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Dann eben nicht, Jeeves

Dann eben nicht, Jeeves

Titel: Dann eben nicht, Jeeves
Autoren: P. G. Wodehouse
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Speisezimmer.«
    »Im Speisezimmer?«
    »Er bedient bei Tisch. Es gibt Spiegeleier mit Speck und Champagner. – Was haben Sie gesagt?«
    Ich hatte nichts gesagt, sondern nur laut geschnaubt. Der Gedanke, daß diese Leute hier sorglose Gelage feierten, während sie damit rechnen mußten, daß ich von Ziegen querfeldein geschleift oder von Elefanten zerfleischt wurde, traf mich ins Herz wie ein vergifteter Pfeil. Sonst liest man das nur in Romanen, die in der Zeit vor der Französischen Revolution spielen – wie der menschenverachtende Adel in seinen Schlössern schlemmt und praßt, während die armen Teufel draußen vor der Tür bitteren Mangel leiden.
    Die Stimme der Bassett riß mich aus meinen düsteren Gedanken:
    »Bertie.«
    »Ja?«
    Schweigen.
    »Ja?« wiederholte ich.
    Keine Antwort. Es erinnerte einen an diese Telefongespräche, bei denen man »Ja? Ja?« in den Hörer ruft, ohne zu merken, daß der am andern Ende schon längst weggegangen ist, um Tee zu trinken.
    Nach einer Weile meldete sie sich aber wieder. »Bertie, ich muß Ihnen was sagen.«
    »Was denn?«
    »Ich muß Ihnen was sagen.«
    »Ja, ich weiß. Ich wollte nur wissen: ›Was denn?‹«
    »Ach so, ich dachte, Sie hätten mich nicht verstanden.«
    »Doch, ich habe Sie verstanden, aber ich weiß nicht, was Sie sagen wollten.«
    »Ach so.«
    »Ja.«
    Damit war das also geklärt. Aber anstatt jetzt weiterzumachen, legte sie noch mal eine Pause ein. Sie stand da und fummelte mit ihren Fingern und schob mit dem Fuß Kieselsteine hin und her. Als sie dann schließlich etwas sagte, war es gleich etwas Großkalibriges:
    »Bertie, lesen Sie manchmal Tennyson?«
    »Nur, wenn es sein muß.«
    »Sie erinnern mich so sehr an einen Ritter der Tafelrunde aus den ›Königsidyllen‹.«
    Ich hatte natürlich schon von ihnen gehört – Lanzelot, Galahad und wie sie alle heißen, aber ich kapierte nicht ganz, was ich damit zu tun hatte. Vermutlich lag da eine Verwechslung vor.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie haben so ein gutes Herz, so eine edle Seele. Sie sind so tapfer, so großmütig, so ritterlich. Das hat mir gleich so an Ihnen gefallen – Sie sind einer der wenigen ritterlichen Männer, die ich kenne.«
    Na, was soll man da schon sagen, wenn man so viel Honig um den Bart geschmiert bekommt? Ich murmelte: »Ach ja?« oder etwas in diesem Sinne und rieb mir verlegen mein Hinterteil. Und wieder entstand ein Schweigen, das nur einmal von einem Aufschrei unterbrochen wurde, als ich etwas zu fest rieb.
    »Bertie.«
    »Ja?«
    Ich hörte, wie sie schluckte.
    »Bertie, können Sie jetzt ein ganz tapferer Ritter sein?«
    »Sicher. Gern. Wie soll ich das verstehen?«
    »Ich werde jetzt etwas sehr Schweres von Ihnen verlangen. Es wird Sie Ihre ganze Kraft kosten. Ich werde …«
    Das klang ziemlich beängstigend.
    »Na ja«, sagte ich unsicher, »ich tu Ihnen natürlich gern einen Gefallen, aber wissen Sie, ich habe eine teuflische Fahrt hinter mir, und mir tut alles weh, besonders am … wie gesagt, mir tut alles weh. Wenn ich Ihnen etwas aus Ihrem Zimmer holen soll …«
    »Nein, nein, Sie haben mich nicht verstanden.«
    »Nicht ganz, nein.«
    »Ach, es ist ja so schwer … Wie soll ich es nur sagen? … Ahnen Sie’s denn nicht?«
    »Nein, kein Stück.«
    »Bertie – lassen Sie mich gehen!«
    »Aber ich halte Sie doch gar nicht.«
    »Geben Sie mich frei!«
    »Fr …«
    Und dann fiel bei mir der Penny. Wahrscheinlich war meine Müdigkeit daran schuld, daß ich nicht gleich kapiert hatte.
    »Wie bitte?«
    Ich taumelte und schrammte mir dabei am linken Pedal mein Schienbein auf. Aber meine Seele frohlockte dermaßen, daß ich nicht mal »au« sagte.
    »Sie freigeben?«
    »Ja.«
    Ich wollte es ganz genau wissen.
    »Sie meinen, wir sollen alles abblasen? Sie wollen sich jetzt doch mit Gussie liieren?«
    »Nur wenn Sie so edelmütig sind, dem zuzustimmen.«
    »Oh, das bin ich.«
    »Ich habe Ihnen doch mein Wort gegeben.«
    »Worte sind Schall und Rauch.«
    »Sie wollen also …«
    »Aber ja doch.«
    »Oh, Bertie!«
    Sie schwankte wie ein Halm im Winde. Es sind doch die Halme, die im Winde schwanken, oder?
    »Ein Ritter ohne Furcht und Tadel!« hörte ich sie murmeln, und da es danach nicht mehr viel zu sagen gab, entschuldigte ich mich mit dem Hinweis auf die mich bedeckende Staubkruste und mein Bedürfnis nach leichterer Bekleidung.
    »Und Sie gehen am besten zu Gussie«, schlug ich vor, »und sagen ihm, daß alles geritzt ist.«
    Mit einer Art Schluckauf fiel sie mir
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