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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves
Autoren: P. G. Wodehouse
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ich.
    »Das mußt du doch selber wissen«, war ihre Antwort. »Du trinkst doch schließlich diesen Tee.«
    Wenn ich nicht hätte befürchten müssen, dadurch das belebende Gebräu zu verschütten, hätte ich am liebsten eine unwirsche Handbewegung gemacht. Mir war jetzt danach.
    »Ich meine nicht den Inhalt dieser Tasse. Ich meine das alles. Daß du hier hereingestürzt kommst und sagst, ich solle aufstehen und mich anziehen und so weiter.«
    »Ich bin hier hereingestürzt gekommen, wie du es auszudrücken beliebst, weil meine Telegramme offenbar nichts bewirkt haben. Und ich habe gesagt, du sollst aufstehen und dich anziehen, weil ich möchte, daß du aufstehst und dich anziehst. Ich bin gekommen, um dich zu mir nach Hause zu verfrachten. So eine Frechheit, mir zu telegrafieren, du kommst erst nächstes Jahr oder wann das sein sollte. Du kommst auf der Stelle. Es gibt Arbeit für dich.«
    »Aber ich will keine Arbeit.«
    »Was du willst, mein Junge, und was du bekommst, sind zwei ganz verschiedene Dinge. In Brinkley Court wartet Männerarbeit auf dich. In zwanzig Minuten bist du marschbereit, klar?«
    »In zwanzig Minuten bin ich weder zu einem Marsch noch zu sonstwas bereit. Mir ist hundeelend.«
    Sie dachte nach.
    »Na ja«, sagte sie dann. »Wahrscheinlich ist es ein Gebot der Menschlichkeit, dir ein oder zwei Tage Zeit zu lassen, damit du wieder zu dir kommst. Also gut, ich erwarte dich spätestens am dreißigsten.«
    »Aber was hat das bloß alles zu bedeuten? Was für eine Arbeit ist das? Wieso überhaupt Arbeit? Was soll das?«
    »Das will ich dir gerne erklären, wenn du bloß mal fünf Minuten zuhören wolltest. Es ist eine ganz leichte, angenehme Arbeit. Sie wird dir Spaß machen. Hast du schon mal etwas von der Höheren Schule von Market Snodsbury gehört?«
    »Noch nie.«
    »Es ist eine Höhere Schule in Market Snodsbury.«
    Worauf ich eiskalt konterte, daß ich mir das fast schon gedacht hätte.
    »Wie konnte ich ahnen, daß jemand mit deinem Verstand so schnell kapieren würde?« protestierte sie. »Also, wie du ganz richtig vermutet hast, ist die Höhere Schule von Market Snodsbury eine Höhere Schule in Market Snodsbury. Und ich bin dort im Aufsichtsgremium.«
    »Du meinst, du bist dort Aufseherin.«
    »Ich meine nicht, daß ich dort Aufseherin bin. Hör zu, du Dussel. Bei euch in Eton gab’s doch auch ein Aufsichtsgremium, oder? Na also. In der Höheren Schule von Market Snodsbury gibt’s auch eins, und ich bin dort Mitglied. Mir ist jetzt die Aufgabe zugefallen, in diesem Sommer die Verleihung von Preisen an die besonders guten Schüler zu organisieren. Besagte Preisverteilung erfolgt am letzten – oder auch einunddreißigsten – Tag dieses Monats. Hast du das soweit alles mitbekommen?«
    Ich nahm noch einen Mundvoll Darjeeling und nickte. Selbst nach einer Geburtstagsfeier bei Pongo Twistleton war ich imstande, derart einfache Sachverhalte zu begreifen.
    »Ja, ich kann dir folgen. Mir ist klar, was du sagen willst. Höhere … Schule … Market Snodsbury … Aufsichtsgremium … Preisverteilung … Verstehe. Aber was habe ich damit zu tun?«
    »Du wirst die Preise verteilen.«
    Ich sah sie mit großen Augen an. Ihre Worte ergaben keinen Sinn. Für mich waren sie das bedeutungslose Brabbeln einer Tante, die zu lange ohne Kopfbedeckung in der Sonne gesessen hat.
    »Ich?«
    »Ja, du.«
    Ich sah sie mit noch größeren Augen an.
    »Meinst du etwa mich?«
    »Ich meine dich höchstpersönlich.«
    Ich sah sie mit größtmöglichen Augen an.
    »Du nimmst mich wohl auf den Arm.«
    »Ich nehme dich nicht auf den Arm. Dafür bist du mir viel zu schwer. Eigentlich sollte unser Vikar die Handlung vollziehen, aber als ich heimkam, fand ich einen Brief von ihm vor, daß er sich den Fuß verknackst hat und leider nicht in Erscheinung treten kann. Du kannst dir vorstellen, wie mir zumute war. Ich habe in der ganzen Weltgeschichte herumtelefoniert, aber niemand wollte das übernehmen. Und da bist du mir plötzlich eingefallen.«
    Ich beschloß, die Sache gleich im Keim zu ersticken. Es gibt keinen, der einer Tante lieber einen Gefallen täte, als Bertram Wooster, aber alles hat seine Grenzen.
    »Du denkst also, ich werde in eurer Klippschule Preise ans Volk verteilen?«
    »Allerdings.«
    »Und eine Rede halten?«
    »Ganz recht.«
    Ich lachte spöttisch.
    »Jetzt fang nicht auch noch an zu gurgeln. Die Sache ist ernst.« – »Ich habe gelacht.«
    »Ach so. Nun, ich freue mich, daß die Angelegenheit dich
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