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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves
Autoren: P. G. Wodehouse
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fröhlich stimmt.«
    »Spöttisch«, erklärte ich. »Ich werd’s nämlich nicht tun. Das ist mein letztes Wort. Basta. Ich mach’s nicht.«
    »Du wirst es tun, lieber Bertie, oder du trittst nie mehr über meine Schwelle. Und du weißt ja, was das bedeutet. Lebenslänglicher Entzug von Anatoles kulinarischen Genüssen.«
    Ein Schauder packte mich. Sie spielte da nämlich auf ihren Chef de cuisine an, einen Meister seines Fachs. Dieser hochbegabte – nein: begnadete Kochkünstler Anatole, der rohe Zutaten in superbe Gaumenfreuden zu verwandeln verstand, hatte mich immer mit wohlig knurrendem Magen nach Brinkley Court eilen lassen. Zu den glücklichsten Augenblicken meines Lebens hatten stets jene gehört, in denen es mir vergönnt war, das Gesottene und Gebratene aus der Küche dieses Mannes zu verzehren, und bei dem Gedanken, in Zukunft vielleicht nicht mehr zulangen zu dürfen, wurde mir ganz anders.
    »Na hör mal! Das kannst du doch nicht tun!«
    »Ich dachte mir doch, daß du da die Ohren spitzen würdest, du verfressener Nichtsnutz.«
    »Das hat mit verfressenem Nichtsnutz gar nichts zu tun«, versetzte ich leicht pikiert. »Man ist noch längst kein verfressener Nichtsnutz, wenn man die Zubereitungen eines Genies zu würdigen versteht.«
    »Zugegeben, mir schmecken sie ja auch«, gestand die Anverwandte, »aber du kriegst keinen einzigen Happen mehr davon, wenn du dich weigerst, diese kinderleichte schöne Aufgabe zu übernehmen. Nicht mal schnuppern darfst du mehr daran. Schreib dir das hinter deine abstehenden Ohren.«
    Allmählich war mir zumute wie einem wilden Tier in der Falle.
    »Aber warum ausgerechnet ich? Wer bin ich denn schon? Hast du dir das mal überlegt?«
    »Schon oft.«
    »Ich meine, ich bin doch gar nicht der Typ für so was. Um Preise zu verleihen, muß man doch wer weiß was sein. Ich weiß noch, daß es bei mir in der Schule immer ein Premierminister oder so was war.«
    »Das war ja auch in Eton. Wir in Market Snodsbury sind da nicht so wählerisch. Uns imponiert jeder, wenn er nur einen Zylinder aufhat.«
    »Warum nimmst du nicht Onkel Tom?«
    »Onkel Tom!«
    »Weshalb denn nicht? Er besitzt einen Zylinder.«
    »Bertie«, sagte sie, »ich will dir erklären, warum das mit Onkel Tom nicht geht. Du weißt doch noch, wie ich in Cannes das viele Geld verloren habe? Das muß ich Tom demnächst schonend beibringen. Und wenn ich ihn dann gleich danach bitte, sich Bratenrock und Glacéhandschuhe überzustülpen und Preise in der Höheren Schule von Market Snodsbury zu verteilen, dann gibt es unweigerlich einen Scheidungsfall in der Familie. Er würde mir zum Abschied einen Zettel auf den Küchentisch legen und das Weite suchen. Nein, mein Junge, du kommst nicht drum herum. Also versuch dich mit dem Gedanken anzufreunden.«
    »Aber Tante Dahlia, sei doch vernünftig. Ich schwöre dir, du hast den Falschen erwischt. Ich bin für so was völlig untauglich. Frag mal Jeeves, wie das war, als sie mich dazu überredet haben, in einer Mädchenschule eine Rede zu halten. Ich hab mich damals unsterblich blamiert.«
    »Und vertraue fest darauf, daß du dich am einunddreißigsten dieses Monats auch wieder unsterblich blamieren wirst. Meiner Meinung nach wird das Ganze sowieso eine stinklangweilige Affäre, und da soll es doch wenigstens einmal etwas zu lachen geben. Ich freue mich schon drauf, zu sehen, wie du die Preise verteilst, Bertie. So, nun will ich dich aber nicht länger von deiner Morgengymnastik abhalten. Ich erwarte dich also in ein bis zwei Tagen.«
    Und mit diesen lieblosen Worten dampfte sie ab und ließ mich allein zurück, ein Opfer tiefster Depression. Erst die Auswirkungen von Pongos Feier und jetzt dieser schwere Schlag – da ist es wahrlich nicht übertrieben, wenn ich sage, daß ich bis ins Mark erschüttert war.
    Ich wand mich noch in Verzweiflung und Entsetzen, als die Tür aufging und Jeeves eintrat.
    »Mr. Fink-Nottle möchte Sie sprechen, Sir«, verkündete er.

5
    Ich warf ihm einen dieser Blicke zu.
    »Jeeves«, sagte ich, »das hätte ich nicht von Ihnen gedacht. Sie wissen genau, daß ich erst spät ins Bett gekommen bin. Sie wissen auch, daß ich gerade erst meinen Tee gehabt habe. Und Sie dürften sich im klaren darüber sein, welche Auswirkungen Tante Dahlias markige Stimme auf einen Mann mit Kater hat. Trotzdem bringen Sie mir Fink-Nottle angeschleppt. Das ist wirklich nicht die passende Zeit für einen Fink, geschweige denn für einen Nottle!«
    »Aber Sie haben mich
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