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Darkover 03 - Herrin der Falken

Titel: Darkover 03 - Herrin der Falken
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Ruyven war nicht einmal ein Jahr älter als Darren, und die Brüder hatten immer wie Zwillinge aneinander gehangen. Zusammen waren sie nach Nevarsin gereist, doch Darren war allein zurückgekommen. Ruyven, so berichtete er seinem Vater, war in den Turm gegangen. Der MacAran las Ruyvens Brief und warf ihn in die Mistgrube. Von dem Augenblick an hatte er Ruyvens Namen nie mehr ausgesprochen und es auch allen anderen verboten.
    »Ich habe nur zwei Söhne«, pflegte er steinernen Gesichts festzustellen. »Der eine ist im Kloster, der andere auf dem Schoß seiner Mutter.«
    Auch gegenüber der Leronis Marelie hatte er sich so geäußert. Bei ihrem kurzen Gespräch mit Romilly sagte sie: »Ich habe mein Bestes getan, Kind, aber er wollte nichts davon hören. Deshalb mußt du nun dein Bestes tun, damit du deine Gabe beherrschen lernst. Denn sonst wird sie dich beherrschen. Und in der Zeit, die mir bleibt, vermag ich dir nur wenig zu helfen. Erführe er, daß ich mit dir gesprochen habe, würde er mich bestimmt nicht über Nacht beherbergen. Aber ich mußte es
    tun, um dir wenigstens ein bißchen Schutz für die Zeit zu geben, wenn dein Laran erwacht. Du wirst allein damit sein, und es ist nicht leicht, allein damit fertig zu werden. Doch unmöglich ist es nicht, denn ich weiß von einigen, denen es gelungen ist. Dein Bruder gehört auch dazu.« 
    »Ihr kennt meinen Bruder!« flüsterte Romilly. 
    »Ich kenne ihn, Kind – was glaubst du denn, wer mich hergeschickt hat?« Romilly preßte die Lippen zusammen, und Marelie setzte sanft hinzu: »Du darfst nicht denken, er habe euch ohne Grund verlassen. Er liebt dich, er liebt auch euren Vater. Aber ein Käfigvogel ist kein Falke und ein Falke kein Kyorebni. Hierher zurückzukehren, ein Leben zu führen, in dem er keinen vollen Gebrauch von seinem Laran machen kann – das wäre der Tod für ihn. Verstehst du das, Romilly? Er käme sich taub und blind und von seinesgleichen getrennt vor.«
    »Aber was ist dies Laran, daß er uns alle dafür aufgibt?« fragte Romilly. Marelie blickte traurig drein.
    »Das wirst du erfahren, wenn dein eigenes Laran erwacht, mein Kind.«
    Romilly rief aus: »Ich hasse Laran. Und ich hasse die Türme! Sie haben uns Ruyven gestohlen!« Sie wandte sich ab und wollte nicht mehr mit Marelie reden. Die Leronis seufzte: »Ich kann dir deine Loyalität zu deinem Vater nicht zum Vorwurf machen, mein Kind.« Sie ging in das ihr zugewiesene Zimmer und reiste am nächsten Morgen ab, ohne ein weiteres Wort mit Romilly gewechselt zu haben.
    Das war zwei Jahre her, und Romilly hatte versucht, es zu vergessen. Erst in diesem Jahr war ihr klargeworden, daß sie die Gabe der MacArans in vollem Ausmaß besaß. Sie war irgendwie imstande, in die Gedanken von Falke, Hund und Pferd oder eines anderen Tieres einzudringen. Jetzt wünschte sie fast, sie hätte mit der Leronis darüber sprechen können… Natürlich war daran überhaupt nicht zu denken. Ich mag Laran haben, sagte sie immer wieder zu sich selbst, aber nie würde ich für so etwas Heim und Familie aufgeben! So hatte sie darum gekämpft, der Gabe selbst Herr zu werden. Jetzt zwang sie sich, ruhig zu sein, gleichmäßig zu atmen. Sie spürte, wie es sie und ein bißchen sogar die tobende Wut des Falken beschwichtigte. Der Vogel saß bewegungslos da, und das wartende Mädchen wußte wieder, daß es Romilly war, nicht ein gefesseltes Tier, das sich von den einschneidenden Riemen freizumachen versuchte…
    Langsam schälte sich dies eine Stückchen Information aus dem Wust von Angst und Aufregung heraus. Die Riemen sind zu eng. Sie tun ihr weh. Romilly beugte sich nieder und versuchte, nur beruhigende Wellen in das Gehirn des Falkenweibchens abzustrahlen – aber sie ist zu verrückt vor Hunger und Panik, um zu verstehen, sonst wäre sie ruhig und wüßte, daß ich ihr kein Leid antun will. Sie zog an den geschlitzten Riemen, die um die Ständer des Falken gewunden waren. Ganz tief unten in ihrem Bewußtsein, sorgfältig abgeschirmt durch die besänftigenden Gedanken, die sie dem Falken zusandte, wehrte sich Romillys eigene Angst gegen das, was sie tat. Einmal hatte sie gesehen, wie ein junger Falkner ein Auge verlor, als er zu nahe an den Schnabel eines verängstigten Vogels kam. Aber sie befahl der Furcht, still zu sein und sich bei dem, was sie zu tun hatte, nicht einzumischen. Wenn der Falke Schmerzen litt, machte das seine Angst und seine Raserei um so schlimmer. Romilly fummelte mit einer Hand im
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