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Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)

Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)

Titel: Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)
Autoren: Dr. Josephine Chaos
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Entbindung auch noch das ein oder andere volljährige Mitglied dieser reizenden Familie zu Gesicht bekommen werden. Außerdem beschließe ich, die Auskunft über etwaige Fortschritte der Kreißsaal-II-Bewohner direkt bei der zuständigen Hebamme einzuholen. Macht irgendwie mehr Sinn! Und geht auch schneller. Deshalb spurte ich auch gleich weiter nach Kreißsaal IV, apfelgrün, der schon weithin durch infernalisches Frauengebrüll problemlos zu finden ist. Kaum zur Tür herein, wird dieser Lärm geradezu ohrenbetäubend, und es ist mir völlig schleierhaft, wie eine kleine, zarte Frau solche Tonmassen produzieren kann. Ihr augenscheinlich schwer angeschlagener Ehemann sitzt verstört im hintersten Eck des Raumes und zerpflückt gerade ein Taschentuch in seine atomaren Bestandteile, während Gloria – ohne auch nur mit der Wimper zu zucken und mit stoischem Gesichtsausdruck der Lärmbelästigung trotzend – in direktem Dezibel-Einzugsgebiet steht.
    Der Wehenhügel auf dem CTG-Gerät im Hintergrund hat gerade seinen Zenit überschritten und fällt nun sachte gen Tal hinab, das menschliche Getöse wird zunehmend leiser, und als wäre dadurch alles Leben in den Raum zurückgekehrt, hebt Gloria ruckartig ihren Goldschopf, grinst mich verschwörerisch an und ruft euphorisch: »Die Herztöne sind ein bisschen unschön!«
    Armes Ding – offensichtlich hat der Lärm eine kleine Schraube im Hebammenhirn locker gedreht. »Bisschen unschön« ist eigentlich eher Frau von Sinnens Umschreibung für »Nee, watt schaut datt hässlich aus«.
    Ja, in der Tat: Dieses CTG macht mir ein ganz klein wenig Kopfschmerzen. Doch irgendetwas muss da im Busch sein, Gloria ist eine der besten Hebammen überhaupt – wenn SIE solch eine Herzton-Berg-und-Talfahrt nur ein bisschen unschön findet, hat sie noch irgendwo ein Ass im Ärmel. Und das hat sie.
    »Wir sind bei NEUN Zentimetern!«
    Als hätte sie den unwilligen Muttermund höchstpersönlich von nix auf neun Zentimeter aufgedehnt, steht sie – stolz wie Oskar – vor mir und grinst mich spitzbübisch an.
    WOW! Jetzt bin ich ein bisschen sprachlos. Neun Zentimeter sind ein geradezu phantastischer Befund – damit kann man arbeiten. Jetzt müssen wir nur die Herztonkurve ein bisschen frisieren.
    »Und wie ist er eingestellt?«, frage ich mit letztem Zweifel. Neun Zentimeter sind nicht gleich neun Zentimeter . Wenn das Kind beim Geborenwerden zum Beispiel lieber die gedimmten Lichter des Kreißsaalhimmels denn den apfelgrünen Schutzbezug des Bettes betrachten will, sind neun Zentimeter nichts anderes als 90 Millimeter falsche Hoffnung.
    »Nein!«, versichert Gloria euphorisch. Nein, das Köpfchen sei zwar nicht ganz sauber eingestellt, aber keinesfalls dorsoposterior. Also kein Sternengucker!
    »Alles klar – dann hau ein bisschen Wehenhemmung rein, informier den Gasmann zwecks suffizienter Schmerzbekämpfung, und dann wird wechselgelagert. Denn wenn Mama Vier noch drei Stunden so weiterbrüllen muss, hat sie keine Kraft mehr, wenn es doch noch ernst wird!«
    »Okay! Sag – hast du irgendetwas?«
    »Nee. Nur Senkwehen!«
    »Ach so – okay!«

    Eine Dreiviertelstunde später liegt die kleine Frau Vier dann entspannt, weil PDA-versorgt, im Bettchen, und nach der vierten Lagerung von rechts nach links hat sich der kleine Baby-Dickschädel tatsächlich so vorbildlich im Becken eingestellt, dass wir die Bremse rausnehmen und Vollgas geben. Top oder Flop! Wäre doch gelacht, wenn wir dieses Kind nicht auch schaukeln würden.
    Um Neunzehnhundertdreißig schicke ich Teenie Eins samt Teenie-Kindsvater wehenfrei zurück nach Hause, werfe einen abschließenden, zufriedenen Blick auf das jetzt sehr schönen CTG von Baby Vier, laufe einen seeeeeeehr großen Bogen um Kreißsaal I, hinaus in die weiten Flure der Klinik, auf der immerwährenden Suche nach Essen …

    Eine Familienpizza Speziale später, den Bauch voller Pepsi und einem Snickers zum Nachtisch, liege ich satt und zufrieden im durchgelegenen Dienstzimmerbett, als mir auch schon die müden Assistenzarztaugen zufallen. Und es ist gerade mal Nulldreihundert am nächsten Morgen, als der Show-down beginnt!

Sandmann – mach der Frau mal Kreislauf, bitte!
    Es ist also Nulldreihundert-Irgendwas in der Früh, und O-Helga hat mich gerade zurück nach Kreißsaal III gepfiffen, wo kurz zuvor Frau 6-Uhr im Kreißbett niederkam. Somit stehe ich jetzt also – gerade mal 40 Sekunden nach Flurentbindung und mit zwei Geburten in einer
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