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Damit Kindern kein Flügel bricht - Kindliche Verhaltensauffälligkeiten verstehen und ein gutes Familienklima fördern

Titel: Damit Kindern kein Flügel bricht - Kindliche Verhaltensauffälligkeiten verstehen und ein gutes Familienklima fördern
Autoren: Kösel
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leiden: Der Geschlechtspartner kommt nicht mehr vor im Kopf des anderen.
    André Heller sang einst davon, dass »die wahren Abenteuer im Kopf sind«. Wie wahr! Es trifft insbesondere für die Sexualität zu. Sexualität findet im Kopf statt. Penis und Vagina sind nur Vehikel, um wunderbare sexuelle Fantasien in Gang zu setzen. Es sind, wenn man so will, hochsensible Körperteile, die auf Vorstellungen im Kopf reagieren. Und je nach Qualität und Intensität der Vorstellungen kommt es zu einer Erektion beim Mann und zu feuchten Schamlippen bei der Frau - oder eben nicht.
    In den Rollenspielen, etwa wenn die Kinder im Puppenhaus das tatsächliche Familienleben oder ein erträumtes entwerfen, kommt es kaum zu Zärtlichkeiten zwischen den Eltern. Aber nicht selten wünschen die Kinder dann, wenn sie sehen, dass ich in der verordneten Rolle des Vaters oder der Mutter dem Ehepartner einen Kuss gebe, dass ich die Rolle über mehrere Stunden beibehalte. Ein kleines Mädchen
antwortete auf meine Frage, warum ich immer die Eltern spielen solle: »Du kannst das besser, die sind bei dir netter zueinander... die küssen sich sogar.« Auch hier ist den Eltern des Mädchens gar nicht aufgefallen, dass sie sich vor den Augen ihrer Kinder tatsächlich nie küssen. Zuerst hieß es dann fast abwehrend, dass das ja auch nicht sein müsse, dass man vor den Kindern »rumknutsche«. »Ja. Aber knutschen Sie denn rum, wenn die Kinder nicht da sind?« - »Eigentlich... auch nicht, na ja, ist selten, oder was meinst du?« Beide tauschen einen verunsicherten Blick untereinander aus.
    Auch in der Paartherapie sind die Wünsche an den Partner nach mehr Zärtlichkeit »und halt was Belebendem« groß. Doch den ersten Schritt zu tun, fällt beiden Partnern schwer. Das Sprechen darüber nicht, das Warten darauf noch weniger - aber das Handeln. Viele Frauen, die meistens auch Mütter sind, beklagen sich darüber, dass es beim dann doch gewagten Austausch von Zärtlichkeiten »gleich Sex« werde. Nicht sexuelle Zärtlichkeiten sind keineswegs überflüssig, die quasi »übersprungen« werden können, sondern sind, auch neurobiologisch gesehen, der Boden, auf welchem sich erfüllende Sexualität verwirklichen kann. Zärtlichkeiten stimulieren erst im Hirn die notwendigen chemischen Abläufe, damit Sexualhormone ausgeschüttet werden können. Mit dem Ausschütten der Sexualhormone gehen die sexuellen Fantasien einher. Und die sind notwendig für eine befriedigende Sexualität.
    Es gibt kaum Paare, die nicht sexuelle Wünsche haben. Doch sie werden nur noch selten erfüllt zwischen den Ehepartnern. Eine Mutter schaut exzessiv alle Liebesfilme im Fernsehen an und wird dabei von der Familie mild verspottet. Eine andere masturbiert heimlich ziemlich oft und meint dazu, das würde ihr genügen. Ihr Mann reagiert auf diese Information zuerst mit Kränkung, dann mit einem sichtlich größeren Interesse an seiner Frau. Er sagt, er habe ihr das gar
nicht zugetraut. »Und ich hab gedacht, du brauchst das gar nicht mehr, du schienst mir immer so zufrieden zu sein mit dem, wie es ist.«
    Andere Frauen fantasieren sich in fiktive Liebesszenen mit einem ihnen bekannten Männergesicht hinein. Oder wagen einen Seitensprung. Männer wagen ebenso ihre Seitensprünge, wobei sie, im Gegensatz zu ihren Frauen, diese seltener in eine unmittelbare Konkurrenz zur Ehefrau bringen. Der Seitensprung verursacht ihnen auch weniger schlechtes Gewissen. Dabei hilft ihnen die männliche Ratio. »Es geht da um was anderes, ich will ja gar nicht meine Familie gefährden, ich liebe meine Frau.« Frauen können das nicht so gut voneinander trennen. Der Seitensprung bedrückt sie, offenbart ihnen einen Mangel in der Ehe, den sie viel weniger als der Ehemann wegdrücken können. Vielleicht erklärt das auch die Tatsache, dass Frauen viel häufiger die Scheidung einreichen. Sie wollen auf die lange entbehrte Zärtlichkeit und Erotik, die sie beim Fremdgehen gefunden haben, nicht mehr verzichten, sondern sie in ihr Alltagsleben integrieren. Männer onanieren auch viel häufiger, als es ihre ihnen angetraute und vertraute Ehefrau vermuten würde.
    Sichtbar wird aus den zurückliegenden Zeilen vor allem eines: Auch in der Familie gibt es noch einen Mann und eine Frau - und nicht allein Mutter und Vater. Auch in der Familie geht es also nicht nur um das Entdecken der eigenen Identität (für Kinder) und das Gestalten der Identität (für die Erwachsenen), sondern auch darum, die
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