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Darkover 03 - Herrin der Falken

Titel: Darkover 03 - Herrin der Falken
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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flutete, ließ sich nicht verleugnen. Romilly warf das Stück stinkiges Rabbithorn fleisch in die Mistgrube. Dort mochte es verfaulen oder von einem Raubtier oder einem der Hunde, die weniger eigen mit ihrer Nahrung waren, gefunden werden. Sie streckte ihren Arm in das Geflatter des Taubenschlags und holte eine zappelnde, kreischende Taube heraus. Die Angst des Tiers erfüllte sie mit etwas, das halb Schmerz und halb Aufregung war. Adrenalin floß durch ihren Körper und verkrampfte ihre Beine und Hinterbacken in der vertrauten Furcht. Aber Romilly war auf einem Gutshof aufgewachsen und nicht zimperlich. Geflügel war für den Topf und bekam dafür sichere Behausungen und lebenslanges Futterkorn. Mit kurzem Bedauern hielt sie die zappelnde Taube zwischen den Händen. Dann nahm sie sie in eine Hand, während sie den Handschuh wieder anzog. Ohne Worte schleuderte sie in das Falkengehirn ein schnelles scharfes Bild von Hunger und frischer Atzung… drehte der Taube mit einer einzigen entschlossenen Bewegung den Hals um und hielt Preciosa den noch warmen Körper hin. Einen Augenblick lang hatte es den Anschein, als werde Preciosa von neuem mit wildem Flügelschlagen reagieren. Romilly wurde im Gedanken an ihr Versagen schon ganz übel. Doch da neigte der Falke den Kopf. So schnell, daß Romilly mit den Augen nicht folgen konnte, stieß er mit dem starken Schnabel zu. Das Mädchen taumelte unter der Wucht. Blut spritzte. Der Falke stieß noch einmal zu und begann zu kröpfen. Romilly schluchzte laut auf. Ekstatische Kraft erfüllte sie, als sie den Vogel an dem frischen Fleisch reißen, schlucken, reißen fühlte. »Oh, du Schönheit«, flüsterte sie. »Du Schönheit, du Kostbarkeit, du Wunder!«
    Der Falke war fertig. Sie spürte das Einschlafen des Hungers, und sogar ihr eigener Durst wich von ihr. Nun setzte sie ihn wieder auf den Block und streifte ihm eine Haube über den Kopf. Preciosa würde jetzt schlafen, und, wenn sie erwachte, sich erinnern, woher ihre Nahrung kam. Romilly mußte Befehl hinterlassen, daß die Atzung für diesen Falken sehr frisch zu sein hatte. Sie wollte eben getötete Vögel oder Mäuse für Preciosa haben, bis der Falke für sich selbst jagen konnte. Das würde nicht lange dauern. Er war ein intelligenter Vogel, sonst hätte er nicht so lange gekämpft. Romilly, immer noch in lockerer Verbindung mit dem Vogel, war sich sicher, daß Preciosa sie jetzt als Futterquelle erkannte. Und eines Tages würden sie zusammen jagen.
    Ihr Arm fühlte sich an, als werde er gleich abfallen. Sie schlüpfte aus dem schweren Handschuh und wischte sich die Stirn mit dem schweißnassen Arm. Außerhalb des Falkenhauses war es hell; sie hatte die ganze Nacht hier gestanden. Kaum hatte sie das Licht bewußt wahrgenommen – bald würde der Haushalt zum Leben erwachen –, sah sie ihren Vater und Davin im Eingang stehen.
    »Mistress Romilly! Seid Ihr die ganze Nacht hier gewesen?« fragte Davin entsetzt und besorgt.
    Die Schläfen ihres Vaters waren angeschwollen vor Zorn.
    »Du ungezogenes Mädchen, ich hatte dir befohlen, ins Haus zu gehen! Glaubst du, ich lasse mir diesen Ungehorsam von dir bieten? Komm heraus und laß den Falken.«
    »Der Falke hat gekröpft«, sagte Romilly. »Ich habe ihn für dich gerettet. Bedeutet das gar nichts?« Ihre ganze Wut kehrte zurück, und wie ein flügelschlagender Falke explodierte sie: »Schlag mich, wenn du willst – wenn es dir wichtiger ist, daß ich mich wie eine Dame benehme und einen unschuldigen Vogel sterben lasse! Wenn das bedeutet, eine Lady zu sein, hoffe ich, daß ich nie eine werde! Ich habe das Laran –«, in ihrer Erregung benutzte sie das Wort, ohne nachzudenken, »– und ich glaube nicht, daß die Götter Fehler machen. Wenn ich es habe, heißt das, daß ich es auch benutzen soll! Es ist nicht mein Verdienst, daß ich die MacAran-Gabe besitze, die meinen Brüdern fehlt. Wie konnte ich aber mit dieser Gabe weggehen und Preciosa sterben lassen?« Sie hielt inne und würgte das Schluchzen nieder, das ihre Stimme völlig zu ersticken drohte. »Sie hat recht, Sir«, sagte der alte Davin langsam. »Sie ist nicht die erste Lady von MacAran, die die Gabe hat, und sie wird, die Götter mögen es geben, nicht die letzte sein.«
    Der MacAran schoß ihm einen bösen Blick zu. Trotzdem trat er vor, ergriff eine Feder und streichelte dem schläfrigen Falken sanft die Brust. »Ein schöner Vogel«, meinte er endlich. »Wie hast du sie genannt? Preciosa? Auch ein schöner
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