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Damon Knights Collection 2

Damon Knights Collection 2

Titel: Damon Knights Collection 2
Autoren: Damon Knight
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Begegnung zufällig und begrüßte ihn wie einen alten Bekannten, ja fast ein wenig ungeduldig – so als ob er sich verspätet hätte. Bubo virginianus bekamen sie in jener Nacht nicht mehr zu Gesicht, und Nyctimene ging mit ihm nach Hause.
    Die nächsten, die kamen, waren Mrs. Shreve und ihr Gatte. Shreve war sein Verleger. Mrs. Shreve nahm die Nachricht von Nyctimenes Verschwinden höflich auf, so wie sie vielleicht auf die Nachricht vom Bankrott eines bei ihr zum Abendessen einladenen Freundes hin erklärt haben würde, solange der Freund noch einen anständigen Abendanzug und eine anständige Haltung besäße, bleibe es bei der Einladung. Mrs. Shreve hatte Fahnenabzüge seines letzten Buches mitgebracht, und sie sprachen über Geschäftliches und tranken. Nach und nach trafen die übrigen Gäste ein, und irgendwie begrüßte er sie alle und teilte ihnen seine Neuigkeit mit. Alle, außer Hochwürden Compson, der vor dem Essen ging, tranken zu viele Cocktails.
    Das kalte Büfett war eine fade Angelegenheit. Die Gäste aßen lustlos, aus reiner Höflichkeit. Der Gastgeber aß, weil er der Gastgeber war. Er stocherte in einem Cäsarensalat und knabberte auf den verbrannten, mit Knoblauch gewürzten Croutons herum … und erinnerte sich …
    Nyctimene, wie sie hemmungslos an ihrem Essen riß, lachend. Er hatte den Verdacht, daß sie ihre Steaks nur, um seine Gefühle nicht zu verletzen, ein paar Minuten unter dem Grill aufwärmen ließ. Oder vielleicht war es angewärmt mehr wie lebendes Fleisch.
    Was hatte sie vor einigen Nächten zu ihm gesagt? Es war auf Lateinisch gewesen: Modicum et non videbitis me; et Herum modicum, et vos videbitis me. Noch eine Weile, und du wirst mich nicht sehen, und wieder eine Weile, und du wirst mich sehen. Sie sprach das Lateinische mit derselben Leichtigkeit und Anmut wie das Englische. Hatte sie schon früher, schon vor Jahrhunderten, Besuche gemacht? Bei Ovid vielleicht, den sie so gern zitierte und bei dem sie ihren Namen entlehnt hatte? Er fühlte sich benommen, berauscht, weniger vom Alkohol als von Erinnerung und Schmerz.
    Er stellte seinen Teller mit Salat ab, entschuldigte sich bei seinen Gästen und stieg die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf. Die Rolläden waren herabgelassen und die Vorhänge zugezogen und zusammengesteckt. Wie ihre Ovidsche Namensschwester, jene in eine Eule verwandelte Frau, haßte sie das Tageslicht. Die dumpfe Luft war noch immer von dem Moschusgeruch ihres Körpers erfüllt. Er stellte sich vor, wie sie im Dunkeln die Hand nach ihm ausstreckte, um ihn zu überraschen. Er setzte sich, türmte das Federbett um sich auf und ließ seiner Erinnerung freien Lauf. Er erinnerte sich …
    Zuerst ihrer Hände: ihr weicher weißer Flaum, den seine Lippen kaum spürten, der nervöse Griff ihrer Finger um seinen Arm, die schmalen, spitz zulaufenden Fingernägel, die seine Haut mehr als einmal geritzt hatten. Dann des unmerklich fremdartigen Mundes, der großen braunen Scheiben ihrer weißlosen Augen, des Haares, das ihr in Botticellischen Strähnen bis zu den Brüsten hinabhing.
    Er hatte nie daran gedacht, sie zu fragen, ob dies Mammalierbrüste seien. Denn in entscheidenden Punkten gehörte sie nicht zu den Säugetieren.
    Die Eier. Womit sollte er die Jungen füttern, wenn sie erst einmal ausgeschlüpft sein würden? Würmer in Milch und zum Entwöhnen Jungmäuse? Zum Glück für die Kinder betrachtete er den Menschen nicht unbedingt als Mittelpunkt der Welt. Nicht, daß er das Andersartige um seiner selbst willen vorgezogen hätte. Vieles sprach für die Erde, wie selbst Nyctimene bereitwillig zugegeben hatte:
    »Eure Wissenschaft mit ihren kleinen Geschichten ist sehr gut, und ihr habt all das so schnell geschafft – in ein, zwei Jahrhunderten, im Handumdrehen. Mit all euren Maschinen und Zahlen für die Tage, für die Menschen, für eure ständigen Einkäufe, seid ihr alle Wissenschaftler geworden. Ich kann nicht bis hundert zählen.«
    Er hatte protestiert, die Wissenschaft bestehe nicht nur aus Maschinen und Zahlen. Aber sie wollte sich nicht überzeugen lassen.
    »In einer Zeitung lese ich die höchstkomplizierte Beschreibung der Atombombe. Man bringt ein Stück davon mit einem anderen Stück zusammen« (sie küßte ihn, um dieses Prinzip zu demonstrieren), »und Materie wird zu Energie. Es war sehr genau durchdacht und, wie ihr sagt, kausal .« Sie lachte. »Wunderbar. Eines Tages werde ich Wissenschaft studieren.«
    »Gibt es da … da, wo du herkommst,
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