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Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen

Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen

Titel: Dark Silence - Denn deine Schuld wird nie vergehen
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diejenige war, die die Mittellinie überfahren hat. Ich … ich habe mich noch nicht eingehender mit den juristischen Fragen beschäftigt. Noch nicht. Das alles … es ist … nun ja, es ist ein Alptraum. Schwer für uns alle.«
    Nun glaubte Nick die Geschichte allmählich. Wäre die Lage nicht so düster gewesen, hätte Alex die Fahrt zu ihm nicht auf sich genommen. Zum Teufel. Der Regen lief ihm übers Gesicht, als er die Tür der Fahrerkabine öffnete, nach einem angebrochenen Sechserpack Henry’s suchte und eine Dose herausriss. Er warf sie Alex zu und öffnete eine weitere für sich selbst.
    »Falls Marla durchkommt …«
    »Falls, Alex? Falls? Sie ist die stärkste, entschlossenste Frau, die ich kenne. Sie kommt durch. Um Himmels willen, gib sie nicht jetzt schon auf. Sie ist deine Frau, verdammt noch mal!«
    Zögern. Unausgesprochene Vorwürfe. Erinnerungen, die niemals wieder an die Oberfläche hätten kommen dürfen – verführerisch, erotisch, heiß und intensiv. Nicks Gaumen wurde trocken. Der Wind peitschte ihm ins Gesicht. Er nahm einen tiefen Zug vom Bier, während Tough Guy zu seinen Füßen winselte. Doch seine Gedanken waren bereits in den dunklen Winkel vorgedrungen, den er jahrelang gemieden hatte, auf dem schmalen Pfad, der geradewegs zur Frau seines Bruders führte. Verbotene Bilder tauchten auf, Tabubilder einer berauschend schönen Frau mit perlendem Lachen und Schalk in den Augen. Er hörte das leise Plätschern des Wassers unten am Dock und das Summen des Verkehrs auf dem Highway, das dumpfe Tosen der Brandung, die jenseits der Mole an die Küste schlug, das Schreien der Möwen, doch nichts war so laut wie das Pochen seines eigenen Herzens.
    Nick forderte Alex mit einem Kopfnicken auf weiterzureden. Er trank noch einen Schluck und versuchte vergeblich, die Gedanken an Marla abzuschütteln. Regen tropfte von seiner Nase. Er überlegte, ob er seinem Bruder vorschlagen sollte, in die Fahrerkabine des Pick-ups zu steigen, entschied sich jedoch dagegen.
    » Falls sie überlebt, besteht die Möglichkeit, dass sie sich an gar nichts mehr erinnert oder dass sie zumindest teilweise ihr Gedächtnis verloren hat. Ich verstehe nicht ganz, was es mit dieser Amnesie auf sich hat, aber es ist ein seltsames Phänomen. Unheimlich.« Alex stand rauchend im Regen und schien gar nicht zu bemerken, dass er schon bis auf die Haut durchnässt war. Das braune Haar klebte ihm am Kopf, und seine italienischen Lederschuhe sogen sich voll mit Wasser aus der Pfütze, die sich zu seinen Füßen gebildet hatte. »Himmel, Nick, du solltest sie sehen … Oder vielleicht lieber nicht.« Alex’ Stimme zitterte, er zögerte kurz und zog so heftig an seiner Zigarette, dass sie im Dämmerlicht rot aufglühte. »Du würdest sie nicht wiedererkennen. Ich selbst hätte sie fast nicht erkannt, und dabei lebe ich schon fast fünfzehn Jahre mit ihr zusammen. Ach, verdammt!« Er stieß den Rauch aus dem Mundwinkel aus, riss seine Bierdose auf und trank einen tiefen Zug. »Sie war so schön … Na ja, du erinnerst dich sicher …« Alex’ Stimme brach, als litte er entsetzlich.
    Nick trank sein Bier und versuchte, das Bild der Frau, die beinahe sein Leben zerstört hätte, zu verdrängen. Er blickte auf die Hängebrücke, die sich über den schmalen Zufluss der Bucht spannte und über die der Highway 101 den Autoverkehr entlang der zerklüfteten Küste Oregons ermöglichte. Doch vor seinem inneren Auge sah er Marla … hinreißend, lachend, bereit zu jedem Spaß. »Abgesehen von dem Gedächtnisverlust – wird sie wieder ganz gesund werden?«
    »Du meinst, bis auf die Tatsache, dass sie nicht mehr aussehen wird wie früher.«
    »Das ist nicht so wichtig.«
    »Für sie schon.«
    Nick schnaubte. »Du kannst dir Schönheitsoperationen leisten. Ich denke eher an körperliche oder geistige Behinderungen.«
    »Das wissen wir noch nicht.«
    »Und wenn sie das Gedächtnis verloren hat, wird sie es dann irgendwann wiederfinden?«
    Alex zuckte die Achseln und blickte aufs Meer hinaus. »Ich hoffe es.«
    Für den Bruchteil einer Sekunde, kaum einen Herzschlag lang, empfand Nick eine Spur von Mitleid für die Frau seines Bruders.
    »Wir werden es sehen«, meinte Alex.
    »Das sagt man so.«
    »Aber sie wird verändert sein.«
    »Pech«, sagte Nick sarkastisch und betrachtete dabei den wassergetränkten Kies und die schlammigen Pfützen.
    »So ist es.«
    Nick nahm einen letzten Schluck Bier, zerdrückte die Dose in der Hand und warf sie
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