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Damon Knights Collection 2

Damon Knights Collection 2

Titel: Damon Knights Collection 2
Autoren: Damon Knight
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schreien, während sie die Augäpfel nach oben rollte. »Warum haben Sie mich nicht darauf vorbereitet, Sie Sadist?«
    »Pscht!« sagte die Schwester wütend.
    Behutsam sondierte der Arzt das Auge mit verschiedenen Instrumenten, aber sie spürte nichts davon, weil sie sich ganz und gar auf den eben erst vergangenen Schmerz konzentrierte und zutiefst empört darüber war, daß man sie wie ein Stück Fleisch auf dem Hackklotz behandelte. »Was bin ich für Sie, ein Stück Fleisch?« fragte sie.
    »Seien Sie still!« Eine andere, freundlichere Schwester beugte sich vor und erschien im Blickfeld ihres linken Auges, das sich langsam mit Tränen füllte aus Mitleid mit dem rechten, von dem sie, ohne daß man es ihr gesagt hatte, wußte, daß es hoffnungslos verloren war. »Werde ich es nachts in ein Glas Wasser legen müssen?« fragte sie.
    Der Arzt ließ so etwas wie ein Lachen hören. »Sie haben das Auge nicht verloren«, sagte er.
    »Was habe ich dann verloren?« fragte sie. Sie spürte nichts als den leichten Druck seines Handgelenks auf ihrem Backenknochen – sie mußten die Nerven mit dieser Spritze gut betäubt haben. Es ist ein Wunder, daß ich keinen Schock bekommen habe, dachte sie und überließ sich wieder ihrem Kummer, um was auch immer sie verloren hatte. Die Ärzte sagten einem manchmal nicht, was es war.
    »Sie werden auf diesem Auge vielleicht nichts mehr sehen können«, sagte er grob. Bei einer Patientin wie dieser war er nicht gewillt, irgendwelche Rücksichten zu nehmen. Bleib höflich, ermahnte sie sich selbst, sonst blüht dir womöglich noch etwas ganz anderes als ein Stich in den Augapfel, auf den du nicht gefaßt bist. Daß sie geschrien hatte, war schlimmer als daß man ihr weh getan hatte. Oder nicht?
    Der Druck war von ihrem Gesicht gewichen. Beide Augenlider wurden behutsam mit Wattebäuschchen bedeckt und verpflastert. Das Pflaster spannte auf ihrer Haut. Sie hörte ein leises Summen, gedämpft wie an Sommernachmittagen.
    »Sie müssen still liegen«, sagte der Arzt. »Die Schwester gibt Ihnen eine Tablette, wenn Sie den Schmerz nicht ertragen können, aber versuchen Sie auszuhalten.« Er hatte kaum ausgesprochen und war auf seinen Kreppsohlen hinausgegangen, als ein Bohrer sich, dem Weg der Spritze folgend, in ihr rechtes Auge hineinfraß. Sie biß die Zähne zusammen und fragte sich, ob es möglich sei, das auszuhalten. Es waren noch keine zwanzig Sekunden seit ihrem Entschluß vergangen, höflich und eine Musterpatientin zu sein, als sie losbrüllte: »Ich will die Tablette haben!«
    Die Schwester steckte ihr eine Tablette in den Mund und ließ sie durch ein gebogenes Glasröhrchen trinken. »Bewegen Sie sich nicht«, mahnte die Schwester. »Sie müssen unbedingt still liegen.« Ihr Bett begann lautlos dahinzurollen, und dazu ertönte jenes Summen und noch ein anderes Geräusch, das sich anhörte, als ob viele Menschen sich unruhig bewegten, mit den Füßen scharrten und sich räusperten. Sie verlor das Bewußtsein.
    Ein stumpfes Weiß drang durch alles hindurch und tauchte ihr Gesicht in kraftlose Wärme. Sie roch Hühnersuppe. Ihre Nüstern weiteten sich, und sie sperrte den Mund auf. »Suppe«, sagte sie.
    »Ach, Sie sind wach.« Die Schwester flößte ihr einen Löffel Suppe ein. »Sie sehen aus wie ein hungriger Vogel«, sagte sie und trichterte ihr noch ein paar Löffel ein. Sie sperrte den Mund weiter auf.
    »Noch nicht satt?« fragte die Schwester.
    »Ich komme um vor Hunger. Ich habe heute morgen nicht gefrühstückt.«
    »Ein Glück. Sie sollten mal sehen, was bei Unfällen mit vollem Magen passiert.«
    »Mehr!« bettelte sie.
    »Jetzt nicht, schlafen Sie lieber! Und versuchen Sie, den Kopf ruhig zuhalten.«
    Von Zeit zu Zeit gaben sie ihr Hühnersuppe und ermahnten sie, sich nicht zu bewegen. Dann war es anscheinend Morgen geworden, und sie flößten ihr Kaffee ein, ermahnten sie still zu liegen und gaben ihr etwas für die rotglühende Nadel in ihrem Auge. Nach einer Weile hatte sie es satt zu schlafen und lag mit den Verbänden auf den Augen da und betrachtete die Bilder. Sie zogen von rechts nach links vorüber: Fahnen, Geranien, Kuchen, Farben ohne Namen und die Zahl zwischen acht und neun. Als jemand sie ansprach, verschwanden die Bilder. »Ich habe einen amputierten Arm«, sagte die Stimme eines kleinen Jungen. »Hast du gebrochene Augen?«
    »Bloß eins«, sagte sie beruhigend.
    »Da wäre mir ein gebrochener Arm aber lieber«, sagte er.
    »Mir auch.«
    »Ich trage
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