Falke schien ganz sicher zu sein, daß sie sich kannten. Sie streckte die Hand aus, um ihn zu berühren, und hielt inne. Es gab irgendeinen Grund, warum sie ihn nicht anfassen durfte… sie wünschte, sie könnte sich daran erinnern. Aber sie sah dem Falken in die Augen und fragte sich, wo sie ihn schon einmal gesehen haben mochte.
    Wieder erwachte sie
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